Körper in Flammen, Pax Massilia, Suburra

el cuerpo en llamas

Heute drei Filmempfehlungen (alle auf Netflix).

Körper in Flammen / El cuerpo en llamas

„Reinschauen kann man schon, gerade wenn man Spaß daran hat, wie sich Menschen gegenseitig oft grundlos das Leben zur Hölle macht“, schreibt Oliver Armknecht. Nein, das sehe ich anders. Man muss schon ein bisschen unter der Oberfläche graben. Vermutlich ist die reale Vorlage weniger doppelbödig als der Film.

Polizeimilieu. Eine Femme fatale und drei Männer. Das ist auch die Konstellation in Amanda Herzlos – eines meiner Lieblingsbücher über Frauen und Männer -, nur das dort niemand umgebracht wird.

In spanischen Filmen sind die Geschlechterrollen traditioneller als in deutschen oder englischen. Also die Frage: Ein ausnehmende attraktive Frau hat Mann und Kind und alles, was sie sonst braucht. Darf die jetzt herumvögeln, oder tut man das nicht? Und wenn nein, warum nicht? Hollywood beantwortet die Frage normalerweise im Stil des Bible Belt: Frauen, die in heilige Familien einbrechen und die Kerle verführen, sind böse. Die Sache ist verhängnisvoll und endet oft im Krieg.

el cuerpo en llamas

Zugegeben: Die Corberó kann so gucken, dass es einem als Hetero-Mann durch Mark und Bein und durch die Hose geht. Sie spielt das großartig und minimalistisch: Die Kerle liegen ihr zu Füßen und machen sich zum Affen, obwohl sie gar nicht viel getan hat. Was ist ihr Motiv? Weil sie es kann? Langeweile? (Chor der Psychologen im Hintergrund: Unreife und mangelnde „Beziehungsfähigkeit“!)

Alles Quatsch. Gegenfrage: Warum soll man so leben wie alle oder wie alle es meinen vorschreiben zu müssen? Warum muss man treu sein? Weil die Evolution es für die ersten sieben Jahre vorgesehen hat, weil die Kinder dann noch klein sind? Letztlich ertragen es die Männer nicht, dass die Frau sich nimmt, was sie kriegen kann oder mit den Herren herumspielt, bis die den Abgang machen – und dann doch wieder zurückkommen.

Szene: Ihr dritter Mann ist ein etwas einfach gestrickter Verkehrspolizist, der Frau und Kind wegen der Ursulolita verlässt (obwohl die in Wahrheit mit dem zweiten Kerl auch noch vögelt). Ein Kollege warnt ihn, sie sei doch für ihre Affären und ihre Untreue bekannt. Antwort: Sie habe noch nicht den richtigen Mann gefunden, das sei er. (Homerisches Gelächter im feministischen Publikum.)

„Rosa Peral“, die im realen Leben offenbar recht tough ist, gibt dem Drama (nein, für einen „Erotikthriller“ ist zu wenig nackte Haut zu sehen) eine leicht anarchistische Note: Sie bringt alles Wohlgeordnete, Anständige, Seriöse durcheinander wie ein Kätzchen, dass den Weihnachtsbaum umkippt oder Dinge vom Regal wirft. Darf man das? Im katholischen Spanien?

Leider weiß man von Anfang an, wie das enden wird. Aber wie genau, ist spannend. Leider sind die Männergeschichten – anders als bei „Amanda Herzlos“ ein bisschen durcheinandergewürfelt, so dass man manchmal überlegen muss, wo man bei der Story gerade ist. Die „Ursulolita“ ist aber so appetitlich anzuschauen, das man das gern verzeiht.

Pax Massilia

Pax Massilia / Blood Coast

Pax Massilia spielt außerdem mit den Traditionen des französischen Actionkinos, wo Kommissare zur Wiederherstellung von Recht und Ordnung genau diese brechen mussten und dabei wenig zimperlich vorgingen. Lyès geht gegen die Schwerverbrecher mit maximaler Härte vor.

Auch hier sehe ich das anders – oder ich sehe anderes. Der Held Lyès Benamar (Tewfik Jallab) ist arabischstämmiger Franzose und kennt seine Gegner zum Teil noch aus der Kindheit. Er weiß also, wie die Klientel tickt und dass man mit den Methoden des deutschen Kriminalfilms nicht sehr weit kommt. Es geht auch nicht um die Attitude Schimanskis, dass man als Polizei die bad guys verhaut. Nein, man muss Kompromisse schließen, weil klar ist, dass niemand den Endsieg davontragen wird. Das glauben nur die Verbrecher, die sich gegenseitig umlegen. Die Polizei ist dazu da, das Schlimmste zu verhüten, nicht um für „Gerechtigkeit“ zu sorgen,

Pax Massilia

Die Film ist ultrahart, aber nicht aufgesetzt und so gespielt wie in US-Filmen, wo sie mit den Muskeln herumzucken. Unvorstellbar, dass so etwas in Deutschland gedreht würde, noch nicht einmal auf der Neuköllner Sonnenallee, wo die aufgepumpten arabischen Herren nur hart tun, aber meistens dumm wie Brot sind.

Die Schauspieler in Pax Massilia sehen wirklich gefährlich aus, sowohl die Guten als auch die Bösen. Ich kenne überhaupt keinen deutschen Schauspieler, der glaubhaft bedrohlich gucken kann, außer Claude-Oliver Rudolph – vielleicht, weil der mal für die Russen gearbeitet hat.

Pax Massilia

Nun zu den Frauen. Alice Vidal (Jeanne Goursaud) ist ein leckeres Mädel, das gehört sich so. Man weiß, weil sie und der Held sich zuerst angiften, dass es knistert und es irgendwann zu einem Techtelmechtel kommen wird. Ihr nackter Körper ist aber nur ein paar Sekunden lang zu sehen.

Die Goursaud ist als neu ins Team gekommende Polizistin hübsch, aber hat ein eher unauffälliges Gesicht und kann daher vermutlich eine größere Bandbreite von Rollen spielen. Bei der Corberó denkt jeder Mann mit Geschmack sofort nur an das Eine und ob es möglich wäre.

Pax Massilia schreit nach einer zweiten Staffel. Aber der Held und die blonde Heldin werden nie ein glückliches Paar werden; das passte nicht in dieses Genre.

Suburra

Suburra – Blod on Rome / Suburræterna

Gangster- und Bandenfilm. Drogen. Mafia. Ostia, Italien eben. „Der Titel der Serie bezieht sich wie schon der der Vorgängerserie sowie der des Films Suburra auf das Stadtviertel Roms, das in der Antike als Wohngegend der Armen und als Rotlichtviertel bekannt beziehungsweise berüchtigt war.“

Das fände ich an sich nicht besonders spannend. Bei Suburra gibt es aber zwei Dinge, die die Serie interessant machen: Der Politiker Amedeo Cinaglia (Filipp Nigro), der sich von einem integren linken Lokalmatador zu einem Mafiosi entwickelt und dem sämtliche Moral abhanden kommt – zugunsten des politischen Erfolgs. Ich hätte aber überlegt, wenn ich eine so bildschöne Ehefrau hätte, was wichtiger ist.

Und das Zigeunermilieu, aus dem der zweite Held Giacomo Ferrara (Justus Jellinek) stammt. Seine Frau ist die hinreißende Zigeunerprinzessin – so nennt sie sich selbst – Angelica Sale (Carlotta Antonelli). (Wie kann man solche Filme synchronisieren? Das ist, als tränke man sauteuren Single Malt mit Cola.) Hervorragend spielt auch die Zigeunerhäuptlingin Adelaide Anacleti (Paola Sotgiu).

Schon aus dem Grund könnte das kein deutscher Film sein. Zigeuner als Gangster und Drogenhändler? Was sagen die Integrationsbeauftragten dazu?

Suburra ist ein bisschen zu lang, aber Vorsicht! Wie bei „Ragnar Lothbrok“ müssen auch einige der Helden dran glauben. Fast niemand wird verschont. Irgendwann wie bei Serien mit vielen Staffeln wiederholt sich aber alles, und man ahnt dann schon, wie es weitergeht. Der Politiker windet sich aus allen Fallen und übersteht alle Attentate. Und kein Bündnis hält.

Sehr schön sind auch die bigotten Kirchenfürsten. „Koks gegen Immobilien, Gebete für die Macht: In „Suburra“ machen Roms Mafia, Kirche und Politik gemeinsame Sache. Eine süffige, blutige und wahrlich drogenvernebelte Serien-Party“, schreibt der Spiegel.

Moral gibt es bei niemandem. Als Moral von der Geschicht‘ könne die Erkenntnis sein, das Macht korrumpiert. Aber dazu sind die Charaktere zu flach und eindimensional. Alle sind ab Werk machtgierig und schlecht.

Mich nervt auch der pseudourbane Kleidungsstil. Eine Drogenhändlerin, die ausschließlich in bauchfreiem Top herumläuft? Ist es in Italien immer warm? Und so feministisch ist die Realität auch im Land der Mammamias nicht, zumal die Damen Drogenhändlerinnen keinen Kampfsport können. Nur eine Frau, die wie ein Karl aka kesser Vater aussieht, legt reihenweise Leute um. Das Milieu ist mir zu divers-politisch-korrekt aufgehübscht.

Aber man langweilt sich nie…

Carlotta Antonelli

image_pdfimage_print

Kommentare

3 Kommentare zu “Körper in Flammen, Pax Massilia, Suburra”

  1. Jorg am Dezember 21st, 2023 8:19 pm

    Zum Thema Pax Massilia:
    fällt für mich wohl eher aus. Die deutsche Synchronisation ist furchtbar und ich verstehe kein Französisch.
    Ist allerdings von Olivier Marchal, der eigentlich immer eine Empfehlung ist.
    Von ihm empfehle ich dazu auch noch die großartige Serie Braquo. Gerade die hervorragende erste Staffel. Die zweite ist eher Mittelmaß. Die dritte und vierte sollen gut sein aber sind nur auf französisch erhältlich.

  2. admin am Dezember 21st, 2023 8:45 pm

    OmU!

  3. Jorg am Dezember 21st, 2023 9:18 pm

    Definitiv die richtige Wahl.
    Hoffe Braquo wird dir gefallen. Ich weiß sie ist schon etwas älter. Aber nach wie vor sehr gut.

Schreibe einen Kommentar