Reise nach Jerusalem 2, reloaded

Jerusalem
Blick von der südlichen Stadtmauer Jerusalems in der Nähe des Ziontores ins Kidrontal (Wadi en-Nar).

Die zweite Garnitur der Fotos meiner Reise nach Israel, reloaded. (Vgl. Reise nach Jerusalem 2 vom 11.10.2023). Einige Fotos sind in sehr hoher Auflösung, so dass man die Details noch erkennen kann.

Verehrer höherer Wesen müssen jetzt ganz stark sein. Jerusalem ist weniger eine Stadt der Geschichten, sondern mehr eine der frommer Geschichten. Falls man von der Thora oder der Bibel auf historische Fakten schließen will, muss man vorsichtig sein: Fast alles ist gelogen, erfunden und herbeifantasiert. Daher ist ein Rundgang durch die Altstadt mehr ein Themenpark der Legenden. Das will aber niemand hören, und es würde auch den Tourismus ruinieren.

via dolorosa

Die Via Dolorosa ist mitnichten der Weg, den Jesus zum Kreuz gegangen ist. Erstens darf man mit Fug und Recht behaupten, dass es den biblischen Jesus gar nicht so gegeben hat; also ist er zweitens auch keinen Weg in der Altstadt Jerusalems entlanggelatscht, der ohnehin mehrfach verlegt wurde, von einer Auferstehung von den Toten ganz zu schweigen. Aber diskutiere das mal jemand mit Religioten!

Es kommt noch viel schlimmer. Die Neudatierung dieser Städte [Meggido, Jesreel, Geser, Samaria und Hazor] von der salomonischen Zeit in die Zeit der Omriden hat für die Archäologie wie für die Geschichte gewaltige Auswirkungen. Damit werden die einzigen archäologischen Beweise zunichte gemacht, die es je für eine vereinte Monarchie mit einem Zentrum in Jerusalem gegeben hat. Sie erlaubt den Schluss, dass David und Salomo aus politischer Sicht kaum mehr als Stammesoberhäupter mit einer kleinen, lokal beschränkten Verwaltung im Bergland waren. Weiter zeigt sich, und das ist wichtiger, dass dass trotz des Nachdrucks, den die Bibel auf Israels Einmaligkeit legt, im frühen 9. Jahrhundert v. Chr. im Bergland ein Königreich von einem durch und durch konventionellen nahöstlichen Typus entstand. (Israel Finkelstein: „Keine Posaunen vor Jericho: Die archäologische Wahrheit über die Bibel“, 2004, S. 209)

Noch mal zum Mitschreiben: Ein „Reich“ des biblischen Königs David oder einen Tempel, den König Salomo hat bauen lassen, hat es nicht gegeben. Alles Fake News und Propaganda according to science.

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Foto links unten: Die Bazar Moschee in der Straße der Fleischer (Suq el lahamin Straße) im arabischen Viertel.

Foto rechts unten: Beit El Kabbalist yeshiva im jüdischen Viertel. Als ich vor der Tür der Kabbalisten stand, hatte ich ein Déjà-vu. Die Tür kannte ich doch? Erst jetzt weiß ich warum: Ich habe diese Tür persönlich 2012 in der virtuellen Stadt Landa in Secondlife eingebaut. Die Textur musste man hochladen und dann in ein gescriptetes dreidimensionales Polygon („Primitive„) „stecken“. Jetzt weiß ich, woher sie stammt. Sie zeigt alle Stadttore Jerusalems.
Auf der Tafel steht: Established in 1755, the yeshiva was unique for its student body, which was drawn from various Diasporas. The famous Yemenite kabbalist, Rabbi Sar-Shalom Sharabi („Shemesh“), was a student her. He also served as the head of the yeshiva. Abandoned during the War of Independence (1948), in 1975 it was renovated and re-established by Rabbi Getz who headed the yeshiva.

Hurva-Synagoge

Die Hurva-Synagoge im jüdischen Viertel.

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Im Hintergrund in der 1. „Etage“ erkennt man die Chabad’s Tzemach Tzedek Shul, die ich am 11.10.23 schon erwähnt hatte. Sie steht über den Überresten einer Marktstraße aus römischer bzw. byzantinischer Zeit (rechts).

Ich bin ziellos in der Altstadt herumgelaufen, um die Eindrücke auf mich wirken zu lassen, und war weitgehend ungestört von anderen Touristen, was vermutlich nie wieder vorkommen wird. Ich wollte mir auch ein Bild von den Entfernungen machen und lief die südliche Stadtmauer entlang.

Zion gateZion gate

Das Zion Gate gehört zum jüdischen Viertel. Ich vermute, dass es deshalb eine Mesusa hat, die ich bei den anderen Toren nicht gesehen habe.

Einer der Soldaten dort hat auf meine Bitte am Ziontor zwei Fotos gemacht (1. Version), auf denen ich blöd aus der Wäsche gucke und der Wind auch meine Frisur ruiniert. Aber es hat einen hohen Symbolwert. Das war auch das einzige Mal, an dem sich Soldaten haben mit mir fotografieren lassen.

Zion gate

So weit ich das beurteilen kann, was das „Mädel“ die Chefin der Gruppe und trat auch so auf. Sie gefiel mir außerordentlich und hat das vermutlich auch gemerkt.

Zion gate

Es muss ein Alptraum sein, als Archäologe in Jerusalem etwas ausbuddeln zu wollen. Jeder Stein ist irgendeiner Religion heilig, und man kann 20 Meter tief graben und findet immer noch mehr. Leider war auch hier geschlossen, aber man konnte gut von oben alles einsehen.

Auf der Erklärtafel steht: Buildings preserved to a considerable height along the fortification of the First Temple period (tenth-sixth centuries BCE), on the eastern edge of the Ophel: gate house (1), royal structure (2), the small tower (3) and straight wall (4). The excavator, Eilat Mazar, suggusts the buildings were part of the city wall that King Solomon built in Jeruslam. „…until he had made an end of buidling his own house, and the house of the Lord, and the wall of Jerusalem round about“ (1. Kings, 3:1).

Auch hier: „vermuten“, „vorschlagen„, „königliche Struktur“, „Zeit des ersten Tempels“ – und der einzige „Beweis“ ein Bibelzitat. Also immer noch nicht der geringste Beweis für einen Tempel aus der Zeit. Die Ausgrabungen wurden finanziert von der Elad Foundation, „die als rechtsgerichtet gilt“ und „eine jüdische Präsenz in der historischen Davidsstadt aufbauen“ will. Das erklärt natürlich auch die Interpretation Mazars. Quod erat demonstrandum.

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Kommentare

7 Kommentare zu “Reise nach Jerusalem 2, reloaded”

  1. Jens am November 14th, 2023 5:54 pm

    … hmm — irgendwie beschlich mich beim Lesen die Frage wann sich die Menschheit von dem verbrämten, religiösen Kram lösen wird.
    Wenn ich mir den Mesusakram inkl. Pergament, Galltinte und Sofer und Schma zu Gemüte führe, denke ich nur „auweia“
    … Okay, Toilette und Abstellraum und Schiffe sowieso brauchen es nicht … wuhaha.

    Gruß
    Jens

  2. Die Anmerkung am November 15th, 2023 9:45 am

    Israel’s longest-running political satire program, „Eretz Nehederet,“ has tackled issues regarding the war with what the director calls an „old Jewish secret: laughing in the face of death.“

    https://www.jpost.com/israel-news/article-773279
    https://magazin-herrkules.de/2023/11/15/israelische-satire/

  3. bentux am November 15th, 2023 1:56 pm

    > religiösen Kram lösen wird.
    Der ist gut. Viel zu gutes Business, was da an Geld und Macht herumgeht. Eine Coole Sache um Leute zu erreichen, Meinungsverstärker und Kanalisieren.
    Plus es kommen immer neue Kirchen hinzu.
    https://en.wikipedia.org/wiki/List_of_new_religious_movements
    Dann haben Wir noch Konsumismus, Sozialismus, Stock Exchange, Shopping, Left, Right, Mode, Woke, Chancel Culture, Disney, Cloud, Snakeoil, Irgendsoein *ismus…
    Es scheint das dies mit dem Glauben sich noch ein paar Tage länger hält.

    <8*) Der Aluhut meint, irgendwann muss Jederinnenoderaussen mal dran Glauben.

  4. nh am November 15th, 2023 4:38 pm

    Wer einer Religion hinterherläuft ist meist geistig arm. Deswegen verkauft sich die „Bild“ immer noch.
    Morgends im Laden : Eine BILD, eine Flasche Wodka.
    Lifestyle der exaltierten Art, das Leben zu meistern.

  5. Albert Rech am November 15th, 2023 7:14 pm

    Natürlich kann man die Bibel und Thora nicht als Geschichtsbuch lesen.
    Schon dem Propheten Mohammed, Gott segne ihn und schenke ihm Heil, wurde offenbart das die Juden und Christen ihre heiligen Schriften verfälscht haben.

  6. nh am November 16th, 2023 4:44 pm

    @Albert Rech
    Wer hat ihm das verklickert ? Zeus höchstpersönlich oder eher ein nordischer Gott ?
    Man kann sich als Versicherungsvertreter auch so Einiges aus den Fingern lutschen.
    Glaube an Letzteres.
    Wie konnte er Jungfrauen zählen, obwohl er ja noch nicht da oben war ?
    Unterschreiben Sie hier, wir regeln das dann schon.

  7. Götz am November 17th, 2023 8:59 pm

    „Gott segne ihn und schenke ihm Heil“ – mit dem Albert Rech hat’s hier so eine Art Tischfeuerwerk im Sinne von „gehört halt dazu“.

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