Old Jaffa und anderes, revisited

Tel AvivTel Aviv
Tel Aviv, Ausblick von der Dachterrasse des Gia Hostel nach Nordosten und Nordwesten

Die zweite Garnitur der Fotos meiner Reise nach Israel, reloaded. (Vgl. „Old Jaffa und anderes“ vom 09.10.2023). Einige Fotos sind in sehr hoher Auflösung, so dass man die Details noch erkennen kann.

Man muss sich vorstellen, die aktuellen Nachrichten nicht hierzulande, sondern in Israel zu lesen:
Israel versuche, „einen Staat aufzubauen, den es erst seit 75 Jahren gibt und dessen Legitimität durch den eigenen Faschismus fraglich geworden ist“, sagte er am Freitag auf einer Gedenkveranstaltung zum Todestag des Republikgründers Mustafa Kemal Atatürk in Ankara. Israel habe sich „mit Gewalt das Land angeeignet, in dem das palästinensische Volk seit Tausenden von Jahren lebte“, sagte Erdogan weiter.

Wenn dieser dämliche Hetzer nach Deutschland käme, wäre ich versucht, trotz meiner langjährigen Demonstrations-Abstinenz wieder auf die Straße zu geben. Erdogan weiß natürlich, dass er lügt. Das ist reine Innenpolitik, um seinen muslimischen Religioten Honig um den Islamistenbart zu schmieren.

Ein palästinensisches Volk seit Tausenden von Jahren? Im Ottomanischen Reich womöglich? Und die Römer haben die „Palästinenser“ unterdrückt? Das ist so doof, dazu muss man den Intelligenzquotienten eines Aschenbechers haben. Aber unsere hijabisierten Deutschtürken, die Erdogan mehrheitlich wählen, werden den Quatsch dankbar übernehmen. Das nennt man dann Integration und „Diversity“. Vielen Dank auch.

Tel AvivTel Aviv

Irgendwo las ich den Satz, Tel Aviv sei wie Frankfurt am Main, nur mit Meer. Das stimmt natürlich überhaupt nicht, allein schon wegen der Temperaturen. Ich hatte bis auf diesen Tag immer hervorragendes Wetter, Sonnenschein prall, aber nicht über 32 Grad, also erträglich. (In Venezuela 1998 war es oft mittags über 40 Grad – das ist dann richtig heiß.)

Nachdem ich endlich eine funktionierende Sim-Karte im Handy und auch ein bisschen Geld aus einem Automaten gezogen hatte, war ich immer noch unsicher, was zu tun sei – es war fast alles geschlossen. Aber das macht nichts: Auch ein verrammeltes Museum kann eine Geschichte erzählen. Der Strand per Lokalbus war also gesetzt. (Die Linie 706 fährt in der Nähe des Gia Hostel direkt dorthin.)

Tel Aviv
Yitzhak Sadeh Street

Man kommt am Levinski Markt im Stadtteil Florentin vorbei. Der Markt ist vermutlich sogar interessanter als der touristisch überlaufene Carmel Markt. Ist auf meiner To-Do-Liste für das nächste Mal.

Tel Aviv

Das Etzel-Museum am Alma Beach war geschlossen. Warum steht da ein Museum direkt am Strand?
The Etzel was an underground organization which fought for the realization of the idea of establishing a Jewish state in the Land of Israel. It was established in 1931, following the secession of senior commanders from the „Haganah„, following differences concerning the appropriate reaction to Arab terror. The museum focuses on the Etzel’s acts for the establishment of a Jewish state in the Land of Israel, starting with the UN’s resolution on the division of the land, on the 29th of November 1947 (16 of Kislev) until the integration of the organization into the IDF following the establishment of the latter. The museum is also a memorial for the 41 Etzel warriors who fell at the Battle of Jaffa.

Man kann das auch anders erzählen. Nach dem arabischen Aufstand 1936–1939 verübte die Irgun Zwai Leumi aka Etzel terroristische Anschläge gegen die arabische Bevölkerung. Später richteten sich die Anschläge vermehrt gegen die britische Mandatsmacht. Zu den bekanntesten Operationen gehören der Bombenanschlag auf das King David Hotel 1946 mit über 90 Opfern und die Teilnahme am Massaker von Deir Yasin 1948 mit über 100 Opfern. Nach Ausrufung der Unabhängigkeit Israels im Jahr 1948 löste dessen Regierung die Organisation auf, wobei Widerstand teilweise mit Waffengewalt gebrochen werden musste, und integrierte deren Mitglieder in die Israelischen Streitkräfte.

Etzel MuseumEtzel MuseumEtzel Museum
Oben: Brandt 120 Millimeter Mörser, hergestellt in Frankreich, modifiziert im israelischen Unabhängigkeitskrieg, vgl. auch Davidka.

Der arabischen Aufstand in den 30-er Jahren des letzten Jahrhunderts ist sehr interessant, weil das Ereignis scheinbar und auf den ersten Blick meiner These widerspricht, es gebe kein „palästinensisches“ Volk. Die arabischen Organisationen (nicht palästinensischen!) kämpften gegen die Briten, aber hatte gleichzeitig auch das Ziel, die Juden wieder aus Palästina zu vertreiben. Anders scheint arabischer Nationalismus nicht zu funktionieren. (Über den berüchtigten Anführer und Hitler-Freund Amin el-Husseini habe ich schon etwas geschrieben.) Der Aufstand wollte keine arabische Nation, sondern war teilweise eher ein Klassenkampf der Bauern gegen die arabischen Clan-Chefs Feudalherren (die übrigens kein Problem damit hatten – laut Tom Segev -, ihr Land an die zionistische Bewegung zu verkaufen).

Tel AvivTel Aviv

Wie bekannt, marschierte ich ungeplant den Strand entlang nach der Altstadt Jaffas. Die ist winzig und erscheint mir sogar kleiner als die von Akkon. Das heutige Jaffa/Yaffo liegt auf der anderen Seite des Hügels, also südlich des alten Hafens.

old jaffa

Hier bekam ich schon einen Vorgeschmack auf Jerusalem: Überall Religion. So ist es in etwa auch in Georgetown, Guyana, wo man an jeder Straßenkreuzung eine neue protestantische Sekte kennenlernt, dazu Hindus, Muslims und ein paar Juden, die vor den Arabern in Palästina nach Südamerika geflohen waren und die man dort für „Syrer“ hielt. Aber in Israel sitzen die alle schon ein Jahrtausend da und noch länger, und vertragen sich immer noch nicht.

old jaffaold jaffaold jaffa

Die Altstadt von Jaffa hat man in einer halben Stunde erkundet: Künstler, Touristen-Nepp und Restaurants. Im Unterschied zu Jerusalem, wo man sich in de Altstadt garantiert ohne Karte verläuft, muss man in Jaffa noch Treppen erklettern. Aber man weiß immer, wo man ist.

old jaffaold jaffa

Die Wunschbrücke ist auch so ein Tinnef (Jiddisch!). Ich kann mich gar nicht erinnern, was ich mir wünschte; vermutlich war es etwas Feucht-Sexistisches.

old jaffaold jaffa

Wenn man backstage hinter die Fassaden guckt, sieht man, dass ohne Restaurierung die Sache schon längst in sich zusammengefallen wäre. „Dangerous building“ fand ich aber witzig.

Tel Aviv
Auf dem Foto ist das küssende Paar zu sehen, das ich im Telepolis-Artikel erwähnte.

Ich bin dann vom Yossi Carmel Square über die Daniel Razi’el und Eilat Street (vgl. Foto unten) wieder zurück und nahm mir irgendwann wieder einen Bus zum Hostel. Offensichtlich ist Google am Schabbat durchgefahren; auf den Fotos ist auch alles geschlossen und menschenleer.

Tel AvivTel Aviv

Ich finde solche Touren durch „normale“ Straßen oft interessanter als durch schicke Neubaugebiete. Man sieht interessante Details – etwas die Stühle im Fenster der 1. Etage im vorletzten Foto. Das rote Haus steht an der Ecke Ruhama Street. Wie wird das wohl in einem Jahrzehnt aussehen? Nur Neubauten und Wolkenkratzer?

image_pdfimage_print

Kommentare

8 Kommentare zu “Old Jaffa und anderes, revisited”

  1. Jens am November 11th, 2023 9:14 am

    „hijabisierten Deutschtürken“ …
    Die Nummer mit der doppelten Staatsbürgerschaft ist dermaßen in die Hose gegangen — am besten rückgängig machen, um den islamistischen Pöbel wieder loszuwerden.

  2. ... der Trittbrettschreiber am November 11th, 2023 1:06 pm

    Politik sollte wieder einfacher werden.
    Du doof, ich war eher hier, bitte eine Verpissung zur Durchführung gelangen lassen oder deine Birne wird Mus. Pistorius ist schon der neue Schlag, der die Hirne der Postneuzeit gut versteht.
    Was soll der ganze diversifizierte Mummenschanz, auch beim Kriegsgerät aka Raketen, Antiraketen, Antiantiraketen. Bildung führt einfach nicht weiter.
    Schaut euch die Militärexperten unserer Tage in den Talkshows an. Wie shön müssen die Stammesfehden-Geschichten in den Höhlen am Lagerfeuer gewesen sein.
    Das Wichtigste ist, dass man noch Zeit für einen erfrischenden Plopp findet – bis zum unerwarteten Einschlag einer Überschall-XZ3PQ mit Nachbrenner… hx.

  3. Jorg am November 11th, 2023 3:53 pm

    „Das nennt man das Integration und „Diversity“.“
    Entschuldige, aber das wirkt nicht ganz passend.
    Sollte es nicht heißen:
    „Das nennt man dann Integration und „Diversity“.“

  4. nh am November 11th, 2023 4:15 pm

    Zwiefache Anerkennung des Werkelns seitens des Herrendieses Blogs:
    1. Sehr interessant berichtet und die Bilder sind eine feine Draufgabe. Danke. Gibts nicht bei Bertelsmann, da tanzen immer Honks mit zu grossen Helmchen rum, um endzeitmässig zu wirken, einfach nur albern.

    2. Vorab ein Globallink: Burks ist in Israel. Und berichtet. Launig. Trocken. Garantiert nicht langweilig. Kann ich nicht alle verlinken, die Posts, lesen Sie einfach. So geht Journalismus, so geht Bloggen. Tausendmal besser als das substanzlose, hörensagende Meinungsgewäsch der letzten ebbekrebsigen Politblogger von ihren durchgelegenen Sofas aus.
    Zitat eines Maschinisten.

  5. nh am November 11th, 2023 6:25 pm

    @… der Trittbrettschreiber
    Bildung ??????????????

  6. Mitesser am November 12th, 2023 9:01 am

    Wird die Hamas zur Bundestagswahl zugelassen? Die würde ganz locker FDP und Linke hinter sich lassen.

  7. blu_frisbee am November 12th, 2023 1:57 pm

    Realität ist der Teil vom Weltbild auf den man sich geeinigt hat. Leider unvollständig.
    Bereits in der Affenhorde gehört Lüge zur Politik.
    Alle Politiker lügen.
    Wenn Kinder damit anfangen ist es ein Zeichen von Reife.

    Woher dieser infantile Anspruch stammt Politiker hätten die Wahrheit (welche?) zu sagen ansonsten träfe sie der Blitz beim Scheißen ist unklar.
    Gesellschaft ist keine Gemeinschaft.

    Bei Erdogan fällts nur besonders auf durch Dreistigkeit, seine Fans glaubens.
    In Europa waren Verschwörungsnarrative anerkanntes Erkenntnismodell, vor 1789 war Paris voll davon.
    Sind Europäer schlauer als Türken?
    Wer merkt sich unsere Chormedien falls die Realität zurückschlägt?

  8. ... der Trittbrettschreiber am November 12th, 2023 2:27 pm

    @nh

    Nun, der Doktortitel sagt bereits alles über seine Herkunft.
    Es ist der Tor, der sich die Wirklichkeit aus den Dokumenten herauszulesen versucht und sich dann schriftlich, oft plagiativ dazu äußert, der Dok-Tor also.
    Es ist, als höre man während des Spazierengehens am Nordseestrand über sein Headset Brandungsgeräusche.
    Siehst du das Meer, Schatz? Ja, Liebling, gut dass wir diese Cyberbrille nicht vergessen haben….hx.

Schreibe einen Kommentar