Haifa, Deutsche Kolonie und mehr

Haifa
Haifa Aerial Cable Car

Gestern kam ich in Haifa an – mit dem Zug ist das ein Katzensprung. Ein niedliches Zimmer für mich allein, was gut tut nach all den Vier-Bett-Zimmern. Ich komme aber mit dem Bloggen nicht hinterher: Ich hatte Haifa gewählt, weil es mitten zwischen den Touristen-Magneten Akkon und Caesarea liegt (letzeres fällt aus). Das Haifa Hostel liegt extrem zentral, aber auch so, dass man den Straßenlärm gefühlt aller Straßen Haifas hört, dazu noch die Bahnlinien in Sichtweite hat – nicht zu vergessen, dass der Hafen nur hundert Meter weit entfernt ist. (Dennoch: Uneingeschränkte Empfehlung, was das Preis-Leistungs-Verhältnis angeht!) Mittlerweile bin ich von der Stadt sehr eingenommen. Ich finde sie sogar interessanter als Akkon (dazu in den nächsten Tagen mehr).

Nach dem Einchecken bin ich sofort los und mit dem Lokalbus zur Station der Seilbahn (davon gibt es mehrere, und für die Carmelit hatte ich leider keine Zeit). Die Dame am Schalter wollte mir erklären, dass sie schon geschlossen sei (um 16 Uhr), aber ich habe wohl so ein ungläubiges Gesicht gemacht, dass sie mich dann doch fahren ließ – „one way“. Ich hatte alle drei Kabinen für mich allein (Video auf Instagram).

Haifa
Panoramafoto

Die Bergstation ist beim Karmelitenkloster Stella Maris. Die Aussicht ist atemberaubend. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich so ein Panorama zum letzten Mal gehabt habe. (In Guadalajara und bei der Barranca del Cobre gibt es kein Meer. New York hat keine Berge.)

Leider hatte ich kein Fernglas, aber ich gehe davon aus, dass man Akkon erkennen kann, das rund 15 Kilometer im Norden liegt, vermutlich auch Naharija, wenn nicht sogar die Küste des Libanon.

security

An dem Karmelitenkloster, von dem ich gar nichts wusste, habe ich erst mit dem Kollegen herumgealbert. (Hier ist nichts ohne Security, kein Supermarkt, keine Bahnstation, kein Busbahnhof, und meistens mehrere.)

stella Marisstella Maris

Dann tauchte ein Mönch auf, der Italiener war – wir sprachen dann eine wilde Mischung aus Italienisch, Spanisch, Englisch und Hebräisch und übersetzten gemeinsam einen lateinischen Satz auf einer Stele.

Während der osmanischen Herrschaft wurde den Karmelitern die Rückkehr in das Heilige Land verboten. Letztendlich wurde eine Vereinbarung zwischen einem Vertreter des Vatikans und Emir Turbai (lokaler Herrscher der Carmel Region) getroffen, bei welcher den Karmelitern die Höhle des Propheten Elijah und der heilige Gipfel des Berges zugesprochen wurde. Diese Vereinbarung führte zu einem starken Protest der in der Höhle lebenden Derwische und orthodoxen und griechischen Mönche, welche zu diesem Zeitpunkt verantwortlich für den heiligen Gipfel waren.

Es war also schon immer so wie heute im so genannten „Heiligen Land“. Hier sollen auch gleich zwei Grotten sein, in denen der biblische Prophet Elias gebetet haben soll. Man weiß, was dann kommt: Die Äthiopier kriegen wieder nichts ab.

Besonders rätselhaft war mir aber die Säule mit einer Maria außerhalb des Klosters, in Spanisch, „Gewidmet den Chilenen, denen sie erschienen ist“. Die ist wohl von der chilenischen Regierung gestiftet worden. Der Mönch erklärte mir die religiösen Theorien dazu, aber das muss jetzt nicht sein…

Ich machte mich dann zu Fuß auf den Weg nach unten und sammelte Eindrücke.

HaifaHaifaHaifaHaifaHaifaHaifaHaifaHaifa

Haifa ist voller Russisch sprechender Juden. In den guten Restaurants sind die Speisekarten manchmal viersprachig – Hebräisch, Arabisch, Englisch und Russisch. Und die Ausgänge der Supermärkte werden von aufgedonnerten „Russinnen“ blockiert, die unendlich langsam ihre Utensilien einpacken und dabei quatschen und auch noch telefonieren.

Haifa

Die weltberühmten Bahai-Gärten sind bis auf weiteres geschlossen. Die Bahai verehren wie alle Religioten die Gräber ihrer Gründer, hier den Schrein des Bab. (Haben wir eine Religion vergessen?)

Haifa

Ich bin hier mitten in der Deutschen Kolonie:
Ein weiterer Impuls war 1869 die Gründung eines Dorfes, der Deutschen Kolonie, durch christliche Siedler der Tempelgesellschaft aus dem Königreich Württemberg – damals etwas außerhalb der Stadt, unterhalb des heutigen Schrein des Bab. Sie gaben Modernisierungsimpulse durch modernes Handwerk, Landwirtschaft, Industrie, Gesundheits- und Transportwesen und veranlassten den Bau der ersten Mole. Haifa wurde zu einem wichtigen Knotenpunkt für christliche Pilgerreisende.

Wie die Deutschen so sind – sie geben Modernisierungsimpulse. Nur heute nicht mehr. Jeder Lokalbus ist hier moderner als deutsche Busse, was das Management der „Fahrscheine“ angeht oder die Anzeige, wo der Bus gerade ist.

Haifa

Post Scriptum. Geschieht in Deutschland irgendetwas, was erwähnenswert wäre? Hier wird es bald losgehen, der öffentliche Druck steigt. Auch die Soldatinnen sind bereit. Ach ja, der Iran gibt sich wieder großmäulig. Das muss man nicht ernst nehmen. Solche Parolen sind Innenpolitik. By the way: Gab es dort nicht neulich eine Revolution? Nein?