Überakkumuliert und unerforscht

overaccumulation
Überproduktionskrise (Symbolbild), made by Midjourney/Burks

In den Qualitätsmedien hinter einer Firewall Paywall las ich ein Interview mit dem „Finanzexperten“ Stephen Jen mit dem schönen russen- und BRICS-freundlichen Titel „Yuan als neue Leitwährung? Die De-Dollarisierung hat bereits begonnen“.

Jen ist schlicht Banker Finanzkapitalist bei und Mitgründer der Eurizon SLJ Capital Limited. Die Firma ist in Großbritannien bzw. Wales registriert und verwaltet das Vermögen der Turiner Großbank Intesa Sanpaolo („Anbieter von Finanzprodukten„). Warum ich das so ausführlich schreibe: Das Finanzkapital stellt niemanden ein, der keine Ausbildung hat oder etwas mit „internationalem Recht“ gemacht hat, sondern Leute mit Qualifikation. Jen „konzentriert sich dort weiter auf die Erforschung der Währungswelt und das, was daraus für Investoren folgt.“ Übersetzt: Er berät Kapitalisten, wo und wie sie investieren sollten.

Der „Finanz-Redakteur“ fragt ziemlich dümmlich: Es gab die Pleite der Silicon Valley Bank, doch inzwischen ist es wieder ruhig geworden. [Wo ist „alles ruhig“? Was will uns der Sprechblasenfacharbeiter damit sagen?]
Jen: Das ist in der Tat eines der großen Rätsel. Wenn Sie mich vor anderthalb Jahren gefragt hätten, was die Folgen wären, wenn nach 14 Jahren Anleihenkäufen die Zinsen so rasant und so hoch stiegen, dann hätte ich ein extrem düsteres Bild voller finanzieller Zusammenbrüche gemalt, und wahrscheinlich hätten das auch alle anderen Ökonomen getan. Stattdessen sind die USA bisher nicht einmal in eine Rezession gerutscht, die Aktienmärkte boomen. Das ist vielleicht zu schön, um wahr zu sein. Es ist bisher auch viel zu wenig erforscht, warum das so ist.

Da kann man aushelfen. Es ist mitnichten so, dass „es“ aka die ökonomischen Gesetze des Kapitalismus unerforscht wären. Nur wird der Forscher mit dem politisch inkorrekten Spitznamen „der Mohr“ von Kapitalisten und deren intellektuellen Helfershelfern ungern gelesen und noch ungerner erwähnt.

Bei den zitierten „finanziellen Zusammenbrüchen“ handelt es sich um eine klassische Überakkumulationskrise, eine Überproduktionskrise, die sich in der luftigen Welt des Geldes als Massenvernichtung darstellt. Geld repräsentiert einen Wert, sonst wäre es kein Geld, ist aber selbst nichts wert, sondern nur ein Mittel, Werte zu verrechnen. (By the way: Gold ist kein Geld, sondern ein Edelmetall.)

Die jungen Leute von heute schreiben dazu etwas vereinfacht: Akkumulation ist die Rückverwandlung von Profit (Mehrwert) in Kapital oder, etwas unscharf ausgedrückt, die Reinvestition von Gewinnen. Der Begriff Überakkumulation bezeichnet eine Situation, in der die durch fortgesetzte Akkumulation aufgehäuften Kapitalmassen zu groß geworden sind, um noch ausreichende Profite abzuwerfen. Die Akkumulation der Profite führt zu einem Punkt, an dem sie selbst zum Hindernis für die Erzielung von ausreichenden Profiten wird. Krisen entstehen dieser Theorie zufolge aus einem zu viel an Kapital.

Die Krise, die mitnichten nur eine Finanzkrise ist, sondern eine der Produktion und der „Repräsentation“ der dort geschaffenen Werte, eben dem Geld, vernichtet dieses Geld und die Werte, die unprofitabel sind. Das muss so sein, weil der Kapitalismus nichts plant, sondern anarchisch und irrational vor sich hinwerkelt und die Waren nach dem Prinzip Hoffnung auf den Markt wirft. „Wenn Du Investoren und Analysten vertraust, dann wirst Du sterben“, sagte mal jemand, der sich auskennt. Nach der Krise geht alles wieder von vorn los.

Also, Herr Jen, wenn Sie da forschen wollen, beschäftigen Sie sich mit der MASCH.