Dalwhinnie oder: Luxury Highlands

dalwhinnie

Beim Drogendealer meines Vertrauens war der Highland Park von den Orkney-Islands ausgegangen. Auch Talisker, der mir einen vollwertigen Ersatz bot, war nicht zu kriegen. Ich wollte nicht die Großbourgeoisie bemühen und dann die Flaschen wieder irgendwo in der Neuköllner Pampa wieder einsammeln müssen, zumal ich jetzt zwei Wochen Frühschicht habe dergestalt, dass drei Wecker um 4.20 Uhr herumlärmen und ich nach der Arbeit ungern in der Stadt herumlaufe. Also ließ ich mich beraten und erstand einen Dalwhinnie.

Die schottische Brennerei gehört auch dem Großkapital. Aber was will man machen. „Kaufe regional“ bei Whisky bleibt erstens hierzulande immer erfolglos und ist zweitens eine verlogene Kampagne, die angeblich der lokalen Kleinbourgeoisie nutzen soll, in Wahrheit aber darüber hinwegtäuscht, dass alles den kapitalistischen Marktgesetzen unterworfen ist, was meint: Je ein Kapitalist schlägt – natürlich nur als Charaktermaskeviele tot.

Der Kauf eines Whiskys erinnert mich immer an die für mich legendäre Antwort eines FachVerkäufers in meinem bevorzugten Elekronik-Laden, der, auf meine Frage, was der Unterschied zwischen einer 5000-Euro-Glotze und einer 1000-Euro-Glotze der intelligenten Art sei, lapidar bemerkte, dieser sei für das menschliche Auge nicht wahrnehmbar. Was also ist die geschmackliche Differenz zwischen einem Whisky für 50 oder für 100 Euro? Mir schmeckt ein guter Bowmore oder Talisker um die 30 Euro nicht schlechter als ein Lagavulin für hundert Euronen. Ich bin da für eine Einzelfallprüfung.

Der Dalwhinnie aus der highest and coldest working distillery in Scotland mundet ganz vorzüglich, obwohl er mir etwas „härter“ erscheint als der Talisker. Für meine laienhaften Geschmacksorgane kann das vernachlässigt werden. Ich beabsichtige auch nicht, meinen Geschmack so zu verfeinern wie die Grünen, die sogar zwischen veganer Kacke und veganer Scheiße differenzieren können.

Ich habe in den schottischen Highlands mal ein bisschen herumgegooglemapt. Ein Kurztrip zur flüssigen Verköstigung hätte was, obwohl die Anfahrt („here are a number of ways to start your holiday in Dalwhinnie, although a car is advised for your stay“) genauso lange dauern würde wie von Berlin zu den Raudales des Orinoco.

Auch die wenigen Unterkünfte dort sind eher „luxury“ und für Leute, die einen Whisky für 200 Euro die Flasche gleich kistenweise kaufen. Ich hin gegen würde im Dalwhinnie Old School Hostel absteigen: „is a base for mountain biking at nearby Laggan Wolftrax„. Alles noch nie gehört.

Noch exotischer wird es mehr westlich, zum Beispiel bei der Isle of Eigg oder am Loch Nan Uamh Die Schotten scheinen geographisch so viele Rachenlaute zu verwenden wir beim Hebräischen. הדרך להגיע לשם ארוכה. Vermutlich werde ich im Spätherbst sagen: Wenn ich Elektrobiken will, dann mach in das in der Negev oder auf den Golan-Höhen

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Kommentare

7 Kommentare zu “Dalwhinnie oder: Luxury Highlands”

  1. ... der Trittbrettschreiber am Juli 3rd, 2023 2:09 pm

    „Mir schmeckt ein guter Bowmore oder Talisker um die 30 Euro nicht schlechter als ein Lagavulin für hundert Euronen.“

    Das geht mir mit Kaffee, Zigarren, Schmelzkäse und Biooliven genauso. Wenn ich dann ausnahmsweise mal JEVER mit Whisky oder Grünem Veltliner mixe, brauche ich immer einen justierbaren Holzhammer, durch dessen Schläge auf meinen Hinterkopf jede Anwallung von Differenzierung ad hoc unterbunden wird.

    …“kommt eh alles in einen Magen“, sagte Oppa immer, wenn es Schweineöhrchen und Schokoladenpudding gab.

  2. Götz am Juli 3rd, 2023 5:45 pm

    „Unterschied zwischen einer 5000-Euro-Glotze und einer 1000-Euro-Glotze“ – bei ersterer klappen Inbetriebnahme und Gebrauch ohne Anleitung. Letztere führt auch nach intensivem Befassen ein Eigenleben, das mitgelieferte Papier (zwanzig europäische Sprachen) kann mit Stilblüten zur Erleuchtung beitragen:
    „Ächtung. Das drück hat Nichts papyr.“
    Gluckgluck.

  3. ... der Trittbrettschreiber am Juli 4th, 2023 7:50 am

    @Götz

    „bei ersterer klappen Inbetriebnahme und Gebrauch ohne Anleitung“

    ;-)… das möchte ich sehen …. hx, hx.

    PS: Ich könnte mir vorstellen, dass es sogar umgekehrt ist. An dem teureren Ding haben viel mehr intelligente Designer innen und außen herumgestyled, viel mehr Softwareheinis ihre von Bugs überfrachteten Attitüden eingebracht und die guten alten Röhren verachtende Elektroniker ihr Unwesen getrieben, das nicht nur 20 Hiroglyphensprachen nötig sind sondern auch Glaube, Liebe und ganz viel Hopfen.

    Immer und ewig – JEVERkannt.

  4. nh am Juli 4th, 2023 5:03 pm

    Schottland ist immer eine Reise wert.
    Ausser im Sommer wegen der Mückenschwärme.

  5. nh am Juli 4th, 2023 5:13 pm

    Ja die gute alte Röhre.
    Hat die Stube gewärmt, drei Sender und um Mitternacht war Schluss.
    Wenn ich heute das 200-seitige Manual runtergeladen und ausgedruckt habe, brauche ich einen Tag um einen Sender von einem auf den anderen Programmkanal zu verschieben.
    Aber Farbe und Auflösung sind nicht zu verachten.
    Ich könnte sogar das interne BS flashen…,
    nee Danke. Gehts schief ist der Hobel Schrott, ist ja kein MB von Güte.
    Ne Flimmerkiste darf nicht mehr als 400 kosten.
    Ein Monitor schon mal das 3fache.

  6. Thomas am Juli 5th, 2023 2:43 pm

    „Mir schmeckt ein guter Bowmore oder Talisker um die 30 Euro nicht schlechter als ein Lagavulin für hundert Euronen. Ich bin da für eine Einzelfallprüfung.“

    Wie pflegte der bekannte Weinkritiker Robert Parker mal zusagen:
    „Ein guter Wein ist der, der einem schmeckt.“

    Das dürfte auch für Whisk(e)y gelten :)

  7. nh am Juli 5th, 2023 5:59 pm

    Ein absolut mildes Stöffchen mit einzigartigem Aroma ist nicht zu verachten. Allemal seinen Preis (Lagerung) wert.
    Vollprofis greifen natürlich im Supermarkt zum 12-Year-old gequälten Chivas Regal, der mit Ballantines den Pool der Johnny Walker Fangemeinde
    im siebten Katzenjammer am nächsten Tag auf die Matte holt.
    Den Schrott kann man nicht mal zum Putzen verwenden, zieht Sreifen von der Zuckerculeur.

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