Vamos a bailar, revisited

coro dancers

Tänzerinnen in Coro, Venezuela (1998) Vgl. „Vamos a bailar“ (24.04.2017) sowie „Momente der Vollkommenheit“ (08.01.2011) Ich schrieb damals:

Warum Momente der Vollkommenheit? Weil ich beim Anblick dieser tanzenden Mädchen heimlich geweint habe. Zum Glück war es dunkel, und das Publikum achtete nicht auf mich. Ich sah für einen Moment vollkommene Schönheit.

Kurz bevor ich in die Berge aufbreche, in die Sierra de San Luis: Kultur am Abend – consejo de la dansa. Der Gouverneur des Bundesstaates Falcón, die herrschende Klasse von Coro. Tanzgruppen aus der Karibik, sogar aus Guyana! Es ist ein komisches Gefühl – wahrscheinlich bin ich der Einzige, der schon einmal in Guyana war – ausser den Guyanern selbst. Ich bin schon wieder restlos glücklich. Die Menge drängt sich in einen Hof, Lachen und Lärmen. Die Band bleibt im Hintergrund, genau wie die ältere, drahtige Frau, die mit knappen und herrischen Händen die Tänzerinnen auf der Bühne dirigiert. Niemand könnte jemals mit Worten beschreiben, wie die jungen Frauen tanzen. Wenn es Engel gäbe, sähen sie so aus wie die Mädchen aus Coro. Sie schweben über dem Boden, nicht so artifiziell wie eine europäische Ballerina, rhythmisch, aber verspielt, nicht zu vergleichen mit dem verkrampften Getue der Boy- and Girlbands bei Viva und MTV. Es ist unirdisch schön. Man spürt pralle Erotik, aber überlagert von einer Unschuld, die rührend ist. Ich muss die Tränen zurückhalten. Vermutlich habe ich mit offenem Mund dagestanden. Die Mädchen lachen und flirten miteinander, während sie umherwirbeln. Ich versuche, die Atmosphäre mit dem Fotoapparat irgendwie einzufangen, werde aber sehr traurig, als ich später die Bilder sehe: zu dunkel und ohne Bewegung. Die Tänzerinnen von Coro: das ist einer der intensivsten Eindrücke, die ich in Venezuela hatte.