Unter Medienkonsumenten

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Neulich regte ein guter Freund an, ich solle mir einen Überblick über meine Ausgaben verschaffen (nein, mir droht kein finanzielles Ungemach, aber er wollte mir zeigen, wie gut er mit Excel umgehen kann). Wenn man den Kleinscheiß berücksichtigt, kommt ganz schon was zusammen, obwohl ich mit permanenten Ausgaben wie Abonnements extrem sparsam bin.

Zeitschrift Z ist Luxus. Ich brauche das nicht wirklich, aber manchmal findet man doch etwas Interessantes. Ist natürlich weitgehend tl;dr und nur für Leute mit solider westlicher marxistischer Ausbildung. Die Z hat immer noch die sozialrevisionistische DKP-Sicht; über China findet man nur selten Vernünftiges. Ich haben ihnen gedroht zu kündigen, falls die Gendersternchen überhandnähmen. Die Zeitschrift kostet 35 Euro im Jahr.

Den Guardian habe ich abonniert, weil das eine, wenn nicht die beste Zeitung der Welt ist. Das digitale Abo per App kostet rund 14 Pfund im Monat, also ca. 16 Euro. Die App ist sehr gut, da fehlt nichts, und alles ist übersichtlich, und die Perspektive ist viel kosmopolitischer und weniger engstirniger als hierzulande.

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Man muss Feindsender hören. Was nützt es mir, wenn ich nur meine eigene Sicht der Dinge bestätigt bekomme? Welt online habe ich wegen der Kolumnen von Don Alphonso, Henryk M. Broder und Deniz Yücel abonniert. Der Rest ist zum Teil haarsträubend, insbesondere die Artikel über historische Themen oder Ökonomie. Andere deutsche Medien sind nicht besser, und beim Tagesspiegel zum Beispiel werde ich noch zusätzlich mit Gendersprache gequält. Man lernt aber viel darüber, wie Eigenheimbesitzer, die Kleinbourgeoisie und die Hofschranzen des Kapitals ticken. Das digitale Abo kostet knapp 80 Euro im Jahr. Die App ist gut, aber der „Ticker“ lächerlich: Da werden Fußballergebnisse, kleinstädtischen Irrelevanzen, Lifestyle und der Ukraine-Krieg durcheinandergewürfelt. Wozu soll das gut sein?

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Die Jerusalem Post (seit 1932!) auf Englisch und digital ist immer wieder interessant, weil man diese Sicht der Dinge, auch Internationales, nirgendwo sonst lesen kann. (Den Guardian über Israel kann man getrost vergessen.) Die App ist nicht besonders, vor allem kann man den eigenen Account nicht wirklich managen. Ich habe auf die Schnelle auch nicht wiedergefunden, wieviel ich monatlich zahle. Es war aber nicht viel.

Zum Ausgleich und wegen der sachlichen Berichte über Asien lese ich manchmal die South China Morning Post. Aber wer weiß, wie lange es die noch kostenlos oder überhaupt gibt.

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Und Heise. Aber das muss ich vermutlich der Leserschaft nicht begründen.

Netflix auf zwei Geräten 13 Euro monatlich. Amazon Prime rund 90 Euro jährlich.

Wenn es mir finanziell schlecht gehen würde, könnte ich bis auf die beiden letzten „Medien“ auf alles verzichten. Wie machen das aber Leute, die nicht arbeiten können und nur knapp über die Runden kommen?

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Kommentare

8 Kommentare zu “Unter Medienkonsumenten”

  1. Die Anmerkung am März 2nd, 2023 5:53 pm

    >> Wie machen das aber Leute, die nicht arbeiten können und nur knapp über die Runden kommen?

    Die verzichten auf alle angegeben Ausgabemöglichkeiten. Auch auf den Konsum von ARD und ZDF, obwohl sie Verblödungssteuer dafür abdrücken müssen.

  2. Godwin am März 2nd, 2023 6:43 pm

    „Wie machen das aber Leute, die nicht arbeiten können und nur knapp über die Runden kommen?“

    diese – und im übrigen auch viele von denen, die arbeiten und halbwegs über die Runden kommen, lesen – keine Zeitungen (inzwischen nicht mal mehr BILD)
    – lesen im Grunde so gut wir gar nichts – außer ihre Messenger
    – interessieren sich auch wenig für die Themen und gleich gar nicht für Hintergründe oder Fakten

    die „Masse“ muss nicht mehr dumm gehalten werden – die besorgt das schon alleine von sich aus

  3. Juri Nello am März 2nd, 2023 10:45 pm

    Das erste Kapitalismusgesetz besagt: Kunden sind nur die dummen Reichen!

    Das gilt natürlich auch für die Medien, die ihre Sortimente entsprechend gestalten.

    Fussball, Trends, Wetter & Krieg sind der fröhliche Mix fast jedes Infosenders.

  4. Nemo am März 3rd, 2023 1:04 am

    UNTER MEDIENKONSUMierenden

    Soviel Zeit muß sein.

  5. blu_frisbee am März 3rd, 2023 9:22 am

    Man liest Burks.

  6. nh am März 3rd, 2023 6:01 pm

    War auf dem Weg zum Krankenhaus im Bahnhofsladen dachte ein paar Zeitungen zur Zerstreuung wären nicht schlecht.
    Einmal die Palette der MSM, hatte ich damals noch gern gelesen. Allein der Preis hat mich schockiert, aber das Erwachen kam beim Studieren der Pamphlete.
    Ich hätte den Schrott am liebsten angezündet und abfackeln lassen. Geht ja nicht in der medizinischen Abteilung. Naja so mit O2 aus der Leitung an der Wand…
    Das war das allerletzte mal mit Printmedien.
    Daneben immer die Webpräsenzen frequentiert mit dem gleichen Ergebnis.
    Und die wollen noch Geld für den ideologischen Rotz, mit dem sie einen zukübeln ?
    Werter Herr Blogmeister, da haben Sie einige Flaschen besten Stoff Ihres Vertrauenshändlers verspielt.
    Zwischen den Zeilen lesen und untergründige Agitprop erkennen erspart einem jedwede Abogebühr,
    nur dass man hierzulande erpresst wird ein linksgrünes ÖRR-Krebsgeschwür zu finanzieren.
    Print ist tot, die Webauftritte sind mit Werbung durchseucht und da sollte ich noch zahlen ?
    Wenn ich alle Blocker abstelle kann ich bei einigen Seiten den Text nicht mehr lesen. Weiss aber wo es Zalando, Dildos und andere Artikel zu kaufen gibt, die in Groschenromanen immer auf der letzten Seite angepriesen wurden(die ominöse Röntgenbrille, falls Ihnen das was sagt, ich fand die Fresse von dem Kerl so herrlich notgeil).
    Das ist das Niveau heutiger journalistischer äh Intelligenz?!?
    Vor langer Zeit mal erlebt, ein Kunde frühmorgens im Supermarkt vor mir : eine BILD und ne Flasche Wodka, mehr nicht.
    Das sagt Alles.
    Keinen Cent für diese armseligen Tastatursklaven, die eh nur noch grosse Nachrichtenportale per copy and paste zitieren und ihren Namen (Alias) drunterpappen.
    Hauptsache die politische Haltung stimmt und das richtige Parteibuch, wie vordem in unseligen Zeiten.

  7. nh am März 3rd, 2023 6:09 pm

    Die Leute, die nicht arbeiten können und nur knapp über die Runden kommen haben andere Sorgen.
    z.B. nicht wg. „Eigenbedarfs“ der Kommunen oder kirchlicher Einrichtungen auf die Strasse gesetzt zu werden. Weil da hilft auch kein Lesen mehr, auch nicht der Gesetze, weil die Judikative mit Parteigünstlingen geflutet ist und wird.
    Frag mal Deine Mutter wie es ihr ginge, wenn der Heimplatz weg wäre und ihre letzten Habseligkeiten kalt im Müllcontainer verschwinden.
    -Wir haben Platz-

  8. admin am März 3rd, 2023 6:17 pm

    Meine Mutter wohnt in ihrer eigenen Wohnung, nicht im Heim.

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