Vae Victis oder: Sechs Tage, die die Welt veränderten

narkiss, dayan, rabin
From left, General Uzi Narkiss, Verteidigungsminister Moshe Dayan und Generalstabschef Yitzhak Rabin in Alt-Jerusalem nach der Eroberung durch israelische Truppen

Fefe wies auf einen Artikel Omri Boehms auf Zeit online hin – der erkläre etwas. (Leider ist er jetzt Paywall, heute morgen noch nicht.) Ich sehe das nicht so, sondern musste mich wieder ärgern. Schon der Teaser sagt genug: „Israel erlebt seinen Weimar-Moment. Die neue Regierung ist nicht bloß eine Variante des Rechtspopulismus. Sie ist eine existenzielle Bedrohung für den jüdischen Rechtsstaat“.

Ach? Erstens: Wer davon faselt, Israel habe etwas besetzt, der muss bei mir in Geschichte und Machiavellismus nachsitzen. Man muss den deutschen Medien, die sich natürlich beim Thema Israel ihre Pappenheimer aussuchen, von den man schon vorher weiß, was sie sagen, ohne die Gegenseite angemessen zu Wort kommen zu lassen, erst einmal um die Ohren hauen, dass die Zwei-Staaten-Lösung tot, aus und vorbei ist, auch wenn die pseudolinken deutschen Partei-Stiftungen das unisono und allesamt anders sehen. Immerhin akzeptiert das Boehm. In einer Rezension seines aktuellen Buches heißt es: Erst Trumps „Deal des Jahrhunderts“ habe dazu beigetragen, „dieser Heuchelei“, also der Aufrechterhaltung der Zwei-Staaten-Lösung, „ein Ende zu setzen“.

Eine realistische Alternative angesichts des Terrors der Hamas und verwandter Gruppen kann Boehm auch nicht anbieten, außer Träumereien, das sich alle Beteiligten vertragen mögen und gemeinsam Shakshuka essen und dabei „Yalla“ rufen (das Wort gibt es im Arabischen und auch im Hebräischen).

Man darf auch nicht vergessen, dass die herrschenden Klassen aller arabischen Länder mit den so genannten „Palästinensern“, also den Nachfahren (!) der arabischen Flüchtlinge aus dem Sechstagekrieg (1967), nichts zu tun haben wollen und außerdem den Hass auf die Juden aus innenpolitischen Gründen dringend brauchen, um von ihren eigenen Desaster ihrer failed states abzulenken.


Paratroopers at the Western Wall
Israelische Fallschirmjäger an der Klagemauer in Jerusalem (David Rubinger) – das vermutlich berühmteste Foto vom Sechstagekrieg

Ich gehe jede Wette ein, dass von dem deutschen und auch lateinamerikanischen Antisemitenpack, dass sich in der BDS-Bewegung tummelt, kein einziger die historischen Tatsachen und die basics kennt, ohne die eine rationale Diskussion unmöglich ist. (Man kann auch ein vierminütiges Video ansehen.)

Israel hat den Krieg gegen Ägypten, Syrien und Jordanien damals gewonnen und u.a. die Golan-Höhen und das so genannte Westjordanland erobert. Warum sollten sie es zurückgeben? Warum sollte Israel überhaupt darüber nachdenken, an dem Ergebnis des Krieges etwas zu ändern? Das Ziel der Araber war seit 1948, Israel von der Landkarte zu tilgen. Daran hat sich nicht viel geändert, nur dass sich der Iran, der kein arabisches Land ist, zu den Feinden Israels gesellt hat.

Unmittelbare Auslöser des Krieges waren die ägyptische Sperrung der Straße von Tiran für die israelische Schifffahrt am 22. Mai, der vom ägyptischen Präsidenten Nasser erzwungene Abzug der UNEF-Truppen vom Sinai und ein ägyptischer Aufmarsch von 1.000 Panzern und fast 100.000 Soldaten an den Grenzen Israels.

Dumm gelaufen, Nasser. Israel hat damals das einzig Richtige getan: Präventiv das gegnerische Kriegsmaterial weggebombt. (Trifft auf mich jetzt StGB Paragraf 130 Absatz 5 zu?) Aus diesem Krieg stammen die Flüchtlinge und deren Nachfahren, deren Status sich merkwürdigerweise vererbt wie bei den deutschen Vertriebenen.

Natürlich gibt es auch in Israel Rassisten oder politische Gruppen, die sogar israelische Araber am liebsten vertreiben würden, und die so genannten „Palästinenser“ ohnehin. Mein Mitleid hält sich in engen Grenzen. Das kommt von das, sagte schon Wilhelm Busch. Verhaltet euch schön friedlich. Akzeptiert den Staat Israel als Heimstatt der Juden. Treibt die Terroristen der Hamas ins Mittelmeer. Setzt eure arabischen Könige und Warlords ab. Vorher würde ich als Israeli nicht ein Wort an das Thema verschwenden.

westjordanland

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Kommentare

15 Kommentare zu “Vae Victis oder: Sechs Tage, die die Welt veränderten”

  1. BEX am Dezember 9th, 2022 9:14 pm

    D’accord, trotzdem kann man sich die Frage stellen, ob man sich mit den Siedlungen im Westjordanland einen Gefallen tut. Ein Argument für die militärische Präsenz scheint ja die Luftabwehr zu sein, die Siedler wären dafür aber nicht nötig.

    Wie beurteilst du eigentlich den politischen Prozess zwischen Arafat und Rabin Anfang der 90er?
    Viele Grüße
    BEX

  2. admin am Dezember 9th, 2022 10:39 pm

    Ja, aber ein rein arabisches Ghetto dort wäre genauso schlimm.

  3. BEX am Dezember 10th, 2022 1:02 am

    Kann sein, aber die Siedlungen bedeuten einen riesen zusätzlichen Aufwand, reines Zuschussgeschäft. Und weder die Siedler noch die Araber haben ein Interesse die Ghettoisierung aufzulösen.

  4. ... der Trittbrettschreiber am Dezember 10th, 2022 6:26 am

    „(Trifft auf mich jetzt StGB Paragraf 130 Absatz 5 zu?)“

    Nein lieber Burks, niemand hat die Absicht, Dir Böswilligkeit zu unterstellen; auch hast Du nicht die Menschenwürde angegriffen, denn die ist unanatastbar und jeder Angriffsversuch würde vom parlamentarisch verordneten Ionenschutzschild sofort in Form von Wisky-Molekülen abperlen. Das Du aber das Meer als Endlager für Terroristen(was immer das auch sein mag) zum Vorschlag bringst, schmerzt meine von der meist deutschen Qualitätsjournaille zwar löcherige und abgestumpfte Bio-Seele sehr, denn ich erwäge ungeachtet aller Menschenrechtsfußballspiele einmal zum Plastikmüllsammeln an einen der Weltstrände fahren, um dort mit gleichgesinnten Antikapitalismusdödeln all den gestrandeten und sich nun anstelle von Nivea beschmierten Adipösympathisanten lümmelnden Plastikmüll aufzusammeln – damit sich Urlaub wieder elitär entspannt anfühlt und die Arbeitskraft der Homeoffice-Fettis inflationssteigernd reanimiert wird.

    https://www.careelite.de/projekte-plastikmuell/

    Eine echte JEVER-Flasche ist aus klima- und umweltresistentem Grünglas – hcks + Shalom.

    https://www.youtube.com/watch?v=_39P4qt9nYY

  5. takeshi am Dezember 10th, 2022 7:55 am

    „(Leider ist er jetzt Paywall, heute morgen noch nicht.)“

    Für genau solche Probleme habe ich gestern früh, als ich den Artikel las, eine Speicherung bei archive.today vorgenommen.
    Your welcome.

    https://archive.vn/29pSD

    Diess noch als Tipp für ähnliche Gelegenheiten:
    Jeder kann bei archive.today einerseits prüfen, ob eine bestimmte Website schon dort gespeichert wurde und anderseits diese Speicherung selbst durchführen.
    Dazu braucht man keinen Account o. ä.

    Ich nutze diese Möglichkeit oft für genau solche Gelegenheiten wie diese hier.

    Die Website ist unter verschiedenen URLs erreichbar und selbsterklärend einfach:

    https://archive.vn/

  6. Die Anmerkung am Dezember 10th, 2022 5:19 pm

    Chaim Noll rückt da was klar, was klar zu rücken ist.

    https://www.achgut.com/artikel/der_untergang_der_israelischen_linken

    Spätestens nach Ausbruch der Intifada im Jahr 2000 war den meisten Israelis klar, dass die von der Clinton-Regierung ausgegebene und von der israelischen Linken nachgebetete Parole „Land for Peace“ nicht funktionieren konnte.

    Inzwischen wissen die meisten Israelis: Die Idee vom Palästinenserstaat war eine Totgeburt. Erstens: Die Palästinenser als Volk sind ein politisches Konstrukt, eine Erfindung. Zweitens: Weder die Mehrheit der unter diesem Namen firmierenden Araber noch die Mehrheit der Israelis will diesen Staat. Drittens: „Zweistaatenlösung“ ist per se ein Schwindelwort, denn es wären, wenn hier unbedingt weitere islamische Staaten gegründet werden sollen, derer zwei, Gaza und die Westbank, heute unheilbar verfeindet, unvorstellbar als gemeinsame Entität, mit einem Wort: Es ginge um drei Staaten.

  7. Godwin am Dezember 10th, 2022 5:59 pm

    Völkerrecht vs. Machiavellismus

    Auch ein nettes Death-Match.
    Das Recht des (militärisch) Stärkeren und die Normative Kraft des faktischen schaffen also das politische Recht.
    Carl Schmitt wäre begeistert von dir.

    Israels herrschende Klasse braucht die Palästinenser als äußere Feinde ebenso, um die Probleme im inneren zumindest klein zu halten.

    Insofern wäre die Frage, wie man dahin kommt, dass „sich alle Beteiligten vertragen mögen und gemeinsam Shakshuka essen“ eine sehr sehr linke Frage.

  8. tom am Dezember 10th, 2022 6:15 pm

    Geschichte.
    Waren da erst Leute?
    Kamen dann Zionisten?
    Hatte deren große Mehrheit niemals Vorfahren aus der Nähe des Jordans?
    Und was geschah?
    Immerhin gibt es offenherzige Zeitzeugen:
    https://twitter.com/i/status/1600493875746963457

  9. R@iner am Dezember 10th, 2022 7:48 pm

    Bei der „Zeit“ hilft das Voranstellen von „https://12ft.io/proxy?ref=&q=“.

    Z.B.: https://12ft.io/proxy?ref=&q=https://www.zeit.de/2022/51/israel-regierung-rechtsextremismus-palaestina/komplettansicht

  10. Godwin am Dezember 10th, 2022 8:56 pm

    „Die Palästinenser als Volk sind ein politisches Konstrukt, eine Erfindung.“

    Das trifft doch auf JEDES Volk zu – auch das israelische.
    Deswegen gibt es doch Politik.

  11. ... der Trittbrettschreiber am Dezember 10th, 2022 11:15 pm

    @Rainer

    …könnte man das jetzt als einen Dietrich ansehen und vor allem wo bircht man denn da letztlich ein – ist die freie Meinungsäußerung hinter der Paywall eigentlich noch öffentlich?

    bin Kellertür prüfen…hcks.

    https://tinyurl.com/52pnmf9r

  12. Wolf-Dieter Busch am Dezember 11th, 2022 9:04 am

    Trifft auf mich jetzt StGB Paragraf 130 Absatz 5 zu?

    Soweit Deutschland ein Rechtsstaat ist (in Teilen ja) sollte das straffrei sein.

    Das folgende ist nicht als juristische Beratung zu missdeuten – juristisch bin ich interessierter Zaungast – sondern als legitimes Rechtsverständnis des mündigen Rechtsunterworfenen:

    Grundsätzlich gilt das Grundrecht aus GG Art. 5 auf freie Meinung und freie Äußerung. Das umfasst sogar bloßes Gutheißen von anerkannten Untaten – solange das nicht in eine strafbare Aktion mündet, etwa Volksverhetzung.

    Die Unschärfe des Begriffs Volksverhetzung ist allerdings geeignet, den Rechtsstaat auszuhebeln. Etwa der Journalistin Alina Lipp wurde das Konto beschlagnahmt. Ihre Videoberichte aus dem Donbass werden als Werbung für Angriffskrieg gehandelt.

  13. BerndH60 am Dezember 11th, 2022 12:19 pm

    “….deren Status sich merkwürdigerweise vererbt wie bei den deutschen Vertriebenen.“
    Genau deswegen waren die Satellitenstaaten der ehemaligen Sowjetunion nicht so dämlich, diese Leute im Land zu lassen, sondern man hat sie völlig zu Recht den Erben des Verursachers überstellt.
    Und das war die Dummheit Israels, ganz einfach ein einmaliges Angebot: Israelische Staatsbürgerschaft mit Fahneneid und Klimbim oder Tschö mit ö.
    Welche Idiotie Israel damals geritten hat, keine Ahnung, aber für die „Palästinenser“ gilt das Gleiche wie für den Kapitalismus, sind halt da.

  14. Albert Rech am Dezember 11th, 2022 12:33 pm

    Man kann das Israel von 1948 nicht mit dem Israel von 1967 gleichsetzen.
    1948 war Israel noch von Sozialistischen Grundsätzen geleitet und die Kibbutz-Bewegung noch jung.
    Inzwischen hat Isreal diese Synthese von Nationalismus und Sozialistischen Ideen verraten und sich zu einem neoliberalen Apartheitsstaat entwickelt, nicht viel anders als die sogennannte BRD.
    Damit hat das israelische Volk seine historische Aufgabe verraten, nicht viel anders als die Völkerabfälle in Schottland, im Baskenland und anderswo.
    Die einzige Hoffnung in dieser Region sind linke Bewegungen wie die Hamas die sozialistische Ideen wie Solidarität und Antiimperialismus mit traditionellen Werten kombinieeren.
    Anders als das Christen- oder Judentum gibt es z.B. im Islam viele sozialistische Ideale, von der Aufteilung der im Krieg erbeuteten Wertsachen bis hin zu der Einrichtung von gemeinützingen Stiftungen wie sie der neoliberale Shah auf Anordnung der Amis im Iran zerschlagen wollte.

  15. ... der Trittbrettschreiber am Dezember 11th, 2022 2:29 pm

    @AlbertRech

    „…nicht viel anders als die Völkerabfälle…“

    danke für die fast schon in Vergessenheit geratene Perspektive der selbstverleugnenden Überheblichkeit, aus deren Komfortzone so mancher Diktator m/w/d/x zeitlebens nicht herausfindet und auf diese Weise niemals die Freiheit erfahren kann, sich von der Menschheits-Geißel „Macht“ lösen zu können und endlich dem Leben freundlich gesinnt sein zu dürfen.
    So geht es auch vielen Profiköchen – die Schnippeln und Raspeln, schmeißen all das nachhaltig gesunde Biozeugs in Kochtöpfe und sind immer bestrebt, die Reste und Abfälle „vom Tische zu fegen“, was die meisten von ihnen dann auch außerhalb der Küche nationalistischen und damit alles jenseits der eigenen Grenzen diskriminierenden Weltanschauungen zutreibt.
    Wie kann man diesen unwertig Verblendeten, ja grundspießigen und sich rasant mehrenden Mehrheiten unserer Spezies nur helfen?
    Ich favorisiere ein Elixier, das zwar nicht gegen die evolutionäre Verblödung hilft aber zuweilen politische Zwangsstörungen durchaus zu lindern imstande sein kann – die Antwort auf die Frage, ob man dessen Ingredienzen JEVERöffentlichen wird, bleibt auch mir derzeit vorenthalten…

    https://www.youtube.com/watch?v=bScuJVFmrB4

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