Unter Denunziantinnen

Karl may
Jugendgefährdende Literatur, gefunden in einem Buchregal meiner Mutter (Jahrgang 1925)

Wollte man eine Liste verbotener Bücher anfertigen, wüsste man gar nicht, wo man anzufangen hätte. Logisch sind die Listen nie. Es zählt immer nur das gesunde Volksempfinden der jeweiligen Zensoren Behörde. Eigentümlich ist diesen Gestalten: Sie leugnen immer, dass es sich um Zensur handelt. Es gehe vielmehr darum, irgendwen zu schützen – falls ein Totschlagargument benötigt wird: die armen Kleinen, der gern Studenten sein dürfen.

Die britische Zeitung „The Times“ hat von 140 Universitäten auf der Insel Auskünfte zum Umgang mit Texten angefordert. Nicht alle Unis haben die gewünschte Auskunft erteilt. Es zeigte sich aber: Zehn Institutionen gaben an, bereits Bücher zu den Themen Sklaverei oder Suizid aus ihren Leselisten gestrichen zu haben. In vielen Studiengängen seien, berichtet die „Times“, zudem 1.081 Texte mit Triggerwarnungen versehen oder von Pflicht- zu optionaler Lektüre herabgesetzt worden. „Herausfordernde“ Inhalte würden vermieden, um Studierende zu schützen, bekennen Unis.

Man könnte das Thema ignorieren, weil heute jeder, der an hierzulande verbotenen oder nie wieder gezeigten Filmen oder Büchern interessiert ist, diese sofort aus den Tiefen des Internet bekommt. Aus völkerkundlicher Sicht ist aber zu bedenken, dass Zensur, wie auch immer sie sich kostümiert – als Jugendschutz oder „Cancel Culture“ – nur funktioniert, weil die übergroße Mehrheit der Bevölkerung nicht beunruhigt werden will keinen Stress haben will und die Sache aus Opportunismus und Feigheit mitmacht und mitträgt. Man möchte sich nicht mit der gefühlten Mehrheit anlegen, wenn noch nicht ausgemacht ist, wer gewinnt. Das wird immer so bleiben, weil Mut eine Charaktereigenschaft ist, die man hat oder nicht – lernen kann man das nicht.

Diese Phänomen gilt auch für das Denunziantentum. Klaus Dörr, der frühere Intendant der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz, hat vor einem Berliner Gericht den Prozess gegen die „taz“ gewonnen, berichtet der Tagesspiegel. Es reiht sich ein money quote an die andere: Er soll Frauen „angestarrt“ und unziemlich angesprochen haben. Es gibt keine Beweise. Es wirkt wie Rufmord. Inzwischen ist bekannt, dass es sich bei den Angriffen auf Dörr um eine Racheaktion aus dem Kreis des Staub zu Glitzer-Kollektivs gehandelt hat. Die Aktivistinnen hatten 2017 die Volksbühne eine Woche lang besetzt. Dörr lehnte eine Zusammenarbeit mit ihnen ab. Ihr Ziel war danach sein Sturz.

Bei solchen „Aktivistinnen“ aus dem gesellschaftlich völlig irrelevanten Glottisschlag-Milieu weiß man sofort, woran man ist – haufenweise Denglisch, und irgendwas ist immer trans, auch die Tunten. (Mache ich mich jetzt strafbar?)

And now for something completely different. Was macht eigentlich COVID-19? Und was machen die Ukrainer?

John Norman
Ganz böse und überhaupt nicht feministische Literatur, in Deutschland bis 2007 komplett auf dem Index, wird im deutschen Feuilleton trotz Millionen-Auflage nicht erwähnt.