Die Riesen von Gobero (Die Kinder des Prometheus Teil I)

hoggar
Das Ahaggar aka Hoggar-Gebirge im Süden Algeriens: Ich wollte 1981 dorthin – es war schon alles geplant, aber wegen einer Frau bin ich dann doch wieder nach Südamerika…

Wir müssen etwas in der Weltgeschichte abschweifen, um den Blick auf das Große und Ganze zu bekommen. Den hier schon erwähnten Parzinger Die Kinder des Prometheus habe ich jetzt durch und könnte stundenlang darüber bloggen, was aber den Gebräuchen krass widerspräche. Die Geschichte der Menschheit ab dem Holozän (Nacheiszeit) vor etwas mehr als 10.000 Jahren und vor den ältesten Hochkulturen – warum und zu welchen Ende muss man etwas darüber wissen?

Fragen: Was war weltweit ähnlich? Was war einzigartig? Und was war verschieden? Jäger und Sammler aka Wildbeuter sind immer die erste Stufe. Sie werden aber von Bauern nicht immer abgelöst, sondern existieren parallel, je nach ökologischer Basis. Weltweit differiert das, auch mal um ein paar Jahrtausende, aber es sieht so aus, dass die Entwicklung unaufhaltsam fortschreitet. Ist erst einmal eine so genannte Hochkultur erreicht, wie etwa in Mesopotamien oder Ägypten, geht es vielleicht ein paar Schritte zurück, aber nie völlig hin zum Anfang. Frage: Das gilt vermutlich für alle Gesellschaftsformationen bis hin zum Kapitalismus, wobei wir uns vermutlich darüber einig sind (es sei denn, hier läsen gläubige Stalinisten mit), dass es keine festgelegte Reihenfolge „nach vorn“ gibt. Ich muss einschränken, dass das im Einzelfall nicht stimmt, jedoch meistens mit katastrophalen Folgen – wenn etwa tribalistische Wildbeuter oder Bauern vor der Herausbildung einer Klassengesellschaft direkt mit weitaus höher entwickelten Gesellschaften konfrontiert werden: Die Inka waren noch in der Bronzezeit, die spanischen Konquistadoren kamen schon aus der Epoche der ursprünglichen Akkumulation des Frühkapitalismus. Ähnlich die Konfrontation der australischen Aborigines mit den britischen Kolonisten oder der Papua mit den Niederländern.

petroglypen
Felszeichnungen (Petroglyphen) Manda Guéli Cave im Ennedi-Massiv, Nordosten des Tschad

Fun fact: Wildbeuter lebten oft gesünder und vermutlich auch länger als Ackerbauern. Das bestätigen zahlreiche Befunde. Kennt jemand das frühholozäne Gräberfeld von Gobero? Die ältesten Gräber der Sahara stammen von 7700 bis 6200 v. Chr.. Die Bestatteten aus der so genannten Kiffian-Kultur waren durchweg fast zwei Meter groß!

Oder das Prähistorische Observatorium von Nabta-Playa in der nubischen Wüste – rund ein Jahrtausend älter als Stonehenge? Das Alter ist hier, was die Entwicklung angeht, relativ, war doch die Ökologie in Afrika damals anders. Perioden extremer Trockenheit wechselten sich ab mit Zeitaltern, in denen die heutigen Wüsten fruchtbares Land waren, durchzogen von Flüssen. Man muss sich vergewissern, dass zwischen dem Holozän und der Altsteinzeit, etwa der Kintampo-Kultur auf der Schwelle des Metallgebrauchs, Jahrtausende liegen – eine unvorstellbar lange Zeit!

Ziemlich großartig finde ich in Parzingers Buch, dass er die ganze Welt im Auge hat: Nach Europa und Afrika Eurasien, dann Indien, China und Japan, aber auch Ozeanien gleichviel Aufmerksamkeit widmet. Nord- und Südamerika sind natürlich auch vertreten.

(Teil II folgt)
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Bisher zum Thema Feudalismus erschienen:
– Reaktionäre Schichttorte (31.01.2015) – über die scheinbare Natur und die Klasse
– Feudal oder nicht feudal? tl;dr, (05.05.2019) – über den Begriff Feudalismus (Fotos: Quedlinburg)
– Helidos, ubar hringa, do sie to dero hiltiu ritun (08.05.2019) – über die Funktion der verdinglichten Herrschaft in oralen Gesellschaften (Quedlinburger Domschatz I)
– Tria eburnea scrinia com reiquis sanctorum (09.05.2019) – über Gewalt und Konsum der herrschenden Feudalklasse als erkenntnistheoretische Schranke (Quedlinburger Domschatz II)
– Die wâren steine tiure lâgen drûf tunkel unde lieht (10.05.2019) – über die Entwicklung des Feudalismus in Deutschland und Polen (Quedlinburger Domschatz III)
– Authentische Heinrichsfeiern (13.05.2019) – über die nationalsozialistische Märchenstunde zum Feudalismus (in Quedlinburg)
– Der Zwang zum Hauen und Stechen oder: Seigneural Privileges (15.06.2019)
– Yasuke, Daimos und Samurai [I] (24.07.2019)
– Yasuke, Daimos und Samurai [II] (03.05.2020)
– Agrarisch und revolutionär (I) (21.02.2021)
– Trierer Apokalypse und der blassrose Satan (17.03.2021)
– Energie, Masse und Kraft (04.04.2021)
– Agrarisch und revolutionär II (15.05.2021)
– Gladius cum quo fuerunt decollati patroni nostri (Essener Domschatz I) (28.10.2021)
– Magische koloniebildende Nesseltiere mit kappadokischem Arm und Hand (Essener Domschatz II) (14.11.2021)
– Ida, Otto, Mathilde und Theophanu, kreuzweise (Essener Domschatz III) (27.11.2021)
– Hypapante, Pelikane und Siebenschläfer (Essener Domschatz IV) (17.12.2021)
– Pantokrator in der Mandorla, Frauen, die ihm huldigen und die Villikation (Essener Domschatz V) (23.12.21)
– Jenseits des Oxus (09.01.2022)
– Blut, Nägel und geküsste Tafeln, schmuckschließend (Essener Domschatz VI) (18.04.2022)
– Missing Link oder: Franziska und kleine Könige (28.05.2022)
– Die Riesen von Gobero (Die Kinder des Prometheus Teil I) (18.07.2022)
– Die Liebhaber von Sumpa, Ackergäule und Verhüttung (Die Kinder des Prometheus Teil II) (25.07.2022)

Zum Thema Sklavenhaltergesellschaft:
Doppeldenk oder: Die politische Macht kommt aus den Legionen [Teil I]) 05.11.2020)

Doppeldenk oder: Die politische Macht kommt aus den Legionen [Teil II]) 27.12.2020)