Mit Nachsicht

Ulbrichts haus

Wann werden Walter Ulbricht und Erich Honecker für die Nachgeborenen so unbekannt sein wie heute schon (leider) Paul Levi oder Hugo Haase? Diese waren nicht wichtiger als jene, oder nur als schlechtes Beispiel nützlich.

Dazu passt eines der großartigsten, wenn nicht sogar das wichtigste Gedicht in deutscher Sprache:
…Dabei wissen wir ja:
Auch der Haß gegen die Niedrigkeit
Verzerrt die Züge.
Auch der Zorn über das Unrecht
Macht die Stimme heiser. Ach, wir
Die wir den Boden bereiten wollten für Freundlichkeit
Konnten selber nicht freundlich sein.

Ihr aber, wenn es soweit sein wird
Daß der Mensch dem Menschen ein Helfer ist
Gedenkt unsrer
Mit Nachsicht.

honeckers haus

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Kommentare

4 Kommentare zu “Mit Nachsicht”

  1. ... der Trittbrettschreiber am Juni 5th, 2022 9:43 am

    Kunst, Lyrik und Musik sollten den Menschen nicht politisch, d.h. im Alltag seines relativ kurzen Daseins manipulieren sondern ihm zeigen, dass es andere, für ihn nicht jederzeit wahrnehmbare Realitäten gibt, die ihn aber dennoch in seinem Alltagswirken beeiflussen können. Immer dann, wenn Kurzzeitgestalter, und dazu zählen machtorientierte Politiker und Intellektuelle in deren ideologischen Schlepptauen (gern auch umgekehrt) sich der Werkzeuge der Kunst bedienen, ensteht ein emotionaler Muff, der oft Hysterien auslöst, Feindschaftt, Hass und plumpverblödete Gegnerschaft. Das können bildende Kunstgegenstände sein, wie die der Käthe Kollwitz (nie wieder Krieg). Das können „Chansons“ sein (ich möchte Weintrinker sein) bis hin zu Discounteropern für drei Groschen (niemals hat ein politischer Influenzer eine große Oper geschrieben) oder sogar, subtiler sogar, die Popkultur, die ja letztlich nicht anderes als Kriegs-„Kunst“ ist.
    Das „wichtigste Gedicht“ in userem Falle ist der Versuch eines die eigene Generation lyrisch Vertretenden, die Selbstabsolution zu zelebrieren und dabei die zukünftigen Nachgeborenen prähum sozusagen mit in dieses perfide Haltungsdilemma hineinzuziehen.
    Es hilft jedoch nicht, manipulierender Kunst ebenso manipulierende Räume wie hinzukomponierte Melodien, Bühnenaufführungen oder Massen paralysierende Autorenlesungen hinzuzufügen, die ihre eigentlich Absicht, das Manipulieren verschleiern soll.
    Insofern hat er Recht, der dichtende Dichter mit der Bitte um das Gedenken seiner – aber bitte nicht mit Nachsicht.

    NIE WIEDER H-MILCH!

  2. Wolf-Dieter Busch am Juni 5th, 2022 8:51 pm

    Kein Meister ist imstande zu Interpretation seines eigenen Werks. Wäre er es, wäre sein Werk nicht nötig. Dessen Interpretation ist Sache der Welt, nicht des Dichters.

    Brechts Werk wird politisch „links“ verortet. Ein Irrtum, bestärkt von ihm selbst dadurch, dass er sich dafür hielt. Er war es nicht. Sein Werk ist das Lob der Pragmatik.

    Brecht fühlte sich und agierte als „Lehrer“ des Volks – in Erwartung, seine Lehre führe nach Links. Das ist auch tatsächlich der Fall – aber anders als gedacht: sie führt zur Führung dessen, der sich für „Links“ erklärt. Siehe Goebbels.

  3. gelegenheitsleser am Juni 6th, 2022 2:18 pm

    …Dabei wissen wir ja:
    Auch der Haß gegen die Niedrigkeit
    Verzerrt die Züge.
    Auch der Zorn über das Unrecht
    Macht die Stimme heiser. Ach, wir
    Die wir den Boden bereiten wollten für Freundlichkeit
    Konnten selber nicht freundlich sein.

    Ihr aber, wenn es soweit sein wird
    Daß der Mensch dem Menschen ein Helfer ist
    Gedenkt unsrer
    Mit Nachsicht.

    In der Bibel steht’s unverschwurbelter:

    Luther Bibel 1912, Neues Testament, Matthäus 7

    1. Richtet nicht, auf daß ihr nicht gerichtet werdet.

    2. Denn mit welcherlei Gericht ihr richtet, werdet ihr gerichtet werden; und mit welcherlei Maß ihr messet, wird euch gemessen werden.

    3. Was siehest du aber den Splitter in deines Bruders Auge, und wirst nicht gewahr des Balkens in deinem Auge?

    4. Oder wie darfst du sagen zu deinem Bruder: Halt, ich will dir den Splitter aus deinem Auge ziehen, und siehe, ein Balken ist in deinem Auge?

    5. Du Heuchler, zieh am ersten den Balken aus deinem Auge; darnach siehe zu, wie du den Splitter aus deines Bruders Auge ziehest!

  4. Albert Rech am Juni 7th, 2022 12:54 pm

    Solange die Eliten der sogenannte BRD die wenige schlechten Aspekte der deutschen demokratischen Republik dazu nutzten kann diese als Unrechtsstaat zu verleumden werden die Namen Ulbricht und Honecker nicht vergessen werden.

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