Russische Märsche oder: Noch ein 1000-jähriges Reich

sussanin
Iwan Sussanin auf dem Nationaldenkmal Tausend Jahre Russland in Weliki Nowgorod

Ein Leben für den Zaren – habe ich nie gehört – allein schon der Titel schreckt ab. Vielleicht sollte man sich mit dem Plot der Oper befassen, um etwas darüber zu lernen, wie „der Russe“ so denkt. Ein Bauer, den den Zaren vor den pöhsen Polen rettet, von denen ermordet und damit zum nationalen Märtyrer wird – das wäre ungefähr so, als hätte Thomas Müntzer sein Leben für Georg den Bärtigen geopfert.

Die nationalen Mythen sagen immer viel aus über das Verhältnis der herrschenden Klassen und den Untertanen – oder darüber, wie jene es gern hätten. In Russland feiert man auch einen Tag der Einheit des Volkes, also reaktionären Kitsch, der die Klassenunterschiede leugnet und stattdessen ein Gemeinschaftsgefühl zwischen Kapital und Arbeit erzeugen will, was der Realität im Kapitalismus widerspricht. Da wundert es nicht, dass die Teilnehmer und Organisatoren der Russischen Märsche (darunter früher auch der so genannte „Oppositionelle“ Nawalny, das Hätschelkind der westlichen Medien) gern die Mumie Lenins aus dem Kreml verbannt hätten. Vermutlich ist der ihnen zu kosmopolitisch und „unrussisch“, wie Rosa Luxemburg den Polen heute suspekt ist, weil sie den polnischen Nationalismus kritisierte.

Was im ideologischen Mainstream Russlands zur Zeit herumschwimmt, lässt einen fragen, ob es die Sowjetunion jemals gegeben hat und ob die noch alle Tassen im Schrank haben. Die sind ideologisch total verwahrlost, und man muss vermuten, dass bald, wie schon in Polen, die Lektüre von Marx nicht mehr möglich ist. Auf RT Deutsch lässt man einen Herrn zu Wort kommen, der das demonstriert: Valeri Korowin ist Direktor des Zentrums für Geopolitische Expertise, Leiter der Informations- und analytischen Abteilung der öffentlichen Nichtregierungsorganisation Internationale Eurasische Bewegung und ein Vize-Leiter der NGO selbst, Journalist, Publizist, Politologe und Philosoph, Experte im Zentrum für geopolitische Expertise des Expertenbeirats für Fragen der nationalen Sicherheit beim Vorsitzenden der Staatsduma der Russischen Föderation.

Har har. Allein schon das Herumgeschwurbel mit merkwürdigen Titeln macht einen misstrauisch. „Journalist, Publizist, Politologe und Philosoph, Experte“ – ja klar, bin ich auch alles. Dieser Korowin hat patriotische Ansichten, als hätten russische Versionen von NPD und MLPD fusioniert. (Chor skandiert dissonant im Hintergrund: Alain de Benoist! Carl Schmitt!)

Lauschen wir kurz hinein:
Taiwan ist für China das, was die Ukraine für Russland ist – und sowohl die Ukraine als auch Taiwan gingen aus geopolitischen Konfrontationen hervor, die vom Westen initiiert worden waren.

Die Ukraine ist ein Projekt des Westens mit dem von Anfang an gesetzten Ziel, ein Fragment von Großrussland abzutrennen. Mit anderen Worten: Die Ukraine ist ein politisches Projekt, das von der österreichisch-ungarischen Regierung in Auftrag gegeben und später von Deutschland und Polen mitgetragen worden war – und zwar mit dem Ziel, das Russische Reich zu schwächen und einen Teil seiner Gebiete zu entfremden. Ursprünglich hatte das Projekt auf dem Mythos beruht, dass im Südwesten des Russischen Reiches ein besonderes Volk lebe – und dass der Raum Südwestrusslands selbst nichts anderes als die Ukraine sei, die da die Unabhängigkeit von Russland erringen müsse, koste es, was es wolle. (…)

Aus geopolitischer Sicht ist die Ukraine ein wichtiger Teil des Großen Russlands, ohne den Russland nach den Worten des verstorbenen Zbigniew Brzeziński aufhört, eine eurasische Supermacht zu sein, und sich in ein asiatisches Regionalreich mit einer Reihe von Konflikten mit seinen Nachbarn verwandelt – wohingegen ein mit der Ukraine vereintes Russland automatisch ein Imperium werde.

O heilige Sch….! Wenn man sich ausmalt, auf welchem weltanschaulichen Pferd Putin gerade reitet, wenn er mit dieser völkischen Mischpoke anbandelt – es ist auf jedem Fall tiefbraun.

Bonus: Make Alaska russian again:
Ganz zu schweigen vom freien und unabhängigen Alaska, das seit hundert Jahren unter der Unterdrückung durch US-Kolonialisten leidet – und wo, inmitten des glitzernden Schnees und der Nordlichter, die russischen Iskander-Raketen sich besonders gut machen würden.

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Dramatisch

dramatische lage

Burks‘ kleiner Lehrgang in Agitation und Propaganda: Zwei Möglichkeiten, die Situation in Mariupol bildlich darzustellen. Welche wählen wir und warum?

By the way: Ich finde auch die intellektuelle Lage deutscher Medien dramatisch.

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Homo Hominem

axel void

Ich hatte bisher übersehen, dass sich der Künstler Axel Void dort auch mit seinem Namen verewigt hat. Große Kunst! Und vermutlich eine der meistfotografierten Hauswände in Kreuzberg., obwohl nur wenige wissen werden, woher der Satz kommt und was er bedeutet.

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CPIM tells the truth

indian express

Was importieren wir eigentlich aus Kerala?

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Unter dem roten Banner

Lenin

Es gelang den Bolschewiken im nun folgenden Bürgerkrieg, den Großteil der Gebiete des ehemaligen Russischen Reiches unter ihre Kontrolle zu bringen und den Widerstand der Weißen Armeen und auch anderer gegnerischer Bürgerkriegsparteien militärisch und durch Einsatz des roten Terrors als Reaktion auf den weißen Terror zu brechen, trotz der materiellen Unterstützung der Weißen Armee durch zahlreiche ausländische Mächte und der zeitweiligen Besetzung russischer Gebiete durch andere Staaten. (Wikipedia)

Irgendwie wiederholt sich alles, aber jetzt als Tragödie, nicht als Farce. Bemerkenswert, dass die russische Armee, die bekanntlich nicht mehr die Rote Armee ist, noch deren Ikonen und Kostüme benutzt. Vielleicht ist ja sogar die Taktik aktuell, natürlich auch bei den Ukrainern.

Aber Lenin?! Der steht offenbar nicht mehr als Symbol für den Bolschewismus, sondern für die russische Regionalmacht das russische Imperium. Vermutlich würde sich der Genosse Wladimir Iljitsch Uljanow im Grabe umdrehen, wenn er nicht eine Art Mumie wäre. Man könnte ja auch stattdessen auf die Idee kommen, ein Denkmal für Fanny Kaplan oder Marija Spiridonowa aufzustellen. Oder die Ukraine macht das. (Wird sie nicht, darauf wette ich.)

flag soviet union

Ich habe einen Verdacht, warum das so ist. Der russische Kapitalismus bietet nicht genug Möglichkeiten, die Emotionen hoch kochen zu lassen, wie das Volk es liebt, ist doch das, worauf man stolz glaubt sein zu müssen (ist die Wortstellung korrekt?), nur der übliche Unfug wie Nation, Volk und Vaterland, womit bekanntlich das Kostüm der herrschenden Klasse gemeint ist oder andere ideologischen Opiate. Die große Erzählung vom Vaterländischen Krieg bietet immerhin die Möglichkeit, dass die Guten (drinnen) und die Bösen (draußen) klar getrennt sind, was die jeweils ausgedachte Moral und die Maximen was tun und und zu lassen sei, einfacher macht. Vergleichbar und Mythen-schwangere Heldenepen sind ebenso lange Märsche wie in China, bei den Mormonen oder wie der gar nicht real stattgefundene Marsch des Volkes Israel aus Ägypten.

Deswegen nutzen die Russen jetzt die rote Siegesfahne. Putin hatte schon 2007 ein Gesetz abgelehnt, das Hammer und Sichel verschwinden lassen sollte. Ich finde die ja auch schöner als eine nüchterne Kombination irgendwelcher Farben.

flag soviet union

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Die Grünen. Da weiß man, was man bekommt.

sumjenny

Der Herr, der den Atomkrieg gegen Russland fordert, war Leiter der Heinrich-Böll-Stiftung in Kiew von 2015-2021.

I do not believe that civilization will be wiped out in a war fought with the atomic bomb. Perhaps two-thirds of the people of the earth will be killed. (Albert Einstein)

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Blut, Nägel und geküsste Tafeln, schmuckschließend (Essener Domschatz VI)

Auf drängenden Wunsch des Publikums wird die beliebte Serie jetzt fortgesetzt.

essener Domschatz

Kreuznagelreliqiar, um 1040/49, im 14. Jahrhundert modifiziert. Man weiß nicht exakt, wie das Original aussah, ob etwa der Nagel frei einsehbar war. Der Kristall lässt sich öffnen, dieser Mechanismus und der Rahmen stammen aus der Gotik. Die Motive der Emails „zitieren“ die des Theophanu-Evangeliars [hatte ich hier noch nicht gepostet]. Die Stifterin lässt sich nur indirekt beweisen.
Klaus Gereon Beuckers schreibt in Gold vor Schwarz: Der Essener Domschatz auf Zollverein: „Tafelförmige Reliquiare insbesondere für Christus-Reliquien sind spätestens seit dem 10. Jahrhundert aus Byzanz gut überliefert. (…) Eine vergleichbare Disposition weist der so genannte Talisman Karls des Großen im Reimser Kathedralschatz auf [Palais du Tau]. Auch andere Werke des Essener Umkreises wie das Borghorster Kreuz [das 2013 gestohlen und für 100.000 Euro zurückgekauft wurde] oder das Gandersheimer Heilig-Blut-Reliquiar präsentieren um die Mitte des 11. Jahrhunderts Reliquien in Kristallgefäßen, die in den Rahmen einer Goldschmiedearbeit eingebunden waren. Dies war in der Zeit neu und greift Entwicklungen des 13. Jahrhunderts vor, in denen – ebenfalls in Rezeption byzantinischer Arbeiten – dann auch Körperreliquien sichtbar präsentiert wurden. Das Essener Nagelreliquiar nimmt unter den ottonischen bzw. frühsalischen Reliquiaren eine hervorragende Position ein und ist auch wegen seiner Tafelform innerhalb des erhaltenen Denkmälerbestandes einzigartig.“

Fragen über Fragen

Nachdem wir im letzten Beitrag dieser Serie (Jenseit des Oxus) überall zwischen der Levante, Afghanistan, Indien und China der letzten 3000 Jahre herumge(schw)irrt sind, hier noch einmal die Fragen:

a) Der europäische Feudalismus war offenbar ein Sonderweg. In anderen Regionen der Welt gab es feudale Verhältnisse auch, etwa in Japan, aber der Kapitalismus entwickelte sich dort viel langsamer, wenn überhaupt.

b) Braucht es eine Sklavenhaltergesellschaft vor dem Feudalismus – oder ist das Römische Weltreich ebenfalls ein zu vernachlässigender Sonderfall?

c) China ist heute die einzige Gesellschaft, in der sich Ansätze entwickeln, die zu nachkapitalistischen Produktionsverhältnissen führen könnten. Dort gab es aber keine Sklavenhaltergesellschaft. Könnte es sein, dass dieser Weg letztlich derjenige ist, der den Kapitalismus zuerst überwinden wird?

„Anatomie des Menschen ist ein Schlüssel zur Anatomie des Affen. Die Andeutungen auf Höhres in den untergeordneten Tierarten können dagegen nur verstanden werden, wenn das Höhere selbst schon bekannt ist. Die bürgerliche Ökonomie liefert so den Schlüssel zur antiken etc. Keineswegs aber in der Art der Ökonomen, die alle historischen Unterschiede verwischen und in allen Gesellschaftsformen die bürgerlichen sehen.“ (Karl Marx: Grundrisse, Einleitung [zur Kritik der Politischen Ökonomie], 1857, MEW 13, S. 636)

essener Domschatz

Reliquienkreuz, vermutlich aus dem Rheinland, 2. V. 14. Jahrhundert, vergoldetes Silber mit Achat, Opal und Bergkristall.
Anna Pawlik schreibt in Gold vor Schwarz: Der Essener Domschatz auf Zollverein: „Auf der Vorderseite ist ein ornamental bearbeitetes, teilweise mit goldener Farbe bemaltes Pergament eingelegt, auf dem die Reliquien verzeichnet sind. (…) Die zwei kreuzförmig übereinanderliegenden Holzpartikel in [sic] Zentrum des Pegaments sind durch die umlaufende Inschrift De sancta cruce domini als Kreuzreliquien gekennzeichnet, Die Rückseite des Behälters ist mit einer silbervergoldeten, kreisförmigen Platte mit getriebenem Christuskopf in einer Mandorla verschlossen.“

Erste Antworten

Ich hatte geplant, mich zunächst mit der so genannten Asiatischen Produktionsweise auseinanderzusetzen. nachdem ich jetzt noch einmal Erich Pilz „Zur neuesten (1982!) Debatte über die Asiatische Produktionsweise in der Volksrepublik China“ gelesen hatte, erscheint mit das jetzt überflüssig. Die (…) aufgezählten Produktionsweisen sind also logische Abstraktionen, reine Wirtschaftsformen und deren logische Reihung,
rarbeitet beim Studium der politischen Ökonomie. Wer so eine Produktionsweise mit einer Periode der Gesellschaftsentwicklung gleichsetzt, der wird den methodischen Voraussetzungen bei Marx (logische Methode versus historische Methode) absolut nicht gerecht.
Das heißt: Es wäre vermutlich falsch, überall in der Geschichte zu suchen, ob eine Gesellschft dem „Modell“ APW ähnelt oder nicht und warum. Das bewiese gar nichts. Die APW ist also ein aus der konkreten Geschichte abstrahiertes ökonomisches Universale.

Man kann nur einen Umkehrschluss ziehen. Die Aristokratie oder Bürokratie (vgl. das alte Mesopotamien oder China) organisiert die produktive Arbeit und eignet sich einen Teil des Mehrprodukts der unmittelbaren Produzenten an. Im mitteleuropäischen Feudalismus kann von einer „Organisation“ der gesellschaftlichen Arbeit aber kaum gesprochen werden. Ganz im Gegenteil: Vor dem Absolutismus spielen eine Staatsmacht oder gar eine Bürokratie kaum eine Rolle für die Ökonomie. Dort aber gab es Kapitalismus zuerst. Oder, abstrakt ausgedrückt: Die Produzenten werden vollends von ihren Produktionsmittel am effektivsten getrennt, wenn eine Art europäischer Feudalismus vorhanden ist. Daraus kann man aber die letzte der obigen Fragen nicht beantworten: Die Ökonomie Chinas war auf dem Weg zum Kapitalismus eher „langsamer“, aber bedeutet das zwangsläufig, dass sich post-kapitalistische Formen dort am ehesten herausbilden können? Oder war es eine Kette von Zufällen? Das erscheint mir unwahrscheinlich, wenn man China mit Indien vergleicht.

Hierzu Pilz, der chinesischen Autoren zitiert (daher vermutlich der Begriff „Volk“, der von Marx so nicht benutzt worden wäre): Das grundsätzliche Mißverständnis bisheriger Interpretation der vorkapitalistischen Gesellschaftsformationen bei Marx liege darin, dass man jedes einzelne Volk alle Stufen durchlaufen sieht. Marx hingegen sah die Gesamtheit der Menschheitsentwicklung: Zu gewissen Perioden haben die Entwicklungsstufen gewisser Völker exemplarische Bedeutung, weil ihre Produktionsweisen zur Gesamtentwicklung besonders bedeutende Beiträge geleistet haben. Manche Völker haben lange keine nennenswerten Beiträge geleistet, um dann gewaltig hervorzutreten und wieder zurückzufallen (=nicht auf die nächst höhere Produktionsstufe zu kommen). Die Übernehmer solcher Beiträge hingegen waren oft fähig, darin eingebaute Hemmnisse zu überwinden. Was ist aus dem großartigen Ägypten, was aus Assur geworden? Kein Volk, auch kein europäisches, hat alle von Marx genannten Stufen durchlaufen. Für Marx war die Asiatische Formation beispielhaft innerhalb eines bestimmten Zeitraumes – so wie Griechenland und Rom beispielgebend waren für die Sklavengesellschaft. Die APW stellt also keine Erscheinungsform eines bestimmten Gebietes dar, aber innerhalb der Gesamtentwicklung eine modellhafte Stufe und ist damit von allgemeiner Gültigkeit.

Offenbar war man sich damals – bei Erscheinen der Pilzschen Zusammenfassung – in China sogar fast einig, dass dort weder eine „Asiatische Produktionsweise“ noch eine „Sklavenhaltergesellschaft“ wie im Marxschen theoretischen Modell existiert hat.

Das beantwortet auch meine Frage: Es gibt nur ein „logischen“ Schema, wie die Menschheit sich von einer klassenlosen „Urgesellschaft“ bis zur Klassengesellschaft im Kapitalismus entwickelte, aber mitnichten eine historische Abfolge. Die Frage, ob es für den Kapitalismus vor dem Feudalismus einer Sklavenhaltergesellschaft bedürfe oder nicht, ist also falsch gestellt und unsinnig.

Eine witzige Pointe ist, dass es vor mehr als vier Jahrzehnten in der marxistischen Diskussion offenbar nicht „opportun“ war, einen Zusammenhang zwischen historischen Elementen der „Asiatischen Produktionsweise“ und der Gefahr des Bürokratismus in sozialistischen Staaten Asiens zu vermuten. Dieses Thema war schon zu Beginn der chinesischen Kulturrevolution aktuell, wenn nicht sogar der Anlass. Heute könnte man polemisch entgegen, diese bürokratischen Elemente hätten genau das Gegenteil bewirkt – dass der chinesische Staatskapitalismus oder – in deren Parteineusprech – der Sozialismus chinesischer Prägung sich gerade deshalb als besonders stabil und progressiv (gegenüber dem „westlichen“ Kapitalismus) erwiesen hat.

Wird fortgesetzt.

essener Domschatz

Reliquiar, vermutlich letztes Drittel 14. Jahrhundert. Im Unterschied zu allen anderen Reliquiaren hat dieses eine rechteckige Grundform. Angeblich enthält es Reliquien der Margareta von Antiochia, der Christina von Bolsena, der Agnes von Rom, der Felicitas sowie den üblichen „Hausheiligen“ des Essener Doms. Auf einem Pergament steht de S(an)c(t)a elisabeth und De capillis Elisabeth(i)na v(…). Vermutlich war die Stiftern die Äbtissin Elisabeth von Nassau-Hadamar.

essener Domschatz

Ostensorium, vermutlich Rheinland, vor 1450, vergoldetes Silber, getrieben und gegossen, 57, 2 cm hoch. Die Details sind zum Teil unfassbar winzig – wie die kleinen Heiligenfiguren und die Wasserspeier seitlich der Baldachine.

essener Domschatz

Paxtafel, auch bekannt als Kusstafeln, gegossenes Silber, graviert, Bergkristall. Nur Kleriker durften diese Dinge küssen. „Das Küssen des Reliquienbehälters galt dabei in besonderer Weise als heilbringend, bei besonderen Anlässen konnte er zudem zur Gewährung eines Ablasses dienen. Der Brauch setzte sich bereits im 13. Jahrhundert durch.“

essener Domschatz

Agraffen (hier: Schmuckschließe), französisdch-burgundisch, nach 1360, Goldemailplastik, alle kleiner als fünf Zentimeter Durchmesser. Diese Schmuckstücke sind extrem selten, nur wenige wurden erhalten. Um 1400 waren diese solche Agraffen der letzte modische Schrei an den Höfen der herrschenden Klasse. Sie waren nicht nur ein Kapitalanlage, sondern beschrieben die interne Hierarchie durch Zeichen und das aristokratische Selbstverständnis. „Prachtentfaltung“ ist eine Seite der feudalen Existenz. Ich schrieb hier 2019: Die Feudalklasse kann die Realität erkenntnistheoretisch nur verzerrt wiedergeben, da sich sich nur per Gewalt und Konsum auf die Natur bezieht. Man kann diese notwendige ideologische „Behinderung“ (ähnlich wie Religion) mit dem Waren- und Geldfetisch vergleichen – eine nur ökonomische Form wird von den Akteuren als Eigenschaft des Dings an sich angesehen. Deswegen glaubt auch die FDP an den „Markt“ als eigenständig handelndes höheres Wesen – ähnlich wie ein feudaler Adliger des 10. Jahrhunderts eine Reliquie als magisches wirkmächtiges Objekt ansah.

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Bisher zum Thema Feudalismus erschienen:
– Reaktionäre Schichttorte (31.01.2015) – über die scheinbare Natur und die Klasse
– Feudal oder nicht feudal? tl;dr, (05.05.2019) – über den Begriff Feudalismus (Fotos: Quedlinburg)
– Helidos, ubar hringa, do sie to dero hiltiu ritun (08.05.2019) – über die Funktion der verdinglichten Herrschaft in oralen Gesellschaften (Quedlinburger Domschatz I)
– Tria eburnea scrinia com reiquis sanctorum (09.05.2019) – über Gewalt und Konsum der herrschenden Feudalklasse als erkenntnistheoretische Schranke (Quedlinburger Domschatz II)
– Die wâren steine tiure lâgen drûf tunkel unde lieht (10.05.2019) – über die Entwicklung des Feudalismus in Deutschland und Polen (Quedlinburger Domschatz III)
– Authentische Heinrichsfeiern (13.05.2019) – über die nationalsozialistische Märchenstunde zum Feudalismus (in Quedlinburg)
– Der Zwang zum Hauen und Stechen oder: Seigneural Privileges (15.06.2019)
– Yasuke, Daimos und Samurai [I] (24.07.2019)
– Yasuke, Daimos und Samurai [II] (03.05.2020)
– Agrarisch und revolutionär (I) (21.02.2021)
– Trierer Apokalypse und der blassrose Satan (17.03.2021)
– Energie, Masse und Kraft (04.04.2021)
– Agrarisch und revolutionär II (15.05.2021)
– Gladius cum quo fuerunt decollati patroni nostri (Essener Domschatz I) (28.10.2021)
– Magische koloniebildende Nesseltiere mit kappadokischem Arm und Hand (Essener Domschatz II) (14.11.2021)
– Ida, Otto, Mathilde und Theophanu, kreuzweise (Essener Domschatz III) (27.11.2021)
– Hypapante, Pelikane und Siebenschläfer (Essener Domschatz IV) (17.12.2021)
– Pantokrator in der Mandorla, Frauen, die ihm huldigen und die Villikation (Essener Domschatz V) (23.12.21)
– Jenseits des Oxus (09.01.2022)
– Blut, Nägel und geküsste Tafeln, schmuckschließend (Essener Domschatz VI) (18.04.2022)
– Missing Link oder: Franziska und kleine Könige (28.05.2022)
– Die Riesen von Gobero (Die Kinder des Prometheus Teil I) (18.07.2022)
– Die Liebhaber von Sumpa, Ackergäule und Verhüttung (Die Kinder des Prometheus Teil II) (25.07.2022)

Zum Thema Sklavenhaltergesellschaft:
Doppeldenk oder: Die politische Macht kommt aus den Legionen [Teil I]) 05.11.2020)

Doppeldenk oder: Die politische Macht kommt aus den Legionen [Teil II]) 27.12.2020)

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Last Man Standing

mariupol

Die letzten Verteidiger der strategisch wichtigen Hafenstadt „werden bis zum Ende kämpfen“, sagte der ukrainische Regierungschef Denys Schmyhal. Aha. Sie sollen also in aussichtloser Lage Märtyrer werden? Warum? Süß und ehrenvoll ist es, für die Oligarchen zu sterben? Merkt ihr noch was? Oder wartet ihr auch auf Jungfrauen im Paradies?

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Gechillt

caye caulker

Caye Caulker, Belize, fotografiert im November 1981. Ich wünsche schöne Feiertage!

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Hippeastrum und Futur II

hippeastrum

Meine (giftige!) Amarillis, die ich im letzten Jahr schon abgeschrieben hatte, hat sich entschieden, mich zu Ostern mit zwei Blüten zu erfreuen.

Die Verehrer höherer Wesen feiern an diesem Wochenende. Gestern hat man selbstredend den richtigen Film dazu angesehen. Ich werde alles das tun, was ich schon immer machen wollte und am Montag einsehen, dass ich es noch immer nicht getan haben werde.

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Warum die neue deutsche Volksgemeinschaft so glücklich macht und noch mehr

volksgemeinschaft

Ich musste überlegen, wann ich zum letzten Mal so etwas Dämliches gelesen hatte. Die Frage, ob das noch Journalismus sei, lassen wir mal so stehen. Das Bild lässt mich Kotzen. Jedes Wort lässt mich Kotzen. Neu. Deutsch. Und dann diese „Hilfsbereitschaft“, die nur nur verkappter Egoismus ist und eine paternalistische Attitude. Um das klarzustellen: Ich habe nichts dagegen, zweifle aber an den Motiven und jetzt erst recht, wenn Menschen aus der Ukraine kommen. Was wäre, wenn es Russen wäre? Nein, noch besser: Flüchtlinge aus Mali? Oder aus dem Jemen? (Der Chor der „Linken“ im Off: Alle aufnehmen, wir nehmen wirklich alle!)

Wir bleiben beim Thema. Noch mal der hier schon zitierte Fabian Lehr: „Was mich aber immer noch ziemlich irritiert ist ein Take, der mir in Diskussionen mit grünen und liberalen Slawa Ukraini-Leuten schon mindestens ein halbes Dutzend Mal begegnet ist: Regelmäßig wird mir an einem bestimmten Punkt der Diskussion in triumphierendem Ton das vermeintlich überwältigende Argument entgegengeschleudert „Aber lass mich raten: Wenn Deutschland überfallen würde, würdest du das plötzlich ganz anders sehen??!!“
Äh, nein, würde ich nicht? Selbstverständlich würde ich keine Sekunde in Erwägung ziehen, für die Verteidigung der territorialen Integrität der BRD mein Leben zu riskieren oder irgendjemanden zu töten? Selbstverständlich würde ich die Frage, ob die Pfalz französisch, die Lausitz polnisch oder Bayern österreichisch wird, für keine Frage halten, die Sterben und Töten für Deutschland zum Gebot macht?
Wenn man das erwidert, sind die Leute darüber dann meistens entweder ungläubig („Jaja, das sagst du JETZT, solange es nur ein Gedankenspiel ist“) oder empört und irritiert. Dass es Menschen gibt, die sich wirklich nicht mit ihrem Staat identifizieren und den Grundsatz „Süß und ehrenvoll ist es, für das Vaterland zu sterben“ nicht einleuchtend finden, scheinen Grüne und Liberale sich 2022 tatsächlich überhaupt nicht mehr vorstellen zu können.“

Well said, dude.

newd.cn
Verwenden die bei news.cn noch Windows 3.11? Eine Datei, die auf „htm“ endet? Ich musste übrigens extra auf Android umschalten, um das überhaupt lesen zu können – alle meine Browser unter Linux weigern sich.

Dann waren da noch die Chinesen. Peking hat die Vereinigten Staaten von Amerika aufgefordert, alle offiziellen Kontakte zu Taiwan abzubrechen. Das erklärte der Sprecher des chinesischen Außenministeriums Zhao Lijian am Freitag, wie die chinesische Nachrichtenagentur Xinhua berichtet. Am 15. April hat das Kommando des östlichen Schauplatzes der chinesischen Volksbefreiungsarmee Kriegsschiffe, Bomber, Kampfjets und andere Kräfte entsandt, um Mehrzweck-Kampfpatrouillen zu organisieren und See- und Luftübungen im Ostchinesischen Meer und um die Insel Taiwan durchzuführen.“

Au weia. Zum Glück kommt mein Gas zum Kochen, Heizen und Duschen nicht aus China. Noch wieder andere Chinesen schildern das Geschehen in Mariupol.

Max Hoelz
Franz Seiwert: Figurative Constructivist painting of Max Hölz 1921

Und now for something completely different. Am 15. April 1921 wurde Max Hoelz in Berlin verhaftet. Als Arbeiterführer in Sachsen stellte Hoelz – entgegen dem Willen der KPD-Führung – bewaffnete Kampfgruppen auf, die 1920/21 im Vogtland den nach ihm benannten, stark von anarchistischen Vorstellungen geprägten Aufstand initiierten. Mehrere Tage lang lieferten sich linke Republikfeinde mit der Polizei einen regelrechten Krieg. Wegen dieser Aktivitäten schloss ihn die KPD mit der Begründung der Disziplinlosigkeit aus. Hoelz schloss sich nun der linkskommunistischen KAPD an, der er bis Mitte der 1920er Jahre angehörte.

Hoelz wirkte 1921 an mehreren Sprengstoffanschlägen gegen Symbole der „Reaktion“ mit. 1921 wurde er zu lebenslangem Zuchthaus verurteilt. Dabei spielte auch der Mord am Gutsbesitzer Heß eine Rolle, der Hoelz zur Last gelegt wurde. Doch später fand sich der eigentliche Täter. Anlässlich der 1927 erschienenen Zuchthausbriefe von Hoelz, die von dem bekannten Journalisten Egon Erwin Kisch herausgegeben worden waren, wurde ein Aufruf zahlreicher Intellektueller der Republik (Bert Brecht, Martin Buber, Otto Dix, Albert Einstein, Lion Feuchtwanger, Carl Froelich, Heinrich Mann, Thomas Mann, Ernst Rowohlt, Arnold Zweig etc.) zur „Nachprüfung“ des Urteils veröffentlicht. Am 18. Juli 1928 wurde Hoelz, der zwischenzeitlich wieder der KPD beigetreten war, amnestiert und freigelassen. 1929 emigrierte er auf Einladung Josef Stalins in die UdSSR. 1933 kam er unter ungeklärten Umständen ums Leben.

sewastopol
Russische Flotte in Sewastopol. Iwan Aiwasowski, 1846

Da wäre noch: Die Araber räsonnieren über die russische Marine. (Araber? Über Marine?) Dann doch eher Kachelmann: „Manchmal wünschte ich mir, dass es bei Medien einen Recherche-Impetus gäbe, der oberhalb desjenigen eines abgetauten Kühlschranks wäre und der mit einem Zeitaufwand von zwei Minuten (…) nachsieht, ob es wirklich einen Sturm gab und das Ergebnis gleich in die Meldung einbaut.“

Frage an Radio Eriwan: Ist das Feuer auf der Moskwa inzwischen gelöscht?
Radio Eriwan: Im Prinzip Ja.

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Game Designer proudly presents: Oasis of Klima

sim design Oasis of Klima

Alle folgenden Zitate aus John Norman: Tribesman of Gor, die Vorlage für die Fantasy-Sim, die ich in Secondlife gerade gebaut haben. Einige Details fehlen noch; die Eröffnung mit einem speziellen Rollenspiel-Plot ist erst am 30. diesen Monats. Ganz besonders stolz bin ich auf die „realistischen“ unterirdischen Salzminen… Na gut, der Sternenhimmel, die Sandstürme und die Milchstraße sind auch von mir. Eigentlich fast alles. Nur die Tierchen habe ich extra anfertigen lassen. By the way: Insgesamt weniger als 3000 Polygone!

„In the distance, below, perhaps five pasangs away, in the hot, concave, white salt bleakness, like a vast, white, shallow bowl, pasangs wide, there were compounds, low, white buildings of mud brick, plastered. There were many of them. They were hard to see in the distance, in the light, but I could make them out.
“Klima,” said Hamid.
“I have made the march to Klima,” said one of the prisoners. He cried out, elatedly, “I have made the march to Klima!” It was the man who had, for many of the days, cried out for us to be slain. It was he who had, since the noon halt of four days ago, been silent.
I looked at the prisoners. We looked at one another. Our bodies were burned black by the sun. The flesh, in many places, had cracked. Lighter colored flesh could be seen beneath. There was salt on us, to our thighs. The leather wrappings about our legs were in tatters. Our necks and bodies were abraded, raw from collar and chain. In the last days we had been denied salt. Our bodies were cruel with cramps and weakness. But we stood, all of us, and straight, for we had come to Klima.“

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„The surface temperature of The crusts would be in the neighborhood of 160 degrees Fahrenheit. The air temperature would range from 120 to 140 degrees Fahrenheit.“

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„Needless to say, Klima contains as well, incidental to the salt industry entered there, the ancillary supports of these mining and manufacturing endeavors, such as its kitchens and commissaries, its kennels and eating sheds, its discipline pits, its assembly areas, its smithies and shops, its quarters for guards and scribes, an infirmary for them, and so many respects Klima resembles a community, save that it differs in at least two significant respects. It contains neither children, nor women.“

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“How,” I asked, “does one become kennel master?”
“Kill me,” said T’Zshal.

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„It was cool in the pit, on the large raft. At each corner of the raft, mounted on a pole, was a small, oil-fed lamp [kommt noch]. It was dark in the pit, save for our lamps, and those of other rafts.“

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„The retaining vessels are, at the salt docks, lifted from the rafts by means of pulleys and counterweights. The crew of a given raft performs this work. When the retaining vessels are suspended, they are tipped, and the sludge scooped and shoveled from them into the wide-mouthed, ring-bearing lift sacks… These ropes run in systems to the surface and return.“

sim design Oasis of Klimasim design Oasis of Klima

„Klima has its own water, but it is dependent on caravans for its foods. These food stores are delivered to scouted areas some pasangs [several kilometers or miles] from the compounds“.

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„The salt in solution is obtained in two ways, by drilling and flush mining and, in the deeper pits, by sending men below to fetch the brine. In the drilling and flush mining, two systems are used, the doublepipe system and the separate-pipe system“ [im Vordergrund].

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Antisemitenpack, revisited

„Die jüngsten Irritationen löste die am 10. April abgehaltene Vollversammlung des Berliner Landesverbandes der Linksjugend aus. Dort hatte eine Mehrheit der Mitglieder für einen Beschluss gestimmt, in dem unter anderem die „konsequente Benennung Israels als Apartheidsstaat“ gefordert wird. Darüber hinaus setzt sich die Linksjugend ein „bedingungsloses Rückkehrrecht für alle Palästinenser“ ein und fordert die „konsequente Benennung des Zionismus als reaktionäre, bürgerliche Ideologie“.“ (Tagesspiegel)

Es ist wie in der Ukraine: Der Landessprecher der Linksjugend [‘solid] Berlin ist Jude.

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Die Böcke und die Gärtnerin

bild

Bei ernsten Themen wie „Krieg“ oder „Sexualität“ informiere ich mich immer und zuallererst bei den deutschen Qualitätsmedien.

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Misha [Update]

bär

Das Maskottchen habe ich 1980 geschenkt bekommen, als ein paar Sowjets Russen in unserer Wohngemeinschaft zum Essen eingeladen waren. Steht vor passendem Hintergrund.

[Update] Name ist korrigiert. Habe wohl an meine hübsche Nachbarin gedacht, die so heißt.

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Profi-Webdesign

webdesign

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Auftakt

campus efeuweg

Hehe, mein Schwesterherz ist dort Rektorin! „An deutschen Schulen fehlen mehr als 23.000 ausgebildete Musiklehrerinnen und – lehrer. Dabei ist wissenschaftlich nachgewiesen, wie wichtig Musik für die kindliche Entwicklung ist. Deshalb startet an einer Schule in Berlin ein Musikprojekt…“ (ZDF Mediathek)

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Wg.: Ukraine

ukraine

Fabian Lehr schreibt auf Fratzenbuch:
Keine andere ehemalige Sowjetrepublik hat durch den Zusammenbruch der Sowjetunion und die Bildung kapitalistischer Nationalstaaten einen so extremen gesellschaftlichen Zusammenbruch erlebt wie die Ukraine. Die Ukraine war in der Sowjetunion zusammen mit den baltischen Republiken die wohlhabendste und höchstentwickeltste Sowjetrepublik (wohlhabender als Russland), erlebte im Zuge der kapitalistischen Restauration dann aber einen völligen Zusammenbruch: Ausgedrückt in Dollar mit der Kaufkraft von 2011 ist das ukrainische BIP/Kopf zwischen 1988 und 1995 von etwa 10.000$ auf etwa 4.000$ gesunken und hat bis heute nie wieder das Wohlstandsniveau der 80er Jahre erreicht. Die Lebenserwartung stürzte in den 90er Jahren um etwa 5 Jahre ab und liegt für Männer immer noch leicht unter dem Niveau der späten Sowjetunion in den 80ern.

Diese drastische Verarmung des Landes wurde durch Reste des sowjetischen Sozial- und Subventionssystems ein bisschen abgefedert, aber seit die Ukraine nach dem Umschwung von 2014 ökonomisch de facto zu einer westlichen Kolonie wurde, war damit auch immer mehr Schluss: Als Gegenleistung für die Milliardenkredite, die die Ukraine 2014 ff. bei EU, Weltbank und westlichen Banken aufnehmen musste, um die bisherigen russischen Unterstützungen auszugleichen und den Staatsbankrott abzuwenden, haben Brüssel, Washington und Co ultimativ einen neoliberalen Umbau der ukrainischen Wirtschaft, Massenentlassungen im öffentlichen Dienst und drastische Reduktionen der Sozialleistungen gefordert und erhalten – dasselbe Rezept, das dann auch die Troika in Griechenland anwandte.

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Hier ist England! Ta ta ta Taaa!

war ukraine mariupol

Die BBC berichtet:
„Azov fighters and the marines have managed to defend pockets of the besieged city over the past few weeks despite dwindling resources and a fierce Russian onslaught.

If marines were surrendering en masse it would not be surprising, says Dr Aglaya Snetkov, lecturer in International Politics at University College London.

„Their supplies have been degrading, they’ve run out of food, ammunition and water – Ukrainian soldiers have posted online that their only option is either surrender or death but Kyiv authorities shut that claim down“ she said. But if thousands of Azov fighters are similarly forced to surrender, they would face a „horror show“ at the hands of Russian soldiers, she added. „Many will be killed and many will be made to go in front of Russian TV cameras to recount what they’ve done.

„It will effectively be the end of the Azov battalion which is a major part of the Russian narrative as to why they’re engaged in what they’re doing in Ukraine….to fight the ‚Nazis‚.“

Es hat sich doch etwas geändert, seitdem die BBC Feindsender war und Karl-Eduard dort arbeitete. Damals setzten sie Nazis nicht in Anführungszeichen.

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Zweifellos

mariupol
Mariupol gestern, der Rauch im Hintergrund kommt von Azovstahl, wo sich die letzten Nazis verschanzt haben.

Das wird es sein. Daran gibt es keinen Zweifel.

Kann es sein, dass ein führendes Mitglied des Ausschusses, der die gemeinschaftlichen Geschäfte der Bourgeoisklasse in der Ukraine verwaltet, schon aus beruflichen Gründen einen Hang zur Theatralik hat?

Gute Nachrichten Ein Drittel der Deutschen hat erkannt, dass die Herrschaft der Bourgeoisie im Kapitalismus nur eine Scheindemokrokratie ist. Irgendwie fällt es mir heute schwer, einen Anfang zu finden. Neuer Versuch:

„Wir leben in einer Scheindemokratie, in der die Bürger nichts zu sagen haben“, meinen 31 Prozent der deutschen Bevölkerung. Auffällig dabei ist der Ost-West-Unterschied: Im Westen sind 28 Prozent der Meinung, in einer Scheindemokratie zu leben; im Osten ist es fast die Hälfte der Befragten (45 Prozent).

Ich habe gestern wutentbrannt ganz entspannt mein „Welt“-Abo gekündigt. Dort wird man noch mehr als bisher nur antirussische Propaganda lesen werden (Futur II hört sich immer kompliziert an). Ich habe prinzipiell nichts dagegen, konsumiere ich doch durchaus auch die bürgerliche Presse sogar die hierzulande zensierte Presse. Das verändert mein Weltbild nicht. Ich will es aber „ausgewogen“, von allem etwas. Kakophonie ist besser als Euphonie.

Don Alphonso ist unterhaltsam, schreibt aber nur noch für Eigenheimbesitzer und Liebhaber italienischer Fahrräder und für den reaktionären Teil der Kleinbourgeoisie. Deniz Yücel ist mittlerweile zahm geworden – das mag aber dem Martyrium in türkischen Gefängnissen geschuldet sein. Harald Martenstein ist immer dann gut, wenn er über Berlinerisches schreibt – aber in der „Welt“ wird das weniger vorkommen.

Ich habe jetzt nur noch den Guardian und die Online-Ausgabe der Berliner Zeitung abonniert. Letztere verzichtet auf Gendersprache und ist Nuancen anders als der „Tagesspitzel“, wie wir das Blatt früher nannten. Mehr brauche ich vermutlich nicht.

Und jetzt das Wetter. Und jetzt der Krieg. Nicht viel passiert. Alle treffen nur richtige Entscheidungen, wie gewohnt. Die Ziele sind unverändert.

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