Unter dem roten Banner

Lenin

Es gelang den Bolschewiken im nun folgenden Bürgerkrieg, den Großteil der Gebiete des ehemaligen Russischen Reiches unter ihre Kontrolle zu bringen und den Widerstand der Weißen Armeen und auch anderer gegnerischer Bürgerkriegsparteien militärisch und durch Einsatz des roten Terrors als Reaktion auf den weißen Terror zu brechen, trotz der materiellen Unterstützung der Weißen Armee durch zahlreiche ausländische Mächte und der zeitweiligen Besetzung russischer Gebiete durch andere Staaten. (Wikipedia)

Irgendwie wiederholt sich alles, aber jetzt als Tragödie, nicht als Farce. Bemerkenswert, dass die russische Armee, die bekanntlich nicht mehr die Rote Armee ist, noch deren Ikonen und Kostüme benutzt. Vielleicht ist ja sogar die Taktik aktuell, natürlich auch bei den Ukrainern.

Aber Lenin?! Der steht offenbar nicht mehr als Symbol für den Bolschewismus, sondern für die russische Regionalmacht das russische Imperium. Vermutlich würde sich der Genosse Wladimir Iljitsch Uljanow im Grabe umdrehen, wenn er nicht eine Art Mumie wäre. Man könnte ja auch stattdessen auf die Idee kommen, ein Denkmal für Fanny Kaplan oder Marija Spiridonowa aufzustellen. Oder die Ukraine macht das. (Wird sie nicht, darauf wette ich.)

flag soviet union

Ich habe einen Verdacht, warum das so ist. Der russische Kapitalismus bietet nicht genug Möglichkeiten, die Emotionen hoch kochen zu lassen, wie das Volk es liebt, ist doch das, worauf man stolz glaubt sein zu müssen (ist die Wortstellung korrekt?), nur der übliche Unfug wie Nation, Volk und Vaterland, womit bekanntlich das Kostüm der herrschenden Klasse gemeint ist oder andere ideologischen Opiate. Die große Erzählung vom Vaterländischen Krieg bietet immerhin die Möglichkeit, dass die Guten (drinnen) und die Bösen (draußen) klar getrennt sind, was die jeweils ausgedachte Moral und die Maximen was tun und und zu lassen sei, einfacher macht. Vergleichbar und Mythen-schwangere Heldenepen sind ebenso lange Märsche wie in China, bei den Mormonen oder wie der gar nicht real stattgefundene Marsch des Volkes Israel aus Ägypten.

Deswegen nutzen die Russen jetzt die rote Siegesfahne. Putin hatte schon 2007 ein Gesetz abgelehnt, das Hammer und Sichel verschwinden lassen sollte. Ich finde die ja auch schöner als eine nüchterne Kombination irgendwelcher Farben.

flag soviet union

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April 19, 2022 | abgelegt unter Politics 

Kommentare

7 Kommentare zu “Unter dem roten Banner”

  1. BEX am April 19th, 2022 12:02 pm

    Mit der Hybris Großmacht sein zu wollen, nutzt Russland die einzige Lücke die es hat, um seine Ambitionen zu unterstreichen. Die Lücke besteht in der atomaren Abschreckung. In der Großmacht-Logik vielleicht ein nachvollziehbarer Schritt. Strategisch ist natürlich schon die Ausgabe dieses Ziels großer Schwachsinn. Russland hätte mit viel Aufwand eine moderne Regionalmacht mit Atomwaffen sein können. Das passte aber wahrscheinlich nicht zu den Machtverhältnissen im Kreml.

  2. Horst Horstmann am April 19th, 2022 12:47 pm

    https://twitter.com/kamilkazani/status/1516162437455654913

    Langer Thread, sind aber auch bunte Bilder bei. ;)

  3. tom am April 19th, 2022 6:23 pm

    „worauf man stolz glaubt sein zu müssen“.
    Richtig? WC – wohl kaum.
    Sondern
    worauf man glaubt, stolz sein zu müssen (Muss / darf das Komma?)
    oder
    worauf man stolz sein zu müssen glaubt.
    Bei drei Verben in unmittelbarer Folge verstellen die Leute im Süden (Bayern, Austria) auch i. d. R.(oder i.d.R.?)

  4. Albert Rech am April 19th, 2022 10:35 pm

    Man darf nicht vergessen das Putin einen Plan hat, und die ganze militärische Sonderaktion bislang nach Plan verläuft.
    So konnten die ukrainischen Nazis im Norden durch eine Ablenkung auf Kiev gebunden werden, während ein Großteil der Truppen Mariuopol & Kershon befreit hat.
    Laut meinen Quelle wartet Putin nur darauf das die russischen Truppen die NATO Biolabore sichern, um dann mit diesen Beweisen die Stimmung in der UNO gegen die USA & NATO zu drehen.
    Nach dem Erfolg der Sonderoperation ist geplant die russischen und ukrainischen Oligarchen zu enteignen und die Produktionsmittel zu vergesellschaften.
    Putin plant diesen Sieg dazu zu nutzen den demokratischen Sozialismus erneut aufzubauen, und jeder der mit dieser verrotten bürgerlichen Gesellschaft unzufrieden ist sollte diesem Plan vertrauen.

  5. ... der Trittbrettschreiber am April 20th, 2022 2:59 pm

    @Albert Rech

    Sollen auch Brauereien samt Inhalt vergesellschaftet werden?

  6. Corsin am April 20th, 2022 11:23 pm

    @Albert Rech gab kund:

    „und jeder der mit dieser verrotten bürgerlichen Gesellschaft unzufrieden ist sollte diesem Plan vertrauen.“

    Aber hallo: ein nationaler Sozialismus — das ist ja eine ganz originelle neue Idee! Besonders wenn sie von einem der reichsten Machthaber der Welt kommt.

    Es ist doch prima, wenn demnächst die bitterarmen Hinterbliebenen des sibirischen Kanonenfutters am Luxus teilhaben können — nach dem glorreichen Sieg über die Nazis.

    Nur komisch, warum die Volksbeglückung nicht schon früher geschah. Sind tatsächlich die ukrainischen Nazis schuld daran gewesen, dass die Abermilliarden an Gas- und Ölgeld in Paläste und Superjachten flossen, während die Wehrpflichtigen mit Schrott aus dem Kalten Krieg an die Front geschickt werden?

  7. waldheinz am April 21st, 2022 1:03 am

    Es sei mir erlaubt, den Vergleich mit Jewgeni Chaldej

    https://berlin-fotofestival.de/wp-content/uploads/flaggenhissung-2-mai-1945-reichstag-berlin.jpg

    doch etwas überzogen zu finden.

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