Bitte beflaggen Sie sich! Oder: Mariugrad und die Ökonomie

war ukraine

Die Lage: ist unverändert. Die übliche Verdächtigen hatten vollmundig angekündigt, Mariupol am Wochenende einzunehmen. Das war wie zu erwarten Wunschdenken. Selenskij gibt im Gegenzug Durchhalteparolen bis zum Endsieg aus.

By the way: Dank dem Publikum für den Hinweis auf das Telepolis-Interview mit dem Historiker Grzegorz Rossoliński-Liebe (2015): „“Ohne historische Aufarbeitung bleibt die Ukraine ein Pulverfass“. Man sollte das zur Pflichtlektüre machen. Mehr muss man zur Vorgeschichte der Ukraine und des gegenwärtigen Krieges nicht wissen.

Ich bekenne hier und heute: Mich beeindruckt der Kerl nicht, genau so wenig wie sein Berufskollege Ronald Reagan. Ich werde immer misstrauisch, wenn ich merke, dass es einen nationalen Druck oder gar Zwang gibt, bestimmte Gefühle zeigen zu müssen wie bei der Rede im Bundestag. So etwas tue ich mir aus Prinzip nicht an. Es erinnert mich zu sehr an meine Kindheit: Man musste bei bestimmen Textbausteinen automatisch bestimmte Emotionen haben. Anderenfalls stand man im Verdacht, ein Werkzeug des Bösen zu sein.

„Der geschickte Journalist hat eine Waffe: das Totschweigen. Von dieser Waffe macht er oft genug Gebrauch.“ (Kurt Tucholsky)

Das bedeutet konkret: Falls jetzt die Russen die Guten sein sollten, auch nur zeitweilig, kann das nicht sein, und es darf auch nicht berichtet werden. Alles nur putinistische Propaganda. Für jemanden, der sowohl einen imperialistischen Angriffskrieg als auch den failed state Ukraine ablehnt, ist kein Platz vorgesehen. In Neulateinisch Neudeutsch: Das öffentliche Narrativ erlaubt das nicht. Das ist ungefähr so, als wenn Alexa ein Gerät nicht erkennt, obwohl es da ist. Oder wenn die Ukrainer ein Einkaufszentrum zu einem militärischen Objekt umrubeln umrüsten: Nein, das gibt es doch nicht.

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Ich habe ein wenig herumrecherchiert, wie die Russen sich die Ökonomie vorstellen, nachdem der Eiserne Vorang 2.0 wieder heruntergelassen wurde. Ich bezweifele, dass deutsche Journalisten das können, da die Zensur russischer Medien sicher in Redaktionen nicht umgangen wird, aus technischen und aus inhaltlichen Gründen (ich lasse mich gern eines Besseren belehren, aber ich weiß, wie es dort zugeht).

Der hier schon erwähnte Wassili Kaschin, Leiter des Zentrums für umfassende europäische und internationale Studien an der Higher School of Economics (HSE), hat das analysiert*. (Es gibt auch eine deutsche Übersetzung des russischen Originals von globalaffairs.ru auf einer dubiosen Quelle.)

Infolgedessen wird sich China, das in dieser Krise am Rande steht und zur Zurückhaltung aufruft, als das einzige Zentrum der Weltmacht erweisen, das langfristig von der ukrainischen Katastrophe profitieren wird. (…)
…wird sich die Schockwirkung der Unterbrechung der üblichen Zahlungsmechanismen, Produktionsketten und der Logistik in den kommenden Monaten unweigerlich bemerkbar machen. Die Unternehmen werden neue Wege finden müssen, um Geschäfte zu machen.

Gleichzeitig haben die Parteien bisher erhebliche Anstrengungen unternommen, um eine sichere Infrastruktur für den bilateralen Handel zu schaffen, und diese Bemühungen wurden bis vor kurzem fortgesetzt. Im Jahr 2020 betrug der Anteil des Rubels am bilateralen Handel sieben Prozent, der des Yuan 17 Prozent. Peking ist bestrebt, seine Währung zu internationalisieren, und sie kann für Zahlungen zwischen nicht in China ansässigen Personen verwendet werden.

In Vorbereitung auf einen harten Konflikt mit dem Westen hat Russland den Anteil des Yuan an seinen Gold- und Devisenreserven drastisch erhöht. Einigen Schätzungen zufolge besitzt die Bank von Russland allein chinesische Staatsanleihen im Wert von 140 Milliarden US-Dollar, die in Yuan lauten. Indirekt könnte dies auch darauf hindeuten, dass das derzeitige Volumen der Sanktionen schon seit Langem erwartet wurde. (…)

Sollte sich dieser Trend fortsetzen, würde man erwarten, dass der Anteil Chinas und der EU am russischen Handel Anfang/Mitte der 2030er Jahre in etwa gleich groß sein wird. Angesichts des EU-Embargos gegen russische Importe könnte sich der Prozess der Umorientierung auf China jedoch leicht beschleunigen. China könnte innerhalb der nächsten zwei oder drei Jahren zum wichtigsten Handelspartner Russlands werden. Infolgedessen wäre der Handel Russlands mit seinem neuen wichtigsten Handelspartner vor jeglicher äußeren Einflussnahme geschützt. (…)

Der Aufstieg Chinas zum alleinigen oder wichtigsten Abnehmer einiger russischer Produkte und der Handel in Yuan werden für die russischen Exporteure wahrscheinlich einige Preisverluste bedeuten. Unter den derzeitigen schwierigen Bedingungen können sie jedoch kaum als kritisch angesehen werden. (…)

China könnte ein erhebliches Interesse daran haben, russische Rohstoffexporte zu sich umzuleiten und gleichzeitig in Yuan umzuwandeln. In diesem Fall profitierte Peking nicht nur von zahlreichen politischen und strategischen, sondern auch von enormen wirtschaftlichen Vorteilen. Unter anderem würde Chinas eigener Schutz vor Sanktionen und Blockadeversuchen drastisch wachsen, die Kosten für erworbene Ressourcen sinken und die Rolle des Yuan im Welthandel dramatisch ansteigen (die Internationalisierung des Yuan ist ein wichtiger Bereich der chinesischen Politik).

Die russischen Kapitalisten scheinen sich also ökonomisch durchaus vorbereitet zu haben. Gleichzeitig sehen sie, was auf die zukommt: Die Chinesen werden gewinnen, und Russland hat keine Wahl. Auch die russische Presse (Zusammenfassung auf Englisch) sieht das so.

Der Preis dafür wird sein, dass die von Moskau seit vielen Jahren verfolgte Politik der Diversifizierung seiner Beziehungen zu Asien unterminiert wird. Russland wird gezwungen sein, im Einklang mit Chinas Asienpolitik zu handeln, nicht nur, um die Vereinigten Staaten einzudämmen, sondern auch, um die Verbündeten der USA, allen voran Japan, zu konfrontieren…..“

Man kann das mit einer unverdächtigen „westlichen“ Expertise konfrontieren, die zum dem Schluss kommt, dass Russland auf jeden Fall gewinnen wird. Der US-amerikanische Kapitalist Andy Schectman meint auf QTR’s Fringe Finance, der Krieg sei gleichzeitig das Ende des Dollars als Leitwährung:

The United States has militarized the dollar by restricting its use by countries the administration wishes to punish, such as Iran and Russia. A reserve currency is supposed to be available to everyone, not just the nations we choose.

This is the death knell to the dollar. Countries around the globe are coming to realize that the U.S. cannot be trusted and that anyone can be locked out of the swift system at a whim. China and Russia hold the most gold in the world, after the U.S., but that is if you believe that we still actually have the 8,000+ tonnes at Fort Knox and that our gold is not incumbered – pledged to other countries – and that is a big “if.”

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* Wer das nicht sehen kann und keine Lust hat, zu technischen Lösungen zu greifen, die Zensur zu umgehen:
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