Geschaltet und gleich

katjuscha
Deutsche Medien bei der Berichterstattung über Russland und China (Symbolbild), Credits: RIA Novosti

„Ich bedauere, dass Sie Informationen bezweifeln, über die die US-Regierung verfügt.“ (Ned Price, „United States government official“)

Nein, niemand hat die Absicht, die deutschen Qualitätsmedien als „gleichgeschaltet“ zu bezeichnen. Um das umzusetzen, brauchte es einen Masterplan und Institutionen, die so viel Druck aufbauen könnten. Beides gibt es nicht. Nur der Profit zählt im Kapitalismus, und letztlich ist der opportunistisch.

Man fragt sich daher um so mehr, woher es kommt, dass einem beim sporadischen medialen Konsum eine dicke und trübe Propaganda-Suppe entgegenquillt und warum fast die gesamte Journaille ähnliches dummes Zeug fabriziert, das einem Fakten-Check nicht standhält, wie man bei den abgenudelten Themen „Ukraine“ und „Uiguren“ leicht beweisen kann. Bonusse (nein, nicht Boni – ich habe nachgesehen!): Dalai Lama, VVN. Ich nenne das im schönsten Bürokratendeutsch „freiwillige Selbstkontrolle“ (aka Opportunismus und Feigheit), ein Begriff, der eh ein Oxymoron ist, aber die Absurdität trefflich zeigt. Ich will ja nicht gleich mit dem „Klassenstandpunkt“ deutscher Journalisten ins Haus fallen. Dann hörte ja niemand mehr zu.

Audiatur et altera pars (Christian Y. Schmidt, der in Peking lebt): „Natürlich wurde die Uigurin Dinigeer Yilamujiang nicht zufällig als letzte Fackelträgerin der Winterspiele in Peking ausgewählt. Sie wurde genommen, um der ganzen Welt zu zeigen, dass die Behauptung, an den Uiguren in Xinjiang fände ein Genozid statt, eine schlichte Propagandalüge ist, die dazu dient, China in der Welt zu isolieren und dem aufstrebenden Land möglichst stark ökonomisch zu schaden. Um so mehr wird in den nächsten Tagen das Propagandageheule gegen China zunehmen. Ganz sicher wird dabei gebetsmühlenartig wiederholt werden, Dinigeer Yilamujiang sei instrumentalisiert worden. Selbstverständlich wurde sie das, und zwar, um eine Botschaft der Versöhnung zu verbreiten und das Bild eines Chinas, in dem jede der 56 Ethnien eine gute Zukunft hat. Diese Instrumentalisierung ist zu begrüßen.“

By the way: Warum gibt es bei den muslimischen Salar in China keine islamistischen Terroristen wie bei den Uiguren? (Lesen: Das Gutachten von Prof. Norman Paech)

Und noch einmal Christian Y. Schmidt: „Ich hatte neulich schon darauf hingewiesen, dass die Zahl der Uiguren, die angeblich in Umerziehungslagern in Xinjiang festgehalten werden, in letzter Zeit auf magische Art und Weise geschrumpft ist. Wurde vor zwei bis drei Jahren von den westlichen Medien noch gern gemeldet, dass drei Millionen Uiguren in Lagern stecken würden, wahlweise aber auch eine Million bzw. anderthalb Millionen, heißt es in letzter Zeit immer öfter, es seien Hunderttausende. Jetzt wird bei DER SPIEGEL daraus „viele Tausende“, was zumindest gefühlt noch einmal deutlich weniger ist als „Hunderttausende“.

Diese Entwicklung zeigt klar und deutlich, dass die westlichen Medien über die Zahl der Internierten in Xinjiang rein gar nichts wissen, sondern sie einfach ins Blaue hinein erfinden. Ganz sicher aber weiß man, dass das, was in Xinjiang passiert – wo die Behörden keine Menschen töten – ein Genozid ist. Dagegen haben die Massaker, die westliche Bomber unter den Zivilbevölkerungen des Irak, Libyens, Syriens und Afghanistans angerichtet haben, für die westlichen Medien nie etwas Genozidales. Sie sind immer bloß ein Versehen.“

Audiatur et altera pars, Russland, Gas. Es gibt da noch die Power of Siberia, eine Gasleitung vom Baikalsee in die VR China. Nord Stream 2 ist dagegen Peanuts. Russland könnte auch auf den westeuropäischen Markt verzichten. Dann würde das Gas noch teurer, China stünde im Wettbewerb noch besser. Nennt man „sich ins eigene Bein schießen“ und gilt beim Militär als Selbstverstümmelung.

Es ist wie bei Esoterikern: rationale Argumentation hilft nicht.

dietrich antifachistin




Einstürzende Altbäume, reloaded

ncm e-bike

Überraschung! Nachdem ich heute mit Mühe mein NCM-Moscow-E-Bike unter dem umgestürzten Baum hervorgezerrt hatte (und auch noch das Fahrrad meine Opas), stelle ich überrascht fest, dass der Hinterreifen, der gestern völlig demoliert aussah, sich wie durch ein Wunder wieder auf die Felge geschmiegt hatte. Respekt vor den Konstrukteuren – das Ding scheint ja ziemlich zäh zu sein. Noch nicht mal Luft hatte der Reifen verloren. (Das sind nicht die Originale, sondern so genannte unplattbare von Schwalbe).

Um für die Zukunft gerüstet zu sein, lustkaufte ich bei der Großbourgeoisie (dahin gehen auch die Links) eine Astsäge und, für hartnäckige Fälle, eine Survival-Axt. Man kann nie wissen, ob einem der Himmel nicht ein Baum beinahe auf den Kopf fällt.




Einstürzende Altbäume

baumbaumbaumbaum

Heute wollte ich mit meinem Roller einkaufen. Die Vorsehung hatte es aber so gewollt, dass eine riesige Weide im Hof umgestürzt war, direkt auf den Niu und mein E-Bike. Der Rest, der da herumliegt, ist eh Müll – und den Autowracks macht das auch nichts. Meine Nachbarn Jurek und Hassan und ich haben über Stunden mit Sägen, dann mit einer Kettensäge die Hälfte des Baums zerlegt, dass ich den Roller wieder ausbuddeln konnte. Nur eine kleine Delle. Wäre der Baum nur ein wenig anders gefallen, hätte er mir das Lenkrad zerlegt und das Gerät wäre hin gewesen. Beim E-Bike hat es nur das Hinterrad erwischt.

Der Baum hätte auch gestern Abend umfallen können, als ich direkt darunter stand. Danke, Merkel.




In den Warenkorb

burkhard schröder

Machen Sie mal eine typische Handbewegung, Herr Schröder! Was könnte ich gesagt haben? Das Reich der Freiheit kommt auch nicht mit stufenweiser Verbesserung von Gefängnisbetten? Oder: Der Kapitalismus ist ungesund – sogar für Kapitalisten. Oder: Gehe in dich, das ist leicht gesagt. Doch es zu tun, ist schon deshalb schwerer, weil da wenig Auslauf ist. Oder: Altwerden bezeichnet also nicht nur eine wünschenswerte Zeitstrecke, auf der möglichst viel erlebt worden ist, möglichst viel in seinem Ausgang erfahren werden kann. Altwerden kann auch ein Wunschbild dem Zustand nach bezeichnen: das Wunschbild des Überblicks, gegebenenfalls Ernte. Oder: Die Menschen haben keinen aufrechten Gang, wenn das gesellschaftliche Leben noch schiefliegt. Oder: Wer sind wir? Wo kommen wir her? Wohin gehen wir? Was erwarten wir? Was erwartet uns? Oder: Woher stammt nur der Aberglaube, daß die Wahrheit sich selber Bahn breche? (Nein, alles nicht von mir.)




Hier ist kein Wartebereich, revisited

warteraum

Aus einem meiner Schreiben an die Polizei aus dem Jahr 2015:

(…) Ich habe die dem Herrn B. vorgeworfenen Tat „Sachbeschädigung Schrankenautomat“ nicht selbst gesehen, sondern nur gehört.

Herr B. kam ca. 2 Uhr [nachts] in den leeren Warteraum der Rettungsstelle im Vivantes Klinikum am Urban. Er kaufte dort am Automaten ein Getränk. Ich habe ihn beobachtet, aber zunächst gewähren lassen. Er begann aber, seinen Rucksack auszupacken und Müll auf den Bänken und dem Fußboden herumzustreuen. Daraufhin habe ich ihm erklärt, dass der Warteraum nur für Patienten und deren Angehörige sei und er die Rettungsstelle zu verlassen habe. Herr B. wurde verbal aggressiv, verließ aber dann doch den Warteraum unter lautem Schimpfen.

An der Doppeltür nach draußen drehte er sich um und warf seinen Rucksack nach mir, traf mich aber nicht. Der Inhalt – u.a. Papierschnipsel und leere Dosen – breitete sich dabei großflächig auf dem Boden aus. Einige Schwestern waren durch den Lärm aufmerksam geworden und kamen aus der Rettungsstelle. Ich kann mich aber nur noch an den Namen einer erinnern. Als eine der Schwester eine leere Erdnussdose des Herrn B. aufheben wollte, stürzte der in aggressiver Weise auf sie zu. Ich habe eingegriffen und ihn auf den Boden geworfen, um zu verhindern, dass er sie angriff.

Herr B. sammelte dann seine Sachen wieder ein, ich habe währenddessen den Kollegen Sebastian P., der Streife lief, per Diensttelefon zur Unterstützung geholt. Wir haben Herrn B. zu verstehen gegeben, dass er die Rettungsstelle zu verlassen habe, was auch geschah. Der Kollege und ich haben uns vor der Eingangstür draußen aufgehalten, um sicher zu sein, dass Herr B. auch wirklich ging.

Nur kurze Zeit später hörten wir laute Geräusche auf dem Parkplatz, konnten aber nichts sehen. Es hörte sich metallisch an, als wenn jemand auf ein Auto einschlüge. Wir sind sofort auf den Parkplatz gerannt. Kollege P. verlor dabei noch sein Diensttelefon, was ich einsammelte. Auf dem Parkplatz haben wir niemanden mehr angetroffen. Wir sahen aber, dass die Sprecheinrichtung des Schrankenautomats demoliert war. Teile davon hingen herunter oder lagen auf dem Boden.

Ich bin die Dieffenbachstrasse in Richtung Grimmstraße gelaufen, der Kollege P. in Richtung Planufer. Ich habe noch gerufen, dass ich Herrn B. nicht sähe. Den Kollegen habe ich, als ich wieder zurückging, auch nicht mehr gesehen, ich hatte aber noch sein Diensttelefon. Das habe ich beim Pförtner abgegeben.

Kurz nachdem ich wieder in der Rettungsstelle war, erhielt ich einen Anruf aus der Pforte, dass der Kollege den Herrn B. aufgegriffen habe, dass dieser aber in den Kanal gesprungen war, und dass ich eine Decke bringen solle, was ich auch tat.




Talking devices

discord

Gestern unterhielt ich mich mit einer Frau in den USA per Discord (Screenshot), sie hat einen eigenen Server. Vor ein paar Tagen haben ich mit jemanden geskypt, der irgendwo in Kalifornien sitzt und eine Art Werwolf-Avatar spielt, den ich für einen bestimmten Plot in Second Life brauchte.

Gestern Abend bekam ich eine Kurznachricht über Telegram, wo mein Whisky war, den ich per Großbourgeoisie bestellt hatte. Mein Neffe schickte mir per Signal ein Update des Gesundheitsstatus meines Großneffen. Ein Freund sendete mir eine old schoolSMS auf mein Handy. Ich bekam rund 20 E-Mails (Spam rausgerechnet), eine davon verschlüsselt. Jemand versuchte mich per Messenger von Facebook zu erreichen – das ignoriere ich sowieso. Eine Ex-Loverin schrieb mir etwas Nettes per WhatsApp. Gestern machte ich eine Videokonferenz per BigBlueButton (ich habe einen eigenen Server) mit einer Kollegin, die eine Reportage über mich schreiben will.

Mir fiel auf, dass ich mIRC oder XChat schon ewig nicht mehr benutzt habe. Ich hatte übrigens vor Jahren versucht, spaßeshalber eine Mailbox auf meinem Linux-Rechner zu installieren, bin aber kläglich gescheitert. (Ruft da jemand im Hintergrund: DFÜ? Oder Usenet? Oder gar ICQ?)

Wait a minute. Das wird jetzt unübersichtlich. Was ist, wenn ich Avatar online spielte und mit Mitspielern chattete, dass ich Feuerschutz brauchte? Oder wenn ein Avatar (adult!) in Second Life eine meiner drei Kaiilas anspräche, die auf meinen Sims herumstehen, um den Traffic zu erhöhen? Die virtuellen Tierchen bzw. Avatare sind permanent per Textviewer online und und könnten antworten.

Das sind schon ein Dutzend Optionen, mit mir zu kommunizieren. Kann man das alles überwachen? Kann man, ist aber technisch aufwändig und geht nicht wirklich vollständig. Telegram abhören? Wer schickt Vertrauliches über Telegram?

Aber gar Signal? Da lachen ja die Hühnerinnen. Vielleicht sollte ich noch aus Trotz WeChat installieren. Und ob zum Beispiel Linden Lab so einfach Nutzerdaten und Chat-Logs herausgäbe, wage ich zu bezweifeln. Die können natürlich alles sehen und lesen. Kalifornisches Recht ist aber nicht deutsches Recht.

Beim IRC-Chat hingegen sehe ich für die üblichen Verdächtigen eher schwarz. Ist Internet Relay Chat in China erlaubt? Wie zensieren die da? Ich sage nur: #Shanghai DALnet! Aber wer nutzt das schon! Die Nachgeborenen müssen eh erst Google bemühen.

Ich kommuniziere eher altertümlich – per verschlüsselter E-Mail. Da verrät man, wer mit wem, aber nicht was. Oder ich richte einem Informanten eine eigene E-Mail-Adresse bei mir selbst an, und er muss dann nur Entwürfe schreiben, die ich dann lese. Dazu müsste ich einem Informanten natürlich trauen, und ich vertraue niemandem, außer sehr wenigen Leuten, die ich an zwei Händen abzählen kann.

Oh, ich habe heute auch schon mit meiner Chefin und einem Ingenieur hier geredet. Als ich aus dem Haus ging, schaut ich in meinen Briefkasten und war erfreut, dass keine Post von Anwälten darin war. Telefoniert habe ich auch schon. By the way: Attraktive Damen lade ich zu Waldspaziergängen ein, falls sie mir etwas Vertrauliches mitzuteilen haben und nicht in meine Wohnung kommen wollen, weil sie hier mitlesen.




Check:

health check

Versehentlich 11 Stunden und 41 Minuten geschlafen. Behauptet meine Uhr. Prostata normal. Offenbar immer noch kein Corona.




Aussterbende Kulturtechniken

silberbesteck

„Um das regelmäßige Reinigen des Silberbestecks zu umgehen, kannst du es zu einem guten Preis im Internet verkaufen.“ Ach ja? Die zahlen pro Kilo.

Ich habe die Teilchen gerade für’n Appel und ’n ei in der Nachbarschaft erworben. Ich finde es auch interessant zu wissen, wie man so was pflegt und aufbewahrt. Ich habe gesehen, dass in einer Schublade meiner Mutter auf dem Tafelsilber ein Stück Kreide liegt. Das alles gehört eindeutig in die Rubrik „aussterbendes Wissen“ wie das Einkochen, das gute Kochen insgesamt, das Schuhputzen, das Flicken von Fahrradreifen, das Strümpfe stopfen.




Schnitzel mit Wiener Sauce et al

wiener schnitzel

Frau Oberin, bitte ein klimaschädliches Wiener Schnitzel mit Zigeunersauce!

Jetzt ist aber gut. Sonst wird dieses Blog noch als „unseriös“ deklariert. Wir wissen, wie die Qualitätsmedien darauf reagieren: Sie würden dieses Blog sozial ächten, indem sie es nie zitieren oder erwähnen (Ausnahme: der Lünschermannsweg wäre das Thema). Was war noch gleich das Thema heute?

Whoopi Goldberg hat zuviel Veganes gegessen? Nein, daran kann es nicht liegen. Der Holocaust war eine Sache „zwischen Weißen“? WTF? Natürlich rudert sie jetzt zurück. Ist ihr eben nur so rausgerutscht. Jemand schreibt auf Fratzenbuch: „Why was Whoopi Goldberg wearing a Palestinian scarf with an American flag pattern? Is she trying to make some pro-Palestinian statement or an anti-American one or an anti-Israel/Jewish one or what?“ Ach, das ist schon zehn Jahre her. Dieses Internet verwirrt einen.

Vielleicht übe ich mich auch nur in kalkulierter Aufmerksamkeitsökonomie? Stefan Niggemeier: Und als Leser kann man sich natürlich fragen: Warum lese ich das dann?




Gebt Laut gegen Seufzer der bedrängten Kreatur!

„Muslimische Lehrerinnen, die kein Kopftuch tragen, werden von manchen Jungen nicht akzeptiert; Eltern halten ihre Kinder vom Sexualkundeunterricht fern, muslimische Schülerinnen werden wegen freizügiger Kleidung angegangen; Schüler wollen Israel aus dem Atlas herausschneiden; radikale Moscheen gewinnen an Einfluss und Aleviten verleugnen sich aus Angst vor Sunniten und Schiiten. Vieles davon bestätigt die Berichte der vergangenen Jahre.“ (Tagesspiegel, Paywall)

Was sagen die Grüninnen und die Linkinnen dazu? Nichts? Quod erat demonstrandum.