Donbasskaja operazija

donezbecken operation

Vielleicht nutzen die Russen noch die alten Karten aus der Donbasskaja operazija. Übrigens: Machiavelli würde behaupten, dass Putin Biden schon in Genf gesagt hat, was er machen werde. Interessant ist die Sprachregelung Chinas: „Das chinesische Außenministerium ruft alle Seiten zur Zurückhaltung auf. Es handele sich nicht um eine russische Invasion, wie dies teilweise beschrieben werde. Die berechtigten Sicherheitsinteressen aller Seiten würden respektiert, heißt es weiter. Man verfolge die Entwicklung in der Ukraine sehr aufmerksam. (Reuters)“ Offenbar wissen auch die Israelis Bescheid. Und auch die herrschende Klasse der Ukraine.

Ich halte die russischen Oligarchen mit Putin an der Spitze nicht für „irre“, sondern für kühl kalkulierend. Wüssten die nicht, was sie tun, hätten sie vielleicht behauptet, sie wollten Transnistrien heim ins Reich holen. Was könnte das Ziel sein? Die Ukraine komplett militärisch zu erobern, wäre unsinnig. Vermutlich spekulieren die Russen darauf, dass das Regime in Kiew zusammenbrechen wird, und haben schon eine Marionetten-Regierung in petto.

Foreign Affairs schätzt das rational und meines Erachtens auch realistisch ein (Zusammenfassung bei Watson):

Die Nato wird ihre Glaubwürdigkeit verspielen. «Jede Vorstellung, sie könnte weiterhin Frieden für den Kontinent garantieren, wird zu einem Artefakt aus längst vergangenen Zeiten», so Fix/Kimmage.

Die USA und Europa würden sich in einem permanenten Wirtschaftskrieg mit Russland befinden.

Vergleiche mit dem Kalten Krieg werden hinfällig. «Im Gegenteil, eine russische Besetzung der Ukraine würde eine weite Zone von Destabilisierung und Unsicherheit eröffnen, welche von Estland und Polen bis zur Türkei und Rumänien reicht», so Fix/Kimmage.

Deutschlands Stellung in Europa würde massiv geschwächt. «Weil sie über eine stärkere Militärmacht verfügen, würden Frankreich und Grossbritannien das Zepter in Europa in die Hand nehmen», so Fix/Kimmage.
Östliche Staaten wie Estland, Lettland, Litauen, Polen und Rumänien müssten deutlich mehr Nato-Truppen auf ihrem Boden dulden.

Millionen von Menschen würden aus der Ukraine fliehen. In den nicht sofort besiegten Teilen des Landes würde ein blutiger Guerillakrieg ausbrechen.

Die Flüchtlingswelle würde den rechtsextremen Populisten in ganz Europa Aufwind verschaffen. Putin würde dies zu seinem Vorteil ausnutzen.

Die USA müssten ihre geopolitische Strategie neu überdenken. Eigentlich wollte sich die Biden-Regierung darauf einstellen, China in Schach zu halten. «Ein Erfolg von Russland in der Ukraine würde bedeuten, dass sich die USA wieder Europa zuwenden müssten», so Fix/Kimmage.

Das mit der Flüchtlingswelle sehe ich nicht so, zumal weder die Russen noch die Ukrainer gern gegeneinander Krieg führen wollen. Das lässt sich dem Volk nicht verkaufen. Außer den zahlreichen Nazis in der Ukraine wird kaum jemand einen Guerillakrieg führen wollen.

Es ist aus anthropologischer Sicht immer interessant, der deutschen Volksseele online beim Kochen zuzuschauen: Wer die journalistische Maxime „audiatur et altera pars“ beherzigt, ist automatisch ein „russischer Troll“. Dabei weiß man: Die Wahrheit ist jetzt schon gestorben, und Sieger wird es nicht geben.

Für die Medien gilt: Wer jetzt nicht gegen Putin ist, wird aus der Volksgemeinschaft ausgestoßen.

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Kommentare

13 Kommentare zu “Donbasskaja operazija”

  1. flurdab am Februar 24th, 2022 10:17 am

    Das wird ein Spaß den „deutschen“ Medien dabei zu zuschauen wie sie die Nichtvereidigung der Ukrainer umzudeuten.

  2. ... der Trittbrettschreiber am Februar 24th, 2022 10:26 am

    „audiatur et altera pars“

    Orden, Verdienstkreuze, Titel und der Gebrauch von peinlichen „Fremdworten“, vornehmlich aus toten Sprachen entliehen, war schon immer ein Zeichen für tiefe Selbstwertkrisen, die es zu kompensieren und zu verschleiern galt.
    Heute haben diese ranzigen Aufwertungstechniken nicht einmal mehr einen Blendungserfolg sondern müffeln eher wie ein in die Miele-Waschmaschine geworfenes Korsett, dessen Altduft billigsten Parfüms von letzter Woche endlich den Tensiden von Persil und dem hochfrequenten Schleudergang zugeführt wird – beidseitig, wohlbemerkt.

    Wie könnte auf z.B. altgriechisch formuliert werden, dass der Beriff „Solidarität“ heute nichts anderes als mitleidige Anteilnahme bedeutet?

  3. Die Anmerkung am Februar 24th, 2022 10:37 am

    Ich bin von Putins Lösung nicht überrascht und auf seiner Seite. Krieg ist immer eine politische Option. Immer.

    Ich halte es mit Lenin und seinem Militärprogramm der proletarischen Revolution.

    https://www.marxists.org/deutsch/archiv/lenin/1916/10/militaer.htm

    „Das grundlegende Argument besteht darin, die Forderung der Entwaffnung sei der klarste, entschiedenste, konsequenteste Ausdruck des Kampfes gegen jeden Militarismus und gegen jeden Krieg.

    In diesem grundlegenden Argument besteht eben der Grundirrtum der Entwaffnungsanhänger. Die Sozialisten können nicht gegen jeden Krieg sein, ohne aufzuhören, Sozialisten zu sein.“

    Ich weiß schon lange, was ich von Linken zu halten habe. Nun erst recht.

  4. BEX am Februar 24th, 2022 10:51 am

    Dass die Nato ihre Glaubwürdigkeit verspielen würde sehe ich nicht. Alle Nato Mitglieder vom Baltikum bis nach Rumänien sind doch jetzt noch mehr als vorher davon überzeugt, dass ihre Mitgliedschaft von Vorteil ist. Sogar in Finnland überlegt man beizutreten.

  5. Wolf-Dieter Busch am Februar 24th, 2022 12:31 pm

    @Trittbrettschreiber am Februar 24th, 2022 10:26 am

    „audiatur et altera pars“

    (…) Gebrauch von peinlichen „Fremdworten“, vornehmlich aus toten Sprachen entliehen, war schon immer ein Zeichen für tiefe Selbstwertkrisen (…)

    Nö. Der Spruch ist Journalistischer Grundsatz. Burks ist Profi.

  6. Frank Beil am Februar 24th, 2022 1:13 pm

    Ich würde gerne wissen, wo man jetzt halbwegs neutrale Infos und Bilder/Videos findet?
    Ich weiß, Google ist mein Freund, aber vielleicht gibt es einige vertrauenswürdige Seiten, die den Konflikt auch historisch einordnen können.
    Vielen Dank!

  7. Juri Nello am Februar 24th, 2022 1:40 pm

    Yandex hat meines Wissens einen eigenen Kartendienst inne. Man ist also nicht auf die gezielte Desinformation der Amerikaner angewiesen.

    Die Nato hatte schon 1990 ihre Glaubwürdigkeit komplett verspielt. Hier gilt der Leitsatz: „Ist der Ruf erst ruiniert, tötet es sich völlig ungeniert!“

    Seit über 8 Jahren stehen sich in der östlichen Ukraine ultranationalistische Freischärler gegenüber. Die Söldner sind die Einzigen, die man da nicht dazu rechnen kann. Diese wechseln auch gerne mal die Front, wenn auf der anderen Seite gerade mehr bezahlt wird.

    Das war allerdings den Medien und Europa weitestgehend egal. Kein Wunder, dass die Russen das anders sehen.

    Wir erinnern uns noch an den Handschlag unseres wiedergewählten Bundesgrüßaugusts mit dem Obermotz der Banderaschergen.
    Dorthin geht übrigens der größte Batzen der inzwischen 4,5 Milliarden €. Dieser Etat wird dann künftig den innerdeutschen Sozialprojekten fehlen.

  8. Godwin am Februar 24th, 2022 2:16 pm

    interessanter Beitrag – so etwas suchte ich dieser Tage

    Die Frage die mir bliebe, wäre:
    was vespricht sich Putin davon?

    m.E. ist China der lachende Dritte.
    BEX sein Einwurf ist auch nicht außer Acht zu lassen.
    Nordstream 2 gegen den Willen der Amis durchzusetzen, hätte ihm definitiv mehr gebracht (meine Meinung).

    Interessant wäre, inwiefern die Ukraine quasi an die Russen verraten und verkauft wurde.
    Kann mit keiner erzählen, dass es da nicht im Vorfeld klare Absprachen gab.
    Wenn das Gefasel vom Zusammenhalt des Westens auch nur halbwegs die Bytes wert wären, die ihre Darstellung auf den Bildschirmen braucht, dann hätte Putin nix riskiert.
    Da ist olle Kitschko wohl das Bauernopfer

  9. ... der Trittbrettschreiber am Februar 24th, 2022 3:30 pm

    @WDB

    Stimmt, Burks ist Profi. Tu quoque, mi magister?

    … bin im Bunker – я исследую.

  10. Godwin am Februar 24th, 2022 9:18 pm

    Mit Wag the Dog in Mind stellt sich die Frage, ob der Krieg tatsächlich stattfindet oder nur in ein paar Studios inszeniert wird.
    Mittlerweile könnte man auch an die Metaverse-Version von Civilization glauben. Was ist schon noch Realität? Der pöse NPC greift an, weil wir den Tribut verweigert haben.
    Die Empörungsenthusiasten mögen verzeihen – aber was weiß der Rest der Welt schon von der Ukraine?
    Ein fehlerhaft programmiertes Gímmick im Gegensatz zu Slartibartfasts Fjorden…

    „Wir können nur stillschweigend akzeptieren, dass Russland gerade Fakten schafft.“
    Ach ja?

    Welche Aktien gehen nach oben?

  11. Mitleser am Februar 25th, 2022 7:30 am
  12. admin am Februar 25th, 2022 10:35 am

    Godwin: „Die massiven westlichen Sanktionen könnten Russland China in die Arme treiben – ein Verhältnis, in dem Peking der weit mächtigere Akteur als Moskau ist. Dann würde Putins Versuch, Russland wieder als eigenständige Weltmacht zu positionieren, scheitern, weil er ökonomisch völlig abhängig von China wäre.“
    https://plus.tagesspiegel.de/politik/herfried-munkler-die-nato-hat-putin-freie-hand-gegeben-404920.html (Paywall)

  13. Wolf-Dieter Busch am Februar 27th, 2022 12:57 pm

    @Trittbrettschreiber am Februar 24th, 2022 3:30 pm

    Stimmt, Burks ist Profi. Tu quoque, mi magister?

    Die Frage verlangt ehrliche Antwort. Ja, ich bin auch Profi. Aber nicht im Fachbereich von Burks.

    Meine Schreibe ist zwar brauchbar, aber ich habe nicht gelernt, zu recherchieren. Irgendwo hab ich gelesen, zur Ausbildung des Journalisten gehört, anhand von Fotos die Zahl der Demonstranten zu schätzen. Burks dürfte das bekannt vorkommen. Mir auch: seit ich davon weiß. Vorgestern.

    Ja, ich bin Profi – in meinem Fach. Typografie. Außerdem war ich zu Berufszeiten Gewerkschaftler – in unserer Firma hab ich die das monatliche Gewerkschaftsblatt „Inform“ technisch, layouterisch und übrigens auch redaktionell betreut: ich sorgte für die monatliche Glosse. Zu Glosse brauchts ordentlich Sackbehaarung.

    Schlusssatz. An anderer Stelle erwähnte ich, Ex-Linker zu sein, mit Betonung auf das Ex. Erlaube mir, das mit meiner Eigenschaft als Gewerkschaftler zu vereinbaren:

    Als ich bei der Vertrauensleute-Sitzung im Zoff mit Kollege Manfred XXX fragte, was dieser in der Gewerkschaft noch zu suchen habe, und dieser rückfragte, warum ich dabei denn nun sei, gab ich zur Antwort:

    Zur Sicherung meines Besitzstandes.

    Wessen Interessen ich vertrete? Meine natürlich. Deine auch, wenns meinen Interessen dienlich ist. Solidarität, wissenschon.

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