Oh Charlotte!

Charlotte von Mahlsdorf, der bekannteste Ostberliner Iransvestit, spielte in »Coming Out« eine Bardame. Ich habe Charlotte Ende der neunziger Jahre in Schweden besucht, wohin sie geflohen war, weil ihr Mahlsdorf zu reaktionär wurde. Zumindest hat sie das damals allen erzählt. Sie saß mitten in der schwedischen Einöde in einem Riesenhaus in den endlosen Wäldern, verlassen von allen guten Geistern, sie trug eine Kittelschürze und hat mir aus ihrem Leben erzählt, das sie sich, wie ich wenig später herausfinden sollte, zu großen Teilen ausgedacht hatte. Eine Räuberpistole mit Schurken und Helden, Nazis und Neonazis. Sie hat ein Bundesverdienstkreuz für dieses ausgedachte Leben bekommen, weil niemand wagte, ihr zu widersprechen, einem Opfer von stalinistischem und rechtsradikalem, von deurschem Terror. Am Ende stellte sich heraus, dass sie, als Lothar Bergfelde, für die Stasi gearbeitet hatte.“ (Aus Alexander Osang: Fast hell)

Manchmal hat der Opferstatus Vorteile.