Havelberg, revisited

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Die gute Nachricht: Zwischen Brandenburg und Sachsen-Anhalt gibt es keine Grenzkontrollen. Die Anreise nach Havelberg geschieht per Bahn von Berlin aus und dann per Bus; wir wurden aber abgeholt.

Das hier ist die Pampa-Ost-Nordwest: Auf der Insel mit der Altstadt wohnen nur noch 480 Leute und ein paar Tausend drumherum. Die Kleinbourgeoisie ist am Gesäß. Nur der Tourismus lohnt sich, aber dazu muss man auch die nötige Mentalität entwickeln, also Cafés nicht schon um 17.30 Uhr schließen, wenn Kaiserwetter ist.

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Unter Männern, die sich seit den 80-er Jahren kennen, kann man stundenlang quatschen, im verwilderten naturbelassenen Garten, über alte und neue Zeiten. So geschah es. Das Haus ist mittlerweile schon wohnlicher. Es geht voran. Alles in Eigenregie, nur ab und zu muss ein professioneller Handwerker ran: ungarische Ofensetzer, afghanische Dachdecker und verrentete Ossis.

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Alles wird hier entschleunigt. Aber in der Altstadt düsen Rentnerehepaare mit und ohne E-Bikes umher, die sich, falls sie sich setzen, untereinander über den Hauskauf in Stuttgart unterhalten. Eine Attitude scheint durch, die mich, falls ich mit ihnen geredet hätte, als ich Kuchen aß, dazu veranlasst hätte, sie an einen bekannten und unterhaltsam schreibenden couponschneidenden Blogger weiterzureichen.

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Ab und zu rasen auch Gruppen von Motorradfahrern über das Kopfsteinpflaster, eine Klientel, die selten an Kunstgalerien, von denen es hier nur so wimmelt, anhält.

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Der Holzbalken ist aus dem 17. Jahrhundert. Die Keller sind hier älter als die Häuser, die aus der Gründerzeit stammen. Daher findet man noch Holz, das vermutlich den 30-jährigen Krieg gesehen hat.

Für die „Linke“ fand ich einen Satz von Fontane über den „gemeinen Mann“ und dessen Sprache man sprechen müsse. Deal with it.

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Kommentare

4 Kommentare zu “Havelberg, revisited”

  1. jens graumann am August 15th, 2021 7:16 am

    … „unterhaltsam schreibenden couponschneidenden Blogger …“

    Herrlich — schönes Wortbild.

    Gruß
    Jens

  2. tom am August 15th, 2021 9:35 am

    Wenn ich aufgrund obiger Formulierung vermutete, „Ossi“ sei ein Beruf wie z. B. Dachdecker, läge ich wohl falsch.
    Entschleunigen erhält aber sicher in der Kategorie DdG maximale Punktzahl.
    Sollten Deine geneigten Leser /:+*’€¿ das beschriebene Haus kennen? Dem Link folgend fand ich nur zwei ältere Bilder und freue mich schon auf Berichte zum Fortschritt. Poco a poco!

  3. Geldgeiler am August 17th, 2021 11:14 am

    Unter Männern, die sich seit den 80-er Jahren kennen, kann man stundenlang quatschen

    Das war ein Treffen alter Maoisten, richtig?

  4. admin am August 19th, 2021 2:01 pm

    @Geldgeiler Nein, Maoisten war früher. Wir waren bei den Autonomen im weiteren Sinn und Hausbesetzern, also 80-er. Heinz besitzt allerdings noch eine Stalin-Ausgabe.

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