Amaru Mayu – am Fluss der heiligen Schlange

chivé

Dschungelcamp Mitten im Dschungel am Gesäß der Welt ist es nie langweilig, zumal mal den ganzen Tag damit zubringt zu organisieren, wie man da wieder weg kommt. So erging es mir oft. Am Rio Madre de Dios in Bolivien, genauer gesagt: im winzigen Weiler Chivé hatten wir alles erlebt, was es zu erleben gab und warteten tagelang auf ein Schiff, das uns weiter nach Peru und nach Puerto Maldonado bringen sollte. Es war nicht klar, ob nur ungefähr jede Woche eines kommen würde oder noch seltener. Wir hatten auch schon alles gegessen, was es gab – eigentlich nur jeden Tag „chancho y su arroz“ bei einer Dame, die sich ein Zubrot verdiente, uns zu beköstigen. Irgendwann hing uns auch das fette Schwein zu den Ohren raus.

PandoDann aber traf das Unerwartete ein – und wurde wahrhaftig langweilig. Da entstand das Foto – meine damalige Freundin baute am Ufer aus lauter Verzweiflung eine Art Fächer. (Ich musste das Foto bearbeiten, weil es schon ziemlich demoliert war.)

Aus meinem Reisetagebuch, 23. Juni 1984:
Ich sitze auf einem Baum hoch über dem Rio Madre de Dios, immer noch oder schon wieder in der Hoffnung, dass das Schiff der empresa heute oder morgen – wie man sagte – zurückkehrt und uns nach Puerto Maldonado transportiert. Es ist Nachmittag, und fast alles ist still. Der Fluss fließt träge dahin, viele und große Wasserkringel und Blasen werfend. Abgerissene Musikfetzen dringen bis hierher. Ein leichtes Brummen – irgendein Flugzeug oder etwa ein barco? Im Wald gegenüber rührt sich nichts, nur ab und zu ein Vogelzwitschern.

Wir haben unser „Urwaldabenteuer“ hinter uns – ein schöner Abschluss [vgl. Der Kautschuksmamler, revisited, 04.04.2011]. (…) Die Leute kaufen das Land auf Kredit und müssen ca. fünf Jahre arbeiten, inklusive [Sammeln von] goma. Andere, die angheblich „faul“ seien, sind so verschuldet, dass sie nur in der Lagerhalle [für Paranüsse] wohnen müssen und wie Sklaven für alle Ewigkeit an das empresa gekettet sind: Wenn sie kein eigenes Haus haben, müssen sie für teures Geld im Laden der empresa Lebensmittel kaufen und die anschreiben lassen. Vermutlich gibt es beim Nüsse einsacken und Säcke schleppen keine hohen Entgelte.

Die ganze Gegend gehört angeblich einem Multimillionär, obwohl einige particulares auf ihre Unabhängigkeit pochen, wie der Freund unseres Arturo [der Kautschuksammler]. Der schleppte einen Sack mit Reis durch den nächtlichen Dschungel, und wir schenkten ihm einen Riemen der Marke Globetrotterausrüstung Bannat, was ihn erstaunt. (…)

…. die aufgehende Sonne, deren Strahlen durch die Urwaldbäume auf den Fluss fallen, ein toter Flussarm mit braunem Wasser, von Hunderten von Wurzeln überspannt, umrankt von Lianen, Bäume, die von Schlingpflanzen so eingepresst werden, dass sie beim Wachsen Knoten bilden müssen, der bayrisch-blaue Himmel mit weißen Wattewölkchen….

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