Staatsknete für Medien

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Gern widerspreche ich Kollegen, vor allem dann, wenn sie falsch liegen oder dummes Zeug von sich geben und noch lieber, wenn sie ein wichtiges Ehrenamt ausüben oder alles zusammen.

And now for something totally different. Es begab sich aber zu der Zeit, als die Pandemie die Medien schwer beutelte, zum Teil aber auch wegen ihres Totalversagens, das Internet und das Digitale betreffend, in der Vergangenheit, dass der Kollege Steffen Grimberg, vormals taz und vermutlich deshalb gendersternchengeschädigt, jetzt freischaffend und dem- und naturgemäßig nach Ämtern strebend, die dem Journalistenleben einen Sinn geben könnten und – nicht ursächlich zusammenhängend mit Letzterem – seitdem sich einige geheime Seilschaften ergaben, großer Vorsitzer des hochwöhllöblichen DJV Berlin/JVBB, in dem sich bekanntlich die Massen aller Journalisten sammeln, anhub zu schreiben, zu diesem oder jenen, hier insbesondere, was wie zu regulieren sei (um den vom ihm gewählten Nominalstil zu umgehen).

Der erste Satz des Neuigkeitenbriefes Newsletters überansprucht ein wenig die Logik einfach gestrickter Menschen wie mich, da das Unwesentliche voranhoppelt (wann: „am Montag dieser Woche“), danach noch mehr Unwesentliches hinterdreingaloppiert (wo: „im Netz“), dann wichtige Motivlagen erwähnt werden wollen (warum: „auf Einladung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion“), das Publikum aber derweilen schon beginnt, mit den Füßen zu scharren, da nach 17 Wörtern (!) das erste Verb folgt, was den ehernen Gesetzen der Verständlichkeit eines Satzes nach Wolf Schneider und anderen Stilkundigen grob widerspricht, und – auch Mark Twain hätte sich schon beschwert! – immer noch nicht klar ist, worum es eigentlich geht, dann – oh! Überraschung! – ein weiteres Tuwort: Jemand sagte etwas, nein halt, sogar etwas „bemerkenswertes“, wobei man nicht weiß, vom wem bemerkt oder auch nicht. Der Vertreter der Lautsprecher der herrschenden Klasse, der etwas sagte, wird danach lang und breit zitiert: „Es kommt auf die Journalisten und die Verleger an“ – wer hätte das gedacht? Und warum wird hier eine Volksgemeinschaft zwischen Kapital und Arbeit suggeriert, die es noch nie gegeben hat?

Damit meinte er ausdrücklich nicht die direkte Presseförderung des Bundes, bei der nach wie vor völlig unklar ist, wie und wann sie kommt.

Wait a minute. Staatsknete für Medien? Wer will das denn? Ist es denn nicht auch „unklar“, ob sie kommt und, was viel wichtiger ist, ob sie gewünscht wird, vom Volk, von den Herrschenden und auch den marginalisierten Lohnschreibern und den am Rande der Existenz dahinkrebsenden Freiberuflern? Und was meinen die Insassen der öffentlich-rechtlichen Anstalten, die gut abgesichert auf ihren Breitärschen der Rente entgegengremienvorbehalten? Wollen die noch mehr von meinen Zwangsgebühren für sich abzweigen?

Ach? Der Staat fördert schon längst? Die Tageszeitung schrieb im August 2020:
Noch im November vergangenen Jahres hatte der Bundestag beschlossen, die deutschen Verlage bei der immer teurer werdenden Zustellung gedruckter Zeitungen zu unterstützen. 40 Millionen Euro hätte es dafür in diesem Jahr geben sollen. Seitdem hatte die Branche vor allem versucht, das zuständige Bundesarbeitsministerium in ihrem Sinne zu bearbeiten – auf weitere Details wartete man aber vergebens. Dann kam aber die Coronakrise – und nun ist das alles überraschend vom Tisch. Auf Antrag der Regierungskoalition hat der Haushaltsausschuss in einer nichtöffentlichen Sitzung entschieden, dass in den kommenden Jahren insgesamt bis zu 220 Millionen Euro zur Unterstützung des kriselnden Journalismus fließen sollen. Von „Zustellförderung“ ist nun keine Rede mehr, es soll plötzlich um die „digitale Transformation“ gehen.

Dann steht im DJV-Newsletter also gar nichts Neues? Nein, aber man muss am Ball bleiben, zumal aus gut unterrichteten Kreisen zu hören ist, dass das Kapital die Verleger Dutzende von Leuten dafür bezahlen, dass diese die Websites von Journalistenverbänden ganztägig beobachten, um ja nicht zu verpassen, was dort Relevantes zu lesen ist.

And now for something completely different: Was effektive Maßnahmen gegen die „Supermonopolisten“ angeht, lohnt ein Blick auf Australien. Dort hat die Regierung Google den Kampf angesagt und einerseits klare rechtliche Beschränkungen zur Verwendung persönlicher Daten durch die Internet-Giganten eingeführt.

Wait a minute again. Da ist noch nichts in trockenen Tüchern, berichtet die Tagesschau. Man lässt nur die virtuellen Muskeln spielen, es steigt Rauch auf aus den Mündern, und wie immer wird Google gewinnen. So what? Man beschwert sich über eine erschröckliche „Marktmacht“. O heilige Einfalt! Je ein Kapitalist schlägt eine andere Suchmaschine tot, bis nur noch eine übrig ist – steht das nicht so irgendwo? Sie hätten sich eben vorher was überlegen müssen. Warum hat Australien nicht Amazon, Ebay und Google erfunden? Oder die Deutschen?

Ich begrüße lebhaft, wenn die Kleinbourgeoisie in jeder Branche zu Tode geprügelt wird. Dann ist es viel einfacher, nach der Revolution den Kommunismus einzuführen alles zu verstaatlichen oder den Anteil der Staatsunternehmen so groß zu halten, dass es immer genügend Impfstoff gibt dass man mit China Schritt halten kann, wenn es darum geht, die Produktivkräfte zu entwickeln. Weniger Formulare und weniger Klagen und so.

Ich frage mich die ganze Zeit: Was will mir der DJV-Newsletter eigentlich verkünden?




Ich mag es süß und gefährlich

Tolokonnikowa
Credits: Denis Bochkarev – Пока только радужная колонна), CC BY-SA 3.0

Die russische Selbstvermarkterin und Gelegenheits-Musikern Nadeschda Andrejewna Tolokonnikowa hat im Gefängnis gelernt, wie mit Nadel, Faden und Nähmaschinen umzugehen ist. Sie musste Polizeiuniformen anfertigen. Jetzt macht sie laut der Modezeitschrift Vogue selbst in Mode. Das nenne ich mal ein Beispiel gelungener Resozialisierung im Knast.




Copacabana und Waschen

copacabana

Waschtag in Copacabana am Titicacasee, Bolivien, fotografiert Anfang April 1984. Aus meinem Reisetagebuch:

… Bis Yunguyo ist dann die Straße das Letzte. Obwohl der camion [der grün-gelbe rechts] total voll ist, werden wir durchgeschüttelt. Nett ist noch der Opa mit drei dicken Schafen, der von Llave [auf der Ladefläche des LKW] mitfährt und der den mitreisenden Indio-Frauen ganz richtig erklärt, warum die Alemanes nicht so früh mit dem Kinderkriegen anfangen. Von Yunguyo aus fährt ein Bus nach Copacabana (…)

Wir kriegen [an der Grenze zwischen Peru und Bolivien] nur [ein Visum für] 30 Tage, wohl, weil sie nicht über den nächsten Putsch hinaus etwas erlauben wollen. Wir könnten aber ohne Probleme verlängern…

Die Einreise nach Bolivien ist dieses Mal [ich war am 24.01.1980 schon einmal an diesem Grenzübergang] überhaupt nicht aufregend, obwohl ich gern zu Fuß über die Grenze gegangen wäre – ein großer Steinbogen bildet dieselbe.

In Copacabana hat sich vieles verändern: es gibt Strom, jedes zweite Haus ist ein alojamiento. der Markt ist ziemlich leer und es gibt fast nichts. Ich erinnere mich wieder an Api, ein dunkellila Maisgetränk. Wir finden ein superbilliges Hotel, direkt an die Kathedrale angebaut. [Es könnte das heutige Hostal Cali gewesen sein, direkt an der Mauer der Kathedrale.]

Die wichtigste Beschäftigung ist Waschen, was B. gerade macht. Ich sitze in der Sonne an einem runden Steintisch. Zu Essen gibt es nur trucha und asado de cordero, was wie Huhn schmeckt, aber irgendein Rippenstück ist.

Abends in der Kneipe sprechen wir noch ein wenig mit einem Franzosen, der unbedingt nach Polynesien auswandern will. (…) Die zwei Deutschen, die sich am Nebentisch laut mit einem bolivianischen Zollmacker unterhalten, sind rechtsradikal und zum Kotzen. Zum Glück bestreitet B. die Unterhaltung mit ihnen. Der Bolivianer hält mich zunächst für einen Landsmann (wohl für einen, der eine Gringa aufgegabelt hat), was mir natürlich schmeichelt…




Es schneit

wald

Es wird in Berlin schneien. Im Februar! Ist das Klima schuld?

Wenn es schneit, vermeiden Sie alles, was gefährlich sein könnte: Autofahren, Fahrradfahren. zu Fuß gehen, ungeschützten Sex, nackt im Schnee tanzen, zu viel Essen, zu viel Internet. (Das Foto habe ich 1982 in Berlin-Frohnau gemacht.)




Einfach mal die Presse halten und Góiennaches

presse

In den sozialen Medien hatte ich angemerkt, dass es in der Berliner Verwaltung jetzt doch nicht mehr eines Arier- oder Migrantennachweises bedarf. Das rief allerlei Sektierer der buntscheckigsten Art und Geschlechter auf den Plan. Aus anthropologischer Sicht ist das langweilig, da diese Mischpoke mit einer intellektuellen Software ausgestattet ist, die höchstens einen Einzeller zum Laufen bringen könnte, und auch nur mit Mühe.

Ich warne aber dafür, sich durch eine Diskussion mit SektenmitgliederI:_&%innen etwas zu erhoffen. Es handelt sich um Menschen, die glücklich sind. Die anderen, die ihrer Erleuchtung noch nicht teilhaben und nicht mit dem esoterischen Wissen ausgestattet sind, werden nur mitleidig betrachtet. Sektierer bedauern Nicht-Sektierer. Alles, was man sagt und zu ihren Ungunsten vorbringt, bestätigt sie. Man kann denen nicht helfen. Das müssen sie selbst tun. Ich weiß, wovon ich rede… Also einfach die Presse halten.

mug

Ich spiele immer noch mit Alexa herum. Ja, ich überprüfe auch den Datenschutz: Man kann dem Teilchen auch fasst alles, was problematisch ist, verbieten, zum Beispiele das Mikrofon ausstellen oder alle Aufzeichnungen löschen. Das ist genauso „mühsam“, als erzeugte man einen neuen PGP-Schlüssel. Man muss es nur tun, wenn Bedarf dafür ist. Und vorher das fucking manual lesen.

Es war gar nicht so einfach, die Geräte, die über Smart Home der Fritzbox angeschlossen sind, kompatibel mit Alexa zu machen. Die Anleitung des PC-Magazins ist die einzige, die funktioniert und auch alle Eventualitäten erwähnt. Man muss ein bisschen fummeln, weil das Feature nicht offiziell ist.

Um mich herum dröhnt der Warp-Kern. Sehr beruhigendes Geräusch! Ich kann auch die Warp-Geschwindigkeit erhöhen. Jetzt muss ich noch herausfinden, ob Alexa auch die Stimme von Olga Kurylenko annehmen kann.

küche

Nein, mein heutiges Chili con carne ist mit Schweinefleisch. Deswegen sage ich trotzdem L’Chaim. Ich gebe dann eben den Shabbes-Goi.

küche

Schade, dass Alexa und die anderen Geräte, mit denen ich mich selbst überwache, nur auf Befehl handeln und nicht selbständig. Wie das Publikum unschwer erkennen kann, hängt da eine große Küchenuhr. Die ist neu. Warum? Das kam so: Man stelle sich jemanden vor, der in jeder Hand einen Topf mit frisch zubereiteten Speisen balanciert, sich langsam vom Ofen weg bewegt, links unten, fast in Nähe des Fußbodens, eine flatternde Bewegung erspäht, die sich in Richtung der halbhoch gekachelten Wand unterhalb der Küchenuhr orientiert, und siehe: Es war eine Küchenmotte, ein Insekt aus der Familie der Zünsler (Pyralidae), dessen Existenz in meinen Gemächern genausowenig erlaubt ist wie ein Gendersternchen und as soon as possible zu vernichten wäre dergestalt, da die Hände temporär anderweitige Aufgabe erfüllten, dass der rechte Fuß gezielt und erfolgreich nach ihr trat mit dem Ergebnis, dass das Flattertier platt wie eine Briefmarke an die Kacheln befördert wurde und in die ewigen Jagdgründe, nur mit der überraschenden Konsequenz, dass die alte Küchenuhr, die über dem Geschehen die Zeit überwachen sollte, sich ohne Vorwarnung vom Schraubhaken löste und, getreu den Gesetzen der Gravitation, nach unten krachte und in tausend Scherben. Sonst fiel nichts runter, obwohl ich das erwartete.

torte

Meine Mandarinen-Sahnetorte schmeckt hervorragend. Nur an dem Äußeren muss ich noch arbeiten. Beim zweiten Mal wird sie gediegener aussehen.




Unter Dampf

eisenbahn

Hier ein Rätsel für Eisenbahnhistoriker: Die Aufnahme hat mein Vater vor 1958 in der Nähe von Winterberg gemacht. Wir waren aber ohne Auto im Urlaub und in der Daubermühle bei Züschen untergebracht. Man muss also ohne Gewaltmarsch zu dem Punkt kommen können, von dem aus das Bild von der Eisenbahn gemacht wurde. Ich vermute, dass es sich um den stillgelegten Teil der Bahnstrecke Nuttlar-Frankenberg handelt bzw. Allendorf-Bromskirchen. Auch der Bahnhof Züschen existiert nicht mehr. Die Strecke vom heutigen Bahnhof Winterberg aus geht nach Nordwesten – das ist zu weit weg.




Markttaugliche indische Bauern

klassenkampf bauern indien

Ich darf das Publikum auf den Klassenkampf der indischen Bauern aufmerksam machen. Die Deutsche Welle zum Beispiel berichtete am 28.11.20 („Indiens Bauern gehen wieder auf die Straße“), am 08.12.20 („Die Wut der indischen Bauern“), am 26.01.21 („Massiver Bauernprotest an Indiens Festtag“) und am 01.02.21 („Die ökologischen Hintergründe der Agrarkrise in Indien“).

Die Aufgabe bürgerlicher Medien ist natürlich, den Begriff „Klassenkampf“ zu vermeiden und auch den Kapitalismus mit seiner inneren Dynamik nicht zu erwähnen, sondern „Klima“, „nachhaltig“ und „Ökologie“ herumzuraunen, um das Thema zu entpolitisieren, oder von „Deregulierung der Landwirtschaft“ zu faseln (damit niemand mehr weiß, worum es eigentlich geht, wenn dieses Wort benutzt wird).

Zaghaft schimmert es dann doch durch: „…Widerstand gegen eine von Modi geplante Agrarreform, die aus Sicht der Kritiker eine zunehmende Dominanz von Großunternehmen in der Landwirtschaft zur Folge hätte.“

Die taz findet zunächst die Kopfbedeckungen der Demonstranten wichtig und interessant (oder es ist ein verunglückter „szenischer Einstieg“) und zitiert dann: „Es lebe die Einheit der Bauern und Arbeiter“, tönt es aus dem Traktorkorso immer wieder und „Inquilab Zindabad“ („Lang lebe die Revolution“), eine noch aus der indischen Unabhängigkeitsbewegung stammende Parole. Um welche Gesetze es genau geht, verrät uns die taz leider nicht, nur dass diese – Überraschung! – „umstritten“ sei. (So geht bürgerlicher Journalismus.)

Die Deutsche Welle: Die Regierung von Premierminister Narendra Modi hält daran fest, dass die Gesetzgebung, die weniger Regulierungen vorsieht und zu privaten Investitionen in den Landwirtschaftssektor einlädt, dazu dient, das Wirtschaftswachstum zu fördern und die Einkommen der Landwirte zu erhöhen. Die Landwirte hingegen befürchten, dass sie durch die marktfreundlichen Reformen der Ausbeutung großer Unternehmen ausgeliefert werden und sehen ihre Lebensgrundlage gefährdet.

Audiatur et altera pars! Jetzt kann das Publikum entscheiden: Sind wir marktfreundlich oder gefährden wir lieber die Existenz der Bauern? Oder ziehen wir den Publikums-Joker?

Ich habe versucht herauszufinden, was genau diese Gesetze regeln (habe aber die Original-Texte nicht gefunden): Bisher wurde Getreide auf staatlich organisierten Großmärkten zu garantierten Mindestpreisen gehandelt. Nach der Reform sollen die Bauern ihre Ware ohne Zwischenhändler auch direkt an Privatfirmen verkaufen können. Die Regierung argumentiert, die Erzeuger könnten so höhere Gewinne erzielen. Landwirte fürchten dagegen einen Preisverfall, da sie bei Verhandlungen mit Agrarkonzernen in einer schwächeren Position wären. Der „freie“ Markt wird es also richten?

Indien hat 1,3 Milliarden Einwohner, davon sind 500 Millionen erwerbstätig, davon sind rund 300 Millionen Bauern. Das ist schon eine Menge, mit der man etwas erreichen kann.

Die „Linke“ und die „Grünen“ hierzulande würde natürlich den Protest nicht vorbehaltlos unterstützen, sondern zunächst fragen, ob da keine „Rechten“ mitmachten und ob die Landwirt*_I.&%innen sich auch genderpolitisch korrekt ausdrückten.

(In einem Bericht der Deutschen Welle vom Mai wird der aktuelle Klassenkampf gar nicht erwähnt, sondern nach Art einer Homestory erzählt, dass sich im Zuge der Pandemie die Bauern direkt an die Kunden wenden wollen – das wäre, wenn ich das richtig verstehe, genau das, was die Herrschenden in Indien mit dem neuen Gesetz erreichen wollen.)

Im Dezember hieß es: [Die Bauern] …verlangen die Rücknahme von drei Gesetzen der Regierung, mit denen der Sektor für Privatinvestoren geöffnet werden soll. Bisher können Landwirte ihre Erzeugnisse an staatliche Kooperativen verkaufen, die ihnen Mindestpreise garantieren. Künftig sollen sie ihre Produkte auf dem freien Markt verkaufen – auch an Supermarktketten.

Das hört sich schon viel härter an. Jeder, der einen IQ oberhalb der Zimmertemperatur hat, weiß seit den Gracchen, wie das ausgehen wird: Die kleinen Bauern werden ruiniert und Proletarier (die nichts zu verkaufen haben als ihre Arbeitskraft – falls jemand nicht weiß, was das ist). Großbauern und Konzerne gewinnen, ob „nachhaltig“ oder nicht. Quod erat demonstrandum.

Am 12.01.21 stoppte das höchste Gericht Indiens die drei Gesetze. (Die letzte Pressemeldung des Gerichts ist vom Juli 2018.) Das Problem wird damit nur aufgeschoben, nicht aber gelöst.




Saures Land

sauerland

Meine Mutter und ich, irgendwo zwischen Winterberg und Züschen im Sauerland, aufgenommen vor 1958.

Weil hier gefragt wurde: Meiner Mutter geht es dem Alter entsprechend gut; sie wird am 20. Februar zum zweiten Mal gegen Corona geimpft. Danke der Nachfrage!




Noch eine Notgemeinschaft

rostlaube
Eine Postkarte aus den 80-er Jahren: Der Eingang der so genannten „Rostlaube“ der Freien Universität Berlin, damals das Gebäude für die Historiker und Germanisten. Genau dort habe ich studiert.

Rund 70 Wissenschaftler haben ein „Netzwerk Wissenschaftsfreiheit“ gegründet.

Wir beobachten, dass die verfassungsrechtlich verbürgte Freiheit von Forschung und Lehre zunehmend unter moralischen und politischen Vorbehalt gestellt werden soll. Wir müssen vermehrt Versuche zur Kenntnis nehmen, der Freiheit von Forschung und Lehre wissenschaftsfremde Grenzen schon im Vorfeld der Schranken des geltenden Rechts zu setzen. Einzelne beanspruchen vor dem Hintergrund ihrer Weltanschauung und ihrer politischen Ziele, festlegen zu können, welche Fragestellungen, Themen und Argumente verwerflich sind. Damit wird der Versuch unternommen, Forschung und Lehre weltanschaulich zu normieren und politisch zu instrumentalisieren. Wer nicht mitspielt, muss damit rechnen, diskreditiert zu werden. Auf diese Weise wird ein Konformitätsdruck erzeugt, der immer häufiger dazu führt, wissenschaftliche Debatten im Keim zu ersticken.

Obwohl es schon zahlreiche Medienberichte gibt, sieht man davon noch kein Echo auf der Website (des Vereins?) (Stand 19.00 Uhr, 04.02.).

Ich sehe das mit Skepsis, nicht der berechtigten Inhalte wegen, sondern weil ich annehme, dass die meisten Wissenschaftler Opportunisten sind, die abwarten, woher der Wind weht. Viele krebsen auch nur als prekäre Existenz mit kurzen Verträgen herum und können es sich nicht leisten, gegen den gefühlten Mainstream zu argumentieren. Zudem werden die Purifikations-Rituale in den (sozialen) Medien dafür sorgen, dass die Gruppe in den Geruch des „Rechten“ gerät. (Kahane, übernehmen Sie!)

Wenn man sich die soziale Herkunft der Studenten heute ansieht, wird man auch von dort keine Rebellion erwarten oder gar, dass diese sich mit Wissenschaftlern verbinden, die sich etwa der gegenderten Sprache verweigern oder die zu oft alte weiße Männer wie Tacitus zitieren.

Zu meiner Zeit gab es so etwas übrigens auch, nur unter anderen Vorzeichen – die Notgemeinschaft für eine freie Universität. Ich hielt die damals für eine Kampfgruppe von Ultrareaktionären, ein Urteil, was definitiv falsch war – aber ich hatte schlicht das Verdikt meiner Peer Group übernommen.




Bella Servilia

sklavenaufstände

Kleiner Literaturtipp nicht nur für die hier mitlesenden Althistoriker, sondern vor allem für die, die sich einen ersten Überblick über das Thema verschaffen wollen: Mathias Pfeiffer „Bella Servilia – Die großen Sklavenaufstände der römischen Republik im Fokus moderner Theorien sozialer Bewegungen
Soziologische Theorie als Instrument der Altertumswissenschaft?“ (Magisterarbeit 2008). (Bei grin.com kostet das Pdf nur 99 Cent.)

Der Ansatz ist interessant – und ganz schön anspruchsvoll für eine Magisterarbeit. Pfeiffer spart auch nicht mit bissigen Seitenhieben auf sowohl die Soziologen als auch die Althistoriker, weil es offenbar schwierig es, die Disziplinen zur Kooperation zu bewegen. Die gut 100 Seiten starke Arbeit gibt auch einen aktuellen Literatur-Überblick.

Der Stellenwert der Sklaverei bei der Römern und die demographischen Relationen zwischen Freien und Unfreien scheinen es zu rechtfertigen, von einer „Sklavengesellschaft“ zu sprechen. Bei einer Gesamtbevölkerung in Italien von ca. sieben Millionen sei in den letzten beiden Jahrhunderten der Römischen Republik die Zahl der Sklaven von etwa 500.000 um das Vierfache auf zwei Millionen angestiegen. (Pfeiffer bezieht sich auf Ingomar Weiler)

Oha!? Sollte etwa Marx (der den Begriff „Sklavenhaltergesellschaft“ geprägt hat) doch recht haben? (Sehr interessant hierzu s. 44ff.) Irgendwann kann man natürlich als ernst zu nehmender Wissenschaftler nicht einfach an den Fakten vorbeiargumentieren




Lastenfahrrad im Eigenbau

Lastenfahrrad

Schade, dass so etwas vermutlich nicht in Serie gebaut werden wird oder dass nicht zumindest ein Handbuch, wie man so etwas macht, verfügbar ist (gesehen heute in Berlin-Kreuzberg).




Sine ira et studio

mitterauer „Inde consilium mihi pauca de principes et extrema tradere, sine ira et studio, quorum causas procul habeo.“ (Ist das korrekt? Mein Latein ist – quam triste miscendum! – total eingerostet.)

Wie schon erwähnt, habe ich mir sowohl die Annalen als auch die Historien des Tacitus zugelegt, die nicht nur amüsant zu lesen sind, sondern, wenn man die Details ernst nimmt, das oft und gründlich korrigieren, was die Populärkultur über das römische Weltreich und deren herrschende Klasse zu wissen meint. Natürlich gibt es die Ausgaben auch in Lateinisch online, und lange Passagen auch übersetzt, aber, wie das Schicksal es so will, nie genau die Sätze, die ich gerne im Original überprüft hätte. Mein großes Latinum ist schon – quam tempus fugit! – ein halbes Jahrhundert her.

Auch sind die spärlichen Anmerkungen bzw. Fußnoten der Krömer-Ausgaben so dürftig, als hätte man Tacitus-Kommentare des frühen 19. Jahrhunderts als Vorlage genommen; von einer kritischen Ausgabe kann nicht die Rede sein. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass bürgerliche Historiker es nicht lassen können, über die Psyche rönischer Kaiser et cetera wild herumzuspekulieren, anstatt es bei den Fakten zu belassen. Tacitus hat bekanntlich keine Wissenschaft betrieben, sondern Propaganda verfasst, die zwar geschickt verpackt, aber doch als solche zu erkennen ist.

Daher habe ich jetzt tief in die Tasche gegriffen (man kann nie genug Bücher haben!) und mir Lateinisch-Deutsche Ausgaben bestellt.

Nicht vergessen: Ich komme zwar von Hölzken auf Stöcksken, wie man im Ruhrpott zu sagen pflegt, aber das sind alles Vorarbeiten zum Einen und Einzigen Wahren und Autorativen, Historisch Genauen und Amtlich Anerkannten Bericht über den Feudalismus und wie er den Kapitalismus gebar und warum und warum anderswo nicht – der geplante Beitrag soll allem Widerspruch und Streit zum Thema ein Ende setzen. Ich werde also noch die so genannte Asiatische Produktionsweise diskutieren müssen (ist die Sklavenhaltergesellschaft eine notwendige Vorstufe in der Entwicklung zum Kapitalismus?) als auch die chinesische Kulturrevolution (gibt es Klassenkampf im Sozialismus?) abhaken müssen, bevor ich wieder zum Kern der Sache kommen kann.

Jetzt freue ich mich auf die Lektüre von Michael Mitterauers Warum Europa? Mittelalterliche Grundlagen eines Sonderwegs. Der scheint – von seinen Themen her – ein vernünftiger bürgerlicher und auch kosmopolitisch denkender Wissenschaftler zu sein, und der Buchtitel ähnelt den Fragen, die ich auch zum Thema habe.




Pappnasen. Spam. Pappnasen.

html e-mails

Wie ich schon schrob schrieb




Danke, Merkel

masken gutscheine

Mir wäre aber Impfstoff lieber.




Gracias

Vielen Dank an den edlen Spender B.!




Spiel nicht mit den Schmuddelkindern!

förmchenweitwerfen

Bei bestimmten Zeichenketten schlägt gleich mein Bullshitometer stark aus: „Engagiert sich“, „Aktivist“ (außer in historischen sowjetischen Filmen), „Welle der Empörung“, „sensibles Thema“. Ich habe mit der Medienblase nicht mehr viel zu tun, außer als teils amüsierter, teils gelangweilter, teils als kopfschüttelnder Beobachter aus anthropologischer Sicht. Ich bitte daher die Leserschaft, zum Beispiel die Perspektive einer Krankenschwester, eines Fabrikarbeiters, einer Putzfrau Reinigungsfachkraft oder einer Kassiererin im Supermarkt einzunehmen, also aus der Sicht der Leute zu urteilen, die tagaus, tagein hart arbeiten und vielleicht noch eine Familie ernähren müsse, und die mitnichten Zeit und Lust haben, gegen das gefühlt Böse im Internet anzuschreiben oder sich im Sandkasten gegenseitig Torten Förmchen an den Kopf zu werfen. Anders ist das, was folgt, gar nicht zu ertragen.

Ein Journalist schrieb recht langatmig auf Der Achse des Guten (Broder & Co.) darüber, dass er nicht mehr für die Zeitschrift „natur“ (natur.de/wissenschaft.de) schreiben darf. (Ich halte die „Achse“ für genauso „rechts“ wie die F.D.P., Teile der SPD und der CDU sowieso, von den Salonfaschisten ganz abgesehen – also kein Grund zur Schnappatmung oder zu Purifikations-Ritualen).
Ein Kollege sei, zufällig, auf Artikel von mir gestoßen, die auf der Achse des Guten publiziert worden seien. Man wundere sich über meinen „lustvoll prolligen, leicht nationalistisch gewürzten“ Achse-Beitrag über die Anti-Feuerwerks-Kampagne der Deutschen Umwelthilfe, die dem mailenden Kollegen wie eine „bier-/wutschäumende Stammtischrede beim AfD-Kreisparteitag“ vorkam. Ob ich das wirklich geschrieben habe?

„Lustvoll prollig“ ist niedlich: Da schwingt die Verachtung für die Proleten gleich mit. Die benehmen sich bekanntlich nicht „korrekt“, und ein Journalist aus der Mittelklasse muss natürlich die Nase rümpfen.

Ab jetzt geht es natürlich nicht mehr um Inhalte, sondern, wie in der Medienempörungsblase üblich, nur darum, wer wo etwas gesagt hat, wer etwas „sagen darf“ und ob das für den jeweils selbst definierten Mainstream anrüchig (offensive) sei. Ich habe den inkriminierten Artikel „Warum ich Donald Trump die Daumen drücke“ ganz gelesen. Wer die Ironie nicht mitkriegt, ist von allen guten Geistern verlassen und/oder dumm wie Brot. Ich hätte den auch so schreiben können, allein um die zu ärgern, die meinen, es gäbe irgendeinen Konsens, dass Trump als Vertreter der herrschenden Klasse der USA schlimmer sei als Biden, der bekanntlich jetzt dem Ausschuss eben derselben Klasse vorsitzt, um deren Geschäfte zu führen. Trump hatte natürlich auch keine Strategie, um die aktuelle Pandemie zu bekämpfen und gab eine Lüge nach der andern von sich. Mich aber regt das nicht auf: Nichts anderes erwarte ich von einer solchen Charaktermaske.

Ich hatte nur den Link zum Artikel auf Fratzenbuch gepostet und wurde schon beschimpft und als „Idiot“ geschmäht. Mich lässt das kalt, aber es ist schon erstaunlich, wie manche Leute, die sich „links“ fühlen, aber es nicht sind, auf Brocken, die man ihnen hinwirft, reflexartig reagieren wie ein Pawlowscher Hund. Man weiß vorher schon, was kommt, inklusive der Gendersternchen.

Noch ärger finde ich die weinerliche Art, mit der unsere Anstalten sich entschuldigen, sobald sich irgendwo in den so genannten sozialen Medien ein Shitstörmchen zusammenbraut oder jemand sich beschwert, den man nicht kritisieren darf und kann, weil er (noch schlimmer: sie) unerbittlich gut und „farbig“ ist, wie etwa die „Aktivistin“ Jasmina Kuhnke aka quattromilf (die sich auch auf den Couponschneider Don Alphonso eingeschossen hat).

Die Ölspur, die der WDR hinterlässt, ist so breit, dass sogar ein Merkava darauf ausrutschen würde. Ein Herr Micky Beisenherz, von dessen Existenz ich bisher nicht wusste, jammert: „Wenn ich Leute enttäuscht habe, dann tut mir das aufrichtig leid, denn das möchte ich nicht.“

Ach ja? Ich gehe nie ins Bett, ohne mich zu fragen, ob ich auch nicht vergessen habe, täglich jemanden enttäuscht, ans Bein gepinkelt oder in den Allerwertesten getreten zu haben. So eine Elendsgestalt nennt sich vermutlich auch noch „Journalist“, ohne rot zu werden vor Scham.

Noch schlimmer eine andere Dame, von der ich auch noch nie etwas gehört oder gesehen hatte: Gerade ich als Mutter von drei Kindern, sollte aufgeklärter sein, wenn es um unser vorurteilsbehaftetes Sprachsystem geht, für dessen Mitgestaltung wir alle verantwortlich sind. Ich werde zukünftig meine Wortwahl überdenken, denn es war falsch, dass ich mir angemasst habe, als privilegierte weiße Frau über ein Thema zu sprechen…“ Blabla. Ein unfassbares Gesülze.

Da rollen sich bei mir die Fußnägel hoch. Man meint, einer Masochistin beim Gang nach Canossa zuzusehen. Der „Tagesspiegel“ hat an ganz anderer Stelle und zu einem (nicht) ganz anderen Thema den treffenden Ausdruck „die Raserei der Tugendhaften“ geprägt. So muss man sich das vorstellen: An den Pranger mit ihnen, unter dem virtuellen Gejohle der Twitter-Menge mit faulen verbalen Eiern bewerfen, und die, die „bei diesem sensiblen Thema“ etwas Falsches von sich gegeben haben, rufen laut und weinend: Ich habe gesündigt! Ich beichte und bereue zutiefst!

Ich habe jetzt gar nicht mitbekommen, um was es eigentlich ging. Um etwas, was die arbeitende Bevölkerung in irgendeiner Weise interessiert? Was in ihrem Leben eine Rolle spielt? Christian Baron beschreibt in seinem Buch Ein Mann seiner Klasse, dass in einer Kneipe in Kaiserslautern, in der sein Vater verkehrte, jemand, der ins Sonnenstudio ging, „Elektroneger“ genannt wurde. Ich möchte den sehen, der sich im TV traute, dieses Wort zu benutzen.

Nur, um das klarzustellen: Ich mag nicht urteilen, ob zum Beispiel Frau Kuhnke recht hat oder nicht. Das sieht jeder anders, und bei rassistischen Vorurteilen gäbe ich ihr vermutlich oft recht. Es geht um die Art und Weise, wie man sich mit dem Thema auseinandersetzt. Als öffentliches Ritual der Schuld und Sühne? Als moraltheologisches Spektakel? Oder darf es vielleicht auch mal politisch sein – Rassismus als Feature des Kapitalismus, das Sinn ergibt und eine Funktion hat, insbesondere für die Herrschenden, und nicht als Fehler? Kann man mit den „Aktivisten“ auch über den tendenziellen Fall der Profitrate reden? Den kennen die gar nicht? Dann geht doch rüber zur systemaffinen Greta und rettet das Klima oder so.

Zum Erinnern: Die richtige Perspektive einnehmen und nicht in diesem weltanschaullichen Morast versinken!

So muss man auch über das ehemalige Nachrichtenmagazin und dessen daily soap, wer wen welchen Posten abkriegt, lesen. Oder die lächerlichen Sätze von meedia.de, die vermutlich dem Anus einer Werbeagentur entsprungen sind: Zwei Zeitungen in Brandenburg „rücken näher zusammen„. Eine „tief schürfende“ Analyse, die sich gewaschen hat. Meine Prognose: Der Mantel wird bald derselbe sein, Redakteure werden hinausgeworfen, alles soll digitaler werden oder auch: vor dem Sterben noch mal ein bisschen zucken.

Jetzt hätte ich mich beinahe aufgeregt. Aber zum Glück habe ich es nicht getan. Und ich werde meine Wortwahl nie, nie, nie überdenken.




Sehr sehr scharf

chili

Vielen Dank an die edlen Spender!