Post-Apokalyptic Blackout

the blackout

„We’re all going to die.“

Tief in meinem Herzen fühle ich wieder, wie vorteilhaft es war, in einer Sekte aufgewachsen zu sein. Armageddon – ein vertrautes Gefühl! Könnte schon morgen eintreffen, nur ohne Zombies. Ein Film, den alle anderen „dull“ finden und verreißen. Ihr habt mein Mitleid! Alle anderen haben unrecht! Ich finde den russischen Science-Fiction-Film „The Blackout“ (2019) gut. (Wenn es keinen deutsche Wikipedia-Eintrag gibt, werde ich ohnehin neugierig.)

Natürlich ist der Plot „ridiculous„. Zum zuverlässigen Einschlafen habe ich in den letzten Tagen – immer nur einige Minuten lang – Star Trek: Enterprise angeschaut, die von allen Star-Trek-Versionen die erträglichste. Natürlich ist auch dort alles extrem lächerlich, dennoch Teil der Populärkultur.

Russische Science Fiction hat eine lange Tradition, die heute leider langsam vom Feuilleton vergessen wird. Jeder russische Filmemacher wird wissen, dass die Messlatte ziemlich hoch liegt, was man von Hollywood-Filmen nicht unbedingt sagen kann.

„The Blackout is the only film from Russia included in the program of the American festival Cinequest, combining cinema and high technology.“ Ich fand die Atmosphäre von Beginn an faszinierend. Das können die Russen mittlerweile genauso gut wie die US-Amerikaner. (The Expanse spielt in einer eigenen Liga.) Natürlich geht es um Herumballern auf Aliens, aber immerhin sehen die Militärs um ein Zehnfaches futuristischer und martialischer aus als jeder Klingone.

Erholsam ist vor allem die fehlende Political Correctness dergestalt, dass man nicht schon vorher weiß, was jetzt kommen muss: Nein, es gibt keine Figur, die Lesben zur Identifikation einlädt, es gibt keine „Quotenneger“, die Geschlechterrollen sind „sowjetisch“: Traditionell, die Männer verhalten sich Frauen gegenüber oft wie in den 50-er Jahren, die Frauen sind aber viel emanzipierter und „stärker“, als dass die Stereotypien das erwarten ließen. Es gibt nicht wirklich eine zentrale Figur, obwohl die Story oft aus der Perspektive des Helden Yura (Pyotr Fyodorov) erzählt wird. Angenehm und frisch auch, dass man die Frauen noch nicht aus jedem zweiten Film kennt: Die Kommandantin (!) Osmolovskaya (Ksenia Kutepova) in einer Funktion, wie sie Jodie Foster in „Contact“ hatte, die Journalistin Olya (Svetlana Ivanova), Alena (Lukerya Ilyashenko) als Party-Maus, die ganz am Anfang eher einen Sugar Daddy zu suchen scheint und dann beim Militär aufkreuzt. In Deutschland sind vermutlich die Schauspieler Islands bekannter als die Russlands, obwohl dort das Publikum „etwas“ zahlreicher ist.

Der Algorithmus von Amazon hatte bei mir recht. Von selbst hätte ich die Kombination aus Post-Apokalypse (Islam!), Ego-Shooter und Alien-Jagd nicht unbedingt angeklickt. Ich bin erst am Anfang; die Handlung ist nicht so spannend, dass man unbedingt weitergucken muss, aber auch nicht so träge, dass man dabei einschläft. Wie ich die Russen kenne, wird später vermutlich auch kräftig Sex eingespielt.

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Kommentare

9 Kommentare zu “Post-Apokalyptic Blackout”

  1. flurdab am Januar 26th, 2021 9:21 am

    „Alle anderen haben unrecht!“
    Damit ist doch dann alles gesagt.
    „Wie ich die Russen kenne, wird später vermutlich auch kräftig Sex eingespielt.“
    Hätte er geschwiegen, er hätte als Philosph gegolten.

    Ich habe vor einigen Tagen einen Artikel gelesen in dem behauptet wurde dass Menschen die gerne Horror und Apokalypso- Filme/ Serien sehen, besser mit der „Pandemie“ klar kommen.

    Hartz4- Geschädigte vermutlich auch.

  2. André Hüssy am Januar 26th, 2021 9:38 am

    „Erholsam ist vor allem die fehlende Political Correctness“
    Danke.
    Ich regte mich neulich wegen „Sörensen“ auf, ein Polizist mit Angstzuständen. Der Boss eines Fleischunternehmens war ein Böser, und noch zwei weitere höhergestellte ‚alte weisse Männer‘. Sörensen sagte zum Fleischboss: „Ich bin nämlich Vegetarier und überlege mir, vegan zu werden.“ Es war kein Witz. Das war todernst so eingebaut. Die bösen drei Fleischesser drehten Pornovideos mit Kindern.
    Erziehungsfernsehen.

  3. ... der Trittbrettschreiber am Januar 26th, 2021 9:49 am

    Eukalypse statt Apokalypse…!

    Ich habe mir ein Teleskop bestellt, das normalerweise nur zum Beobachten der Sterne verwendet wird.

    Jeder der meinen Keller betritt, wird fortan zunächst vor dem Türspion seinen Rachen weit öffnen müssen*. Ich bin gespannt auf das Panorama viraler Galaxien, die sich da inklusive scharzer Zähne eröffnen… Startreck… do not look backwards.

    *
    Ich erwäge auch eine direkt über dem Türspion eingabaute JEVER-Düse zum Einbringen des nordisch gebrauten Gurgelsubstrats in Positiv-Verdachtsmomenten.

  4. Godwin am Januar 26th, 2021 10:24 am

    so habe ich mir das Gedacht – die gesamte Gesellschaftsordnung verliert den Anschein der Normalität und erweist sich als dysfunktional aber die Herren Systemfrage zocken Candy Crush oder schauen halt NetFlix und Prime – hauptsche Titten

    Das ist wohl, was Lem meinte

    ud btw – alles außer Spock ist Scheiße!

  5. flurdab am Januar 26th, 2021 11:03 am

    „Genosse- Rette dein Krankenhaus“
    Infiziere Dich mit Corona.

    Ich sehe gerade irgendwas auf Phönix.
    Krankenhäuser sind unterfinanziert, zu wenig Wertschöpfung, zuwenig Kranke.
    Katastrophe!

  6. tom am Januar 26th, 2021 1:53 pm

    „um ein Zehnfaches futuristischer“
    Wenn z. B. etwas von drei auf dreiunddreißig wächst,
    dann kann man das natürlich – weil es modern ist – so schreiben. Es ist auch richtig.
    Wahrscheinlich sind die des Rechnens nur minder Kundigen sich aber nicht bewusst, dass sie, als erreichte Größe vielmehr dreißig meinend, schreiben müssten: „Um ein neunfaches [mehr]“ oder doch lieber gleich: „Zehnmal so futuristisch“.
    Bei diesen Größenordnungen ist es ja meist ziemlich egal.
    Was aber bei „einskommadrei mal mehr?“
    LlS – lieber lange Sätze.

  7. Wolf-Dieter Busch am Januar 26th, 2021 10:55 pm

    Dass die Latte für Hollywood-SF niedrig hängt stimmt zwar, aber nicht ausnahmslos. Blade Runner ist ein Gegenbeispiel. Blade Runner II ist ein Gegenbeispiel für die These, dass Sequels zwingend schlecht seien.

  8. admin am Januar 27th, 2021 6:08 am

    Stimmt, hatte ich vergessen. Gehört in die Kategorie von „The Expanse“.

  9. Juri Nello am Januar 27th, 2021 12:58 pm

    Ich fand Black Out auch nicht übel. Das mit dem Sex habe ich wohl übersehen, aber ich überspringe die Szenen auch gerne, weil irrelavant für die Story.
    Black Out ist zum Glück nicht nur Geballer, was wahrscheinlich die negativen Kritiken zur Folge hatte.

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