Mit den anderen palavern

Vielleicht ist es eine Lücke in meiner Bildung, aber von Michael Beleites hatte ich noch nie etwas gehört. Rein zufällig stieß ich auf einen Artikel von ihm: „Die Schmuckfedertheorie – Von der Überhöhung zur Erniedrigung der DDR-Bürgerrechtler.“ Ja, ich weiß, was auf der Website „Achse des Guten“ manchmal publiziert wird.

Als sich ab 2015 die „Flüchtlingskrise“ zu einer akuten Vertrauenskrise in die Glaubwürdigkeit von Politik und Medien ausgeweitet hatte, ging alles ganz schnell: Gerade jetzt, als man moralisch integre und politisch unabhängige Personen dringend gebraucht hätte, um aus einem die Demokratie gefährdenden Vertrauensschwund zwischen Regierten und Regierenden herauszufinden, wurden frühere Bürgerrechtler reihenweise diffamiert. Oft genau wegen jenem Tun, das ihnen 1989 und 1990 eine hohe Anerkennung gebracht hatte: Weil sie das Gespräch mit „den anderen“ gesucht hatten. Nach der einfältigen Kontaktschuld-Logik wurden sie nun reflexartig jenen zugeordnet, mit denen sie gesprochen hatten. Das war schockierend für all jene Bürgerrechtler, die 1989 das getan hatten, was eine friedliche Revolution ausmacht: Mit den Anderen reden.

Bevor ich mich über den Herrn informiert hatte, fand ich alles richtig, was er in diesem Artikel schrieb. Danach auch.

Was er politisch denkt, lehne ich vermutlich in Gänze ab, aber um das beurteilen zu können, müsste ich mehr über ihn wissen. Ich weiß nur, dass „mit den Rechten“ zu reden nicht ehrenrührig ist. Das habe ich über Jahre und oft getan, freiwillig und unfreiwillig, aber das bringt überhaupt nichts. Oder glaubt jemand, dass politische Meinungen sich auf Grund besserer Argumente (die ich sowieso immer parat habe, har har) sich änderten? Wie naiv ist das denn!?

Da ich selbst zu jenen gehöre, die, weil sie – aus einer nicht-rechten Perspektive heraus – mit und vor Rechten gesprochen hatten, fortan als „rechts-außen“ eingruppiert und ausgegrenzt wurden, bekam ich es deutlich zu spüren: Wenn man solches als früherer Bürgerrechtler tut, fallen Diffamierung und Dämonisierung bei weitem drastischer aus, als wenn man diese Vorgeschichte nicht hat. In einem Gespräch mit linken Freunden (ja, ich habe solche noch!), erfuhr ich jüngst von der in den Schulen der political correctness kommunizierten Schmuckfedertheorie: Wenn ich bei „Neuen Rechten“ spreche oder in deren Zeitschriften schreibe, spiele es in der Außenwahrnehmung keine Rolle, was ich dort sage oder schreibe – sondern nur wo ich dies tue.

Auch da hat er recht.

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Kommentare

6 Kommentare zu “Mit den anderen palavern”

  1. Siewurdengelesen am Januar 15th, 2021 4:40 pm

    Der kleine und feine Unterschied liegt dann eben in „mit“ oder „wie“ die „xyz“ reden.

    Dann kam es zur Zeit um 2015 und kommt es auch heute darauf an, mit wem da gesprochen wird. Mit einem Bachmann, der sowieso nicht zu beeinflussen ist oder mit einem der Teilnehmer, der mit aus seiner Sicht berechtigtem Interesse dort mitmarschiert.

    In aller Regel hatten bei den *gidas die meisten ein „gefestigtes rechtes Weltbild“, wie es so schön heisst und nutzen den Protest nur, um dieses in zivilem Gewand zur Schau zu stellen. Deshalb verweigern sich die meisten auch einem Gespräch oder ziehen immer dieselben Argumente. Und da kommt man selbst mit den besseren nicht, wie Du schon schrubtest, und daher ist dann auch Kritik nicht möglich, weil diese sofort dem Bestätigen der eigenen Sicht dient.

    Recht ähnlich verhält es sich zur Zeit wieder mit den Querdenkern und wenn diese aus Eigennutz nicht wahrhaben wollen, wem sie hier eine Bühne bieten, dann ist das halt schlecht analog zu den Querfrontlern bei den Friedenswichteln.

    Aber da ist Diskutieren ähnlich sinnlos. Entweder macht´s irgendwann mal Klick im Oberstübchen oder eben nicht und sich auf die Sichtweise der anderen Seite wenigstens im Geiste einlassen ist da eher selten.

  2. flurdab am Januar 15th, 2021 5:13 pm

    Gespräche, welche Gespräche?
    Wenn ich schon beseelt von der Richtigkeit meiner Meinung und entsprechender Unfehlbarkeit derselben auf „Leugner“ treffe, ist das Kind doch bereits im Brunnen.
    Wenn mir auf einer Demo unvermittelt ein Objektiv ins Gesicht gehalten wird, ist ein Gespräch nicht gewollt!
    (Wo ist überhaupt Dunja Halali vom ZDF abgeblieben?)
    Man muss andere Meinungen aushalten und auch zulassen, aber das widerspricht dem selbstgestrickten „Erziehungsauftrag“.
    Leider Beitseitig.

  3. Wolf-Dieter Busch am Januar 15th, 2021 10:48 pm

    @ Siewurdengelesen am Januar 15th, 2021 4:40 pm

    In aller Regel hatten bei den *gidas die meisten ein „gefestigtes rechtes Weltbild“, wie es so schön heißt und nutzen den Protest nur, um dieses in zivilem Gewand zur Schau zu stellen.

    Gefestigtes Weltbild? Pegida-Videos aus deren Anfangszeit zeigten keine Hools, sondern in großer Mehrheit Bürger mittleren Alters. Woher der Einblick?

    Deshalb verweigern sich die meisten auch einem Gespräch oder ziehen immer dieselben Argumente.

    Das Gespräch mit einer Presse, der sie nicht mehr trauen? Ich erinnere mich deutlich an Transparente „Lügenpresse“.

    Und was sollten diese „immer dieselben Argumente“ sein? Bitte um Klärung.

  4. Juri Nello am Januar 16th, 2021 11:31 pm

    Sie zeigen Nichtmalbürger alten Alters.

  5. ... der Trittbrettschreiber am Januar 18th, 2021 10:08 am

    Ein bisschen spät. Ich kenne den Weg nicht, kannte ihn auch nicht, habe keine Lösung parat, die über meinen Kellerrand hinaus kompatibel mit dieser rasenden EGO-Gesellschaft wäre. Kennte ich einen, wüsste ich eine, so käme das Wort „reden“ darin nicht vor. Alles ist Ritus, alles ist Pose, alles ist Manipulation, mittlerweile derart unverhohlen, dass allein schon das Denken über politisches Handeln die eigene Seele zu schädigen geeignet ist.
    Was bleibt, ist der Durst, aber auch dem traue ich schon lange nicht mehr – beim leisesten Zischen ist er verschwunden wie eine JEVER-Morgana in sternenblauer Corona-Nacht…

  6. blu_frisbee am Januar 26th, 2021 6:09 am

    Wer eine Spaltung der Gesellschaft beklagt möge doch erstmal erläutern, worin der Zusammenhang bestanden hätte, der angeblich gespalten worden sei, von wem, und was daran so gut gewesen wäre daß der wieder hergestellt werden sollte.
    Dh, welches Ideal von Gesellschaft da jmd vorstellt.

    Völkische Volksgemeinschaft,
    realsozialistische Kuhstallwärme oder gleich
    intrauterine Geborgenheit?

    Das alles mitten im Klassenkampf.

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