Peinlich

suggestive aussagen

Man macht sich so seine Gedanken, ob man manipuliert werde oder nicht, und wenn ja, wie. Ein schönes Beispiel ist heute Spiegel online mit einem wie gewohnt reißerischen Teaser, der aber vom Inhalt des betreffenden Artikels noch übertroffen wird. Mäkeln wir ein wenig herum, obwohl das natürlich völlig sinnlos ist:

„Jens Spahn verteidigt vor dem Bundestag seine Impfstrategie“ suggeriert, dass er eine habe. Das kann man anzweifeln. Mein Vorschlag: „Peinlich: Jens Spahn behauptet vor dem Bundestag, er habe eine Impfstrategie.“

„Das zweite Impeachment von Donald Trump nimmt Fahrt auf.“ Auch das suggeriert etwas Falsches: Das Impeachment ist bloße heiße Luft, weil es im US-Senat eine Zweidrittel-Mehrheit geben müsste, um Trumps Schuld festzustellen. Das wird vermutlich nicht erreicht werden. Auch wird niemand juristisch beweisen können, dass der Präsident ursächlich für die Aktionen des Mobs im Kapitol verantwortlich gewesen ist. Mein Vorschlag: „Die Gegner Donalds Trumps manövrieren sich mit großen Radau und mit Karacho in eine Sackgasse.“

„Die peinliche Schwäche der EU gegen China“ – was soll denn das heißen? Staaten zeigen Stärke? Rückkehr zur Kanonenbootpolitik? Kiautschou soll Deutsch bleiben? Und wem ist etwas peinlich? Dem deutschen Volk? Der Bevölkerung? Dem Kapital? Oder nur dem Autor, der sich hier blamiert und alle journalistischen Grundsätze vernachlässigt?

Wenn Journalisten zu viel meinen: Im Artikel wird für Sanktionen gegen die VR China gehetzt – wegen der Uiguren. Das ist gar kein Journalismus mehr, sondern reine und nackte Propaganda. Ich wäre ganz schön bescheuert, wenn ich für so etwas noch Geld bezahlen würde.

Audiatur et altera pars: „Study shows that in the process of eradicating extremism, the minds of Uygur women in Xinjiang were emancipated and gender equality and reproductive health were promoted, making them no longer baby-making machines. They are more confident and independent.“ Das twitterte die chinesische Botschaft. Der Tweet wurde von Twitter zensiert.

Wenn es der „Wahrheitsfindung“ dient, sind alle Mittel offenbar recht.

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Kommentare

2 Kommentare zu “Peinlich”

  1. ... der Trittbrettschreiber am Januar 14th, 2021 7:55 am

    „…dem Autor, der sich hier blamiert und alle journalistischen Grundsätze vernachlässigt?“

    Der Autor, die Autorin oder das Auto sind heutzutage weit von einer Blamage entfernt. Das mediale Gekreische ist längst zum Etablissement des guten Tons avanciert. Mitgeliefeerte Billigattribuierungen zu den News sind bequem. Niemand muss mehr versuchen, „neutrale“ Nachrichten über „Fakten“ selbst zu interpretieren und dabei eine „eigene Meinung“ zu erarbeiten. Die Angehörigen medialer Berufe sollten endlich selbst einsehen, was sie sind und wie sie dazu wurden – mehr oder weniger professionelle Online-Mind-Massösen(hier bitte keinen Stern), die je nach politischem Spa-Puff-Niveau mal weniger, mal höher dotiert werden.

    …there was something in the water?

    https://youtu.be/u5C-YHSy3Fw

  2. Struppi am Januar 19th, 2021 6:03 pm

    Man vermisst heute eine Form der Ausgewogenheit im Journalismus der grossen Medien. Wenigstens ein bisschen.
    Aktuell ist auch das hysterische abfeiern von Biden und Harris, als total tolle Menschen, die für Versöhnung und alles was der Journalist glaubt was er gutes tut stehen, ein Alptraum im TV. Besonders hervortun sich dabei die privaten Nachrichtensender.

    Die Rolle der Medien bei uns hat Glenn Greenwald letztens gut beschrieben:
    „Those who render themselves acquiescent and harmless that way will — in every society, including the most repressive — usually be free of reprisals. They will not be censored or jailed. They will be permitted to live their lives largely unmolested by authorities, while many will be well-rewarded for this servitude. Such individuals will see themselves as free because, in a sense, they are: they are free to submit, conform and acquiesce. And if they do so, they will not even realize, or at least not care, and may even regard as justifiable, that those who refuse this Orwellian bargain they have embraced (“freedom” in exchange for submission) are crushed with unlimited force. “

    https://greenwald.substack.com/p/the-kafkaesque-imprisonment-of-julian

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