Class Struggle

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Ein großartiger Satz im Freitag: Das tonangebende Milieu, das sich selbst für links hält, ist heute weiter von einem Klassenbewusstsein entfernt, als es die Industriearbeiter des 19. Jahrhunderts je waren.“ Und sie merken es noch nicht einmal. Der Artikel heißt: „Wem die Zwietracht nützt. Die Coronakrise wäre eine Chance für die Linken. Doch die verzetteln sich in Identitätsdebatten.“

Man kann das noch von der Bande aus ventilieren. (Nein, es geht nicht um Morddrohungen.) In der konservativen Welt lese ich über eine Studie „über die Volontäre von ARD, Deutscher Welle und Deutschlandradio“:
Und das Ergebnis, über das die Verbandszeitschrift „Journalist“ berichtete, hatte es in sich. „Wenn am Sonntag nur die Volontär*innen der ARD wählen würden“, schrieb das Blatt, „dann sähe das so aus“: Für die Grünen votieren 57,1 Prozent, für Die Linke 23,4 Prozent, für die SPD 11,7 Prozent. Dann folgen die Sonstigen mit 3,9 Prozent und – kaum noch messbar – die Union mit 2,6 Prozent und die FDP mit 1,3 Prozent. Wie sich nach der Veröffentlichung im „Journalist“ herausstellte, wussten die Befragten nicht, dass die Umfrage publiziert werden würde – was das Ergebnis noch glaubwürdiger macht. (Wobei die verschnarchte „Verbandszeitschrift“ das beweist: Das Blatt heiß jetzt journalistin und benutzt Gendersternchen, quod erat demonstrandum.)

Jetzt stellen wir einen logischen Satz auf: 1) junge Journalisten sind mehrheitlich aus dem Gendersternchen-Milieu. 2) Journalisten vertreten mehrheitlich die Sicht der herrschenden Klasse und/oder der Mittelklasse, aus der sie selbst stammen. Was folgt dann 3) für den Journalismus?

Bernd Stegemann schreibt: Der linke Ausweg aus diesem Patt besteht bisher darin, alle Interessen als gleichberechtigt anzuerkennen. Was abstrakt sinnvoll klingt, erweist sich als politische Sackgasse. Denn erstens sind nicht alle Interessen gleichzeitig durchzusetzen, und zweitens werden sie von der Öffentlichkeit unterschiedlich unterstützt.

Nur wie bringt man das denjenigen, die gemeint sind, bei? Mir fällt da nichts zu ein.

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Kommentare

11 Kommentare zu “Class Struggle”

  1. tom am November 12th, 2020 5:51 pm

    Morddrohungen?
    A.-S. Busse meint, >>Sie habe mit „Freude gelesen, dass jetzt Imame in Deutschland ausgebildet werden“. Sie wünsche sich seit langem islamisch ausgebildete Religionslehrer, „die stehen den Kindern ja auch zu.“<<
    Ich dachte bisher, es sei egal, wer das Evangelium (oder sonstwas) bringe.
    Zustehen sollte den Kindern eine religionsfreie Zone in der Schule.

  2. ... der Trittbrettschreiber am November 12th, 2020 6:42 pm

    „…Was folgt dann 3) für den Journalismus?“
    Der Journalismus ist die herrschende
    Gendersternchenklasse. Klasse. Nigel Williams schweigt.
    Was mich rumpelstilzig tanzen und jauchzen lässt: In allen Klassen müssen Charaktermasken getragen werden.

  3. Godwin am November 12th, 2020 7:29 pm

    Es gibt halt so gewisse Fragen, die stellt man sich immer mal wieder.

    Über die Anpassungsfähigkeit der Presse/Journallie hat schon olle Orwell in seiner Einleitung zu „Farm der Tiere“ beschrieben.
    Die Frage wäre also zunächst:
    was hat sich im Gesamtgefüge verschoben, dass die bürgerlichen Schreiberlinge sich nun als „links“ ansehen können?

    dann muss man sich inzwischen die einzelnen Milieus und Peer-Groups doch näher anschauen.
    Was treibt alternativ-bürger(-lich)-bewegte Müslifresser mit Nazis und Fußballhooligans auf die Straßen Leipzigs?

    Von welcher „linken“ redet man inzwischen eigentlich noch:
    Der Partei – deren Fraktionäre außerhalb der Parlamente kaum mehr wahrnehmbar sind?
    Die Berufsdemonstranten?
    Die Monitoring-Leute, die im heiligen Namen des Guten jeden Furz der Gegenseite auf Twitter, Flickr & Co. dokumentieren und kommentieren?
    Die Polit-Hooligans, die heute die Bullen mit Steinen bewerfen und morgen von genau der selben Polizei ein hartes Vorgehen gegen die pösen Nazis einjammern…
    Larmoyanz und Selbstbeweihräucherung an allen Ecken.

    Identitätsdebatten werden doch gar nicht mehr geführt. Das Thema is quasi durch.

    Interessant, das bei 80% links-grüner Versüffung trotzdem so viel konservativer Murks bei der ADR kommt.

    Stegemann kaut im Grunde auch nur wieder, was Leser wie Burks immer wieder aufs Neue gerne lesen wollen. Die Satzbausteine gab es in den letzten 5-6 Jahren nun regelmäßig überall mal.
    Der – hier auch nur seeeeehr sinngemäß wiedergegebene Spruch von Buffet datiert ja auch aus dem Jahr 2006

    „Die intellektuelle Feigheit ist die wahre olympische Disziplin unserer Tage.“
    [Jean Baudrillard]

  4. Beermann am November 12th, 2020 9:09 pm

    Ob Schreiber oder nicht, entscheidend ist das Kriterium „die sich selbst für links halten“. Denn das sind sie allesamt ganz und gar nicht. Jedenfalls dann nicht, wenn Indentitätsdebatten und Beleidigtsein ganz oben auf der eigenen Liste stehen.

    Was mir dazu einfällt?

    Denen klar machen, wie hervorragend solche Genderauswüchse in der ‚Identitären Bewegung‘ aufgehoben sind. Da gehören die nämlich hin. Können ganz bei sich und für sich und identisch sein, und meinetwegen auch haben. Hat man bei den originalen olivgrünen Zamperonis ja sehen können, wie und wo die aufschlagen und draufschlagen.

    Aber das ist auch der Grundfehler in Deinem Beitrag hier, sofern es nicht deutlicher gemacht wird: Parteipolitische Wahlpräferenzen sagen gar nichts über links/rechts aus, sondern ausschließlich darüber, wie rechts und in welcher Farbe die rechts sein wollen.

    Was aus all dem und recht logischen Sätzen daraus für den Journalismus folgt? Hat Kalle Marx dazu nichts geschrieben, was Dir jetzt nicht einfällt?

    Mir fallen spontan aber auch nur einzelne Vokabeln ein. Irgendwas mit Ausschuss.

  5. Godwin am November 13th, 2020 8:18 am

    wusst ich es doch

    Déjà-vu
    Burks am März 26, 2019

    Stegemann –> Scharlatan
    q. e. d.

  6. Die Anmerkung am November 13th, 2020 9:33 am

    https://www.tichyseinblick.de/kolumnen/aus-aller-welt/die-verachtung-des-kleinen-mannes-ist-ursache-der-spaltung/

    Klaus-Jürgen Gadamer

    Der Graben in der amerikanischen ebenso wie in der deutschen Gesellschaft kann nur überwunden werden, wenn die Medien ihre Verachtung der einfachen, einheimischen Leute aufgeben und ihnen das entgegenbringen, was sie für Minderheiten stets einfordern: Respekt.
    —–
    It’s the economy, stupid.

    Daß die Journaillisten das gemeine Volk zutiefst verachten, ist eine Binse. Genau das können sie nicht aufgeben, denn das ist ihr Kerngeschäft, die tiefe Verachtung der herrschenden Klasse dem arbeitenden Volk gegenüber zu artikulieren.

  7. Juri Nello am November 13th, 2020 3:33 pm

    Ist Standesdünkel ein Ausweg?

  8. flurdab am November 14th, 2020 8:03 am

    Die Zukunft gehört den:
    – nicht geschlechtlichen
    – nicht hautfarbigen
    – nicht religiösen
    – nicht intelligenten
    – nicht menschlichen

    Also quasi Elon Musk, jemandem der noch nie zu irgendenwem in Beziehung stand.

    Willkommen in der Psychatrie.

  9. ... der Trittbrettschreiber am November 15th, 2020 4:39 pm

    @flurdab
    Du beschreibst den Alltag der KI die zunächst einmal übergangsweise die Handys später dann die über subcutane Chips gesteuerte Menschheit lenkt. So nach und nach werden nicht nur Hüften, Nieren und Leberlappen durch seltene Erden ersetzt sondern der Großteil unserer leidvoll vergänglichen Materialien.
    Was bleibt, sind Maschinen, die von Maschinen überwacht werden – wir sind dann damit durch. Das gönn‘ ich denen….
    PS: In der Psychatrie dölmern dann unsere Lieblinge von KUKA.

    https://www.youtube.com/watch?v=FQxnwBHJmNg

  10. blu_frisbee am November 16th, 2020 1:27 am
  11. Die Anmerkung am November 18th, 2020 9:54 am

    Ich hatte den Stegemann bis zum bitteren Ende gelesen.

    „Die bittere Bestandsaufnahme lautet: Das Klassenbewusstsein der Reichen hat eine Strategie ersonnen, um die Linken an sich selbst zugrunde gehen zu lassen.“

    Klassenbewußtsein ersinnt nichts, auch keine Strategien. Das können nur klassenbewußte Kapitalisten oder deren Analfortsätze. Die Arbeiterklasse vermochte das in den letzten anderthalb Jahrhunderten nur halbherzig bzw. zog die ersonnene Strategie nicht bis zum Ende durch, blieb auf halben Wege stehn.

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