Kinkerlitzchen und Vorschau, dem Kulturpessimismus entgegenwirkend

komturstrasse

Eine Stimme aus dem Publikum beklagte sich bitterlich, ich postete nur noch Reiseberichte und pöbelte herum, das Niveau sei im allgemeinen und besonderen, analog zu den Weltläuften, den Sitten und der Moral, gesunken. Es liegt mir selbstredend nichts ferner, als die wohlwollenden Leser und geneigten Leser zu enttäuschen, dass diese sich, was ein höheres Wesen verhüte möge, womöglich anderen Dingen zuwenden anstatt hier die virtuellen Seiten zu blättern browsen.

Daher sei kurz angemerkt, dass ich viel zu tun habe, unter anderem Arztbesuche wegen altersbedingter Kinkerlitzchen, dabei Wartezimmer kennenlernte, die sich doch erheblich von meiner Erfahrung in der Notaufnahme unterschieden und mich bass vor Staunen in einen komfortablen Sessel sinken ließen, ohne dass ich auch nur irgendeinen Hijab und die dazugehörenen lärmenden, weil antiautoritär vielleicht muslimisch erzogenen Jungen oder gar mental irregeleiteten Psychos vermisste hätte, aber parallel dazu kubikmeterweise Literatur in mich hineinschaufele, um meinen Plan, den Feudalismus an sich – und damit leider auch alle anderen Epochen der Weltgeschichte – hinreichend zu beschreiben.

wartezimmer

Ich hatte hier schon bemerkt, dass ich „Die vorkapitalistischen Produktionsweisen“ erneut exzerpiert habe und das Fazit hier mitteilen werde, eines der vielen Puzzle-Teile. Rudi Dutschkes „Versuch, Lenin auf die Füße zu stellen“ hatte ich ebenfalls schon in den 70-ern gelesen und tat es jetzt noch einmal. Wilhelm Backhaus‘ „Marx, Engels und die Sklaverei: zur ökonomischen Problematik der Unfreiheit“ war im Gegensatz zu Dutsche ergiebiger und wird in Form eines weiteres Exzerptes hier in Kürze vorgestellt werden.

aberlour

Äusserst interessant zum Thema ist Erich Pilz: „Zur neuesten Debatte über die Asiatische Produktionsweise in der Volksrepublik China“. „Neueste“ bedeutet leider, dass er die Diskussion der 80-er Jahre referiert.

Wesentlich informativer ist Ellen Meiksins Wood: „Der Ursprung des Kapitalismus“, welchselbiges ich noch nicht ganz durchgelesen habe, was aber wohl den aktuellen Stand der marxistischen Forschung – außer in China – wiedergibt.

By the way, zum Wiederholen und Weitersagen: „Der Kapitalismus unterscheidet sich von anderen Gesellschaftsformen, weil die Produzenten für den Zugang zu den Produktionsmitteln vom Markt abhängig sind (im Unterschied etwa zu Bauern, denen das Land unmittelbar und nicht über den Markt vermittelt gehört); während die Aneigner sich nicht auf eine „außerökonomische“ Aneignungsgewalt durch unmittelbaren Zwang stützen können wie etwa das Militär und eine politische und rechtliche Macht, die es feudalen Grundherren ermöglicht, Mehrarbeit aus Bauern herauszuziehen -, sondern von den rein „ökonomischen“ Mechanismen des Marktes abhängig bleiben müssen. Dieses besondere System der Abhängigkeit vom Markt bedeutet, dass die Erfordernisse der Konkurrenz und der Profitmaximierung die grundlegenden Regeln des Lebens sind. Aufgrund dieser Regeln ist der Kapitalismus ein System, das auf einzigartige Weise dazu getrieben ist, die Produktivität der Arbeit durch technische Mittel zu erhöhen.“ (Wood)

Wie gesagt: Seid gewarnt vor dem, was noch alles auf euch zukommt.

chillen

Noch ein Lied, das Chillen begleitend?

Ich lasse mir meinen Körper schwarz bepinseln, schwarz bepinseln
Und fahre nach den Fidschi-Inseln, nach den Fidschi-Inseln
Dort ist noch alles pardiesisch neu
Ach, wie ich mich freu!
Ach, wie ich mich freu!
Ich trage nur ein Feigenblatt mit Muscheln, Muscheln, Muscheln
Und gehe mit ’ner Fidschipuppe kuscheln, kuscheln, kuscheln
Von Bambus richte ich mir eine Klitsche ein
Ich bin ein Fidsche, will ein Fidsche sein.

(1931, Willy Fritsch hat das Lied gesungen, Friedrich Hollaender schrieb die Musik. Der Text ist von Robert Liebmann. Muss man alles verbieten, sowas.

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Kommentare

13 Kommentare zu “Kinkerlitzchen und Vorschau, dem Kulturpessimismus entgegenwirkend”

  1. ... der Trittbrettschreiber am Juli 17th, 2020 4:14 pm

    Arztbesuch – schon wieder ein Reisebericht

    Hängematte – weckt Sehnsüchte nach den Fidschis

    Musik – macht Reisen erst reisenswert

    Marx sein, dass aus Burks jetzt ein ‚Buru‘ geworden ist, mit weißen Linnenhosen, Blumen in der Nase und das neueste orange-weiße Batik-T-Shirt tragend. Zurück Lenin sollte er sich aber deshalb nicht – versprochen ( im Freud’schen Sinne) ist versprochen.

    PS: Welche Ingredienzen hat dieses braune Zeugs da in der weißen Flasche. Ist hoffentlich nicht polit**isches.

  2. admin am Juli 17th, 2020 4:54 pm

    Linnen ist es nicht, sondern eine alte Judo-Hose aus den 70-er Jahren.

  3. ... der Trittbrettschreiber am Juli 17th, 2020 5:32 pm

    Was mich sehr irritiert ist die Tatsache, dass immer das Ungesunde, oft auch Verbotene eine unglaubliche Anziehungskraft entwickelt, die aus einer Ästhetik gespeist wird, die sich mir nicht entschlüsselt, eben weil z.B. ein mir ebenfalls unzgänglicher guter Whisky oder eine teure Havanna es eigentlich nicht nötig hätten, mit Formschönheit und extravaganter Eleganz zu punkten. Aber nein, Güte scheint nicht ausreichend. Es ist die Flasche, edel und goldschnittig, das schwer wie ein geschmiedetes Kleinod in der Hand des Säufers liegende Glas, der Duft und das haptische Abenteuer, das dem sich mit den zur Selbsverteitigung produzierten Giften der Tabakpflanzen allmählich ins Jenseits befördernde Genussraucher widerfährt. Sind es Botschaften an unsere gelangweilten Sinne, direkt aus der Hölle, von niederen Wesen gesandt? Was kann man tun, an der Klippe der Veführung, ein viertel hinsinkend, ein achtel fallend? Vielleicht hilft Rübenkraut – ehrlich, erdig und schwarz, auf Weißbrot. Subversiver Protest gegen alles was brazzt:
    https://tinyurl.com/y39vcjpd

  4. Corsin am Juli 17th, 2020 11:03 pm

    Blackfacing und unverholene Gewaltverherrlichung (Judohose!) — Meldung an die zuständigen Organe ist raus.

  5. Wolf-Dieter Busch am Juli 18th, 2020 8:04 am

    Der Kapitalismus unterscheidet sich von anderen Gesellschaftsformen, weil die Produzenten für den Zugang zu den Produktionsmitteln vom Markt abhängig sind (im Unterschied etwa zu Bauern, denen das Land unmittelbar und nicht über den Markt vermittelt gehört);

    Schlicht falsch. Damit unterscheidet sich der Kapitalismus nur vom Selbstversorger. Ansonsten ist arbeitsteilige Produktionsform vom Markt abhängig. (Wer schreibt sowas? Wood? Wer ist das?)

  6. admin am Juli 18th, 2020 11:32 am
  7. ... der Trittbrettschreiber am Juli 18th, 2020 12:07 pm

    Bedeutete das schlichtweg, dass man, um dieser ökonomischen Maschinerie ‚Kapitalismus‘ den Abschied zu erleichtern, ihr ein wichtiges ökonomisches Element entziehen müsste, damit sie ihren Showdown feiern könnte – den Konsumenten? Mich? Nee, echt jetzt? Und woher bekomme ich dann mein Billig-T-Shirt? Und Rheda Wiedenbrücks Fußball seinen Sponsor? Mannomanifest. Und die Unis, in denen das alles studiert werden kann? Wer zahlt C4 Professuren und schlimmer noch, die EU-Beamten und die Mohnplantagen? Zeit für den Kellerrundgang.

  8. blu_frisbee am Juli 18th, 2020 1:10 pm

    Iss auch klar wieviel Gewalt im Eigentum steckt?
    Eigentum ist die Macht andere vom Gebrauch der sache auszuschließen.
    Kapitalismus gewaltfrei, my ass.

  9. Wolf-Dieter Busch am Juli 18th, 2020 4:02 pm

    @admin – sorry übersehen. Stuss ist es trotzdem.

  10. Trebon am Juli 18th, 2020 6:10 pm

    Also ich bin ja der Meinung das es Kapitalismus gar nicht gibt. Das ist nur eine schlechte Schuldzuweisungen zum Zwecke der Vertuschung. Dahinter steckt der Feudalstaat und sonstige Besitzende.Grüne und alle anderen die nichts als Schmarotzertum zu bieten haben voran. Aber die Reiseberichte find ich super.

  11. Huhu am Juli 20th, 2020 9:17 am

    Einer der mit Abstand besten Whiskys, die ich kenne. Jeder Tropfen ein Genuss, idealerweise nach Hinzufügung einer winzigen Menge gewöhnlichen Leitungswassers.
    Guter Kauf!

  12. Juri Nello am Juli 24th, 2020 8:36 pm

    Fritsche mit seiner Fidschiklitsche prägt das aktuelle, sächsische Geditsche.

  13. aiaiai am Juli 31st, 2020 12:42 am

    „bass erstaunt“ heißt „sehr erstaunt“:
    https://www.korrekturen.de/beliebte_fehler/baff_erstaunt.shtml

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