Unter Neee…

mungo Park

Neu in meiner Bibliothek: Mungo Park Reisen ins innerste Afrika: Dem Geheimnis des Niger auf der Spur (1795-1806).

Ich habe das Gefühl, dass man jetzt noch schnell alle interessanten Bücher kaufen und/oder lesen sollte, in denen das N-Wort vorkommt. Vielleicht werden solche Bücher in Kürze umgeschrieben, um das „Böse“ endgültig zu bannen, womit nichts mehr authentisch wäre. (Ich sage nur: Halbblut!)

Jetzt wollten die ethnografisch vorgebildeten Leserinnen und ethnologisch interessierten Leser vermutlich wissen, wieso ich ausgerechnet auf Mungo Park komme. Die schlechte Nachricht: Es drohen euch einige Rezensionen von Büchern, die keinen Menschen mehr interessieren (zur Zeit), die aber wichtig sind für mein Puzzle als „Vorarbeit zum Einen und Einzigen Wahren und Autorativen, Historisch Genauen und Amtlich Anerkannten Bericht über den Feudalismus und wie er den Kapitalismus gebar und warum und warum anderswo nicht – der geplante Beitrag soll allem Widerspruch und Streit zum Thema ein Ende setzen.“ Leider muss ich dazu die gesamte Weltgeschichte schnell umwühlen.

Ein Puzzleteilchen war die Lektüre von Die vorkapitalistischen Produktionsweisen. (1973). Darin: „China zur Zeit der Ch’ing-Dynastie und die Gesellschaft der Fulbe in Westafrika bis zum Einbruch des Kolonialismus, Unterkapitel: „Die Produktionsweise der Fulbe zur Zeit des Sokotoreiches – eine mit Fakten (also nicht, wie oft und leider üblich, nur eine Exegese der Klassiker) und Sekundärliteratur gespickte marxistische Analyse einer Gesellschaft, die sich von der „Urgesellschaft“ weiterentwickelte, wie und warum. Das war für mich extrem spannend, zumal ich mich mit afrikanischer Geschichte vor der Kolonialzeit nicht auskannte und ich ein Aha-Erlebnis nach dem anderen hatte.

Die Fulbe werden in den verschiedenen Sprachen und Gebieten mit unterschiedlichen Namen bezeichnet. Die auch von den Franzosen gebrauchte Wolof-Bezeichnung ist „Peul(s)“. Die Engländer in Gambia verwenden den Bambara-Ausdruck „Fula“. In Ghana und Nigeria sind sie unter dem Hausa-Namen „Fulani“ bekannt. Die Kanuri, Teda, Ostsudanesen und anderen Völker des Tschad-Beckens nennen sie „Felaata“. Bei den Tuareg heißen sie „A-Fuli“, bei den Mande „Fula“ oder „Feli“. In deutschen Arbeiten wird die Bezeichnung „Fulbe“ verwendet, die, mit dem Singular „Pullo“, ihre eigene ist. Ihre Sprache bezeichnen sie als „Fulfulde“. (…)

Der später aufzuzeigende ökonomische und soziale Differenzierungsprozeß löst die ursprüngliche ethnische und ökonomische Einheit des Hirtenvolkes auf. Johnston unterscheidet vier Gruppen mit unterschiedlichen Bezeichnungen: Die Fulbe, die ihre Herde durch unglückliche Umstände völlig verloren haben und gezwungen sind, unter den seßhaften Bauern zu leben, werden als „Fulbe siire“ bezeichnet, die wirklichen Nomaden als „Bororo“, die halbseßhaften, deren Haushalte und Herde gespalten sind, als „Fulbe nai’i“, auch „Fulbe Farfaru“. Für die zur herrschenden Klasse gehörenden, seßhaften Stadtfulbe wird in der Literatur neben den Bezeichnungen „Fulani gida“ und „town fulani“ meist der Terminus „Toroobe“

Da die apologetische Kolonialgeschichtsschreibung den Afrikanern eine eigenständige Geschichte abspricht, um die Ausbeutung als Kulturtat zu rechtfertigen, versucht sie, die Fulbe, die in der westafrikanischen Geschichte Wertvolles geleistet haben, außerhalb des afrikanischen Kontinents herzuholen. Die helle Hautfarbe und die Tatsache, daß diese Wanderhirten in gewissen Gebieten eine Herrscheraristokratie gebildet haben, reicht für eine kolonialistische Mentalität, für die die Inferiorität der schwarzen Rasse außer Frage steht, die Ursache dafür aus einer vorgeblichen weißen Herkunft abzuleiten.

Darin kam Mungo Park vor. Wisst ihr Bescheid.

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Kommentare

9 Kommentare zu “Unter Neee…”

  1. flurdab am Juni 21st, 2020 11:56 am

    Mungo Park, was für ein Vorname für einen Schotten.
    Als Beletristik von T.C. Boyles in „Wassermusik“ verarbeitet. Ich lese es immer wieder gerne.
    Nur um einen leichteren Zugang zum Thema Kolonisation zu bekommen.

    Ned Rice

  2. tom am Juni 21st, 2020 1:01 pm

    Autorativen ?

  3. Godwin am Juni 21st, 2020 7:09 pm

    soll das das neue Standardwerk der Mediaevistik werden?
    schielt da jemand auf die Ehrendoktorwürde, oder isses reine Midlife Crisis?….

  4. admin am Juni 21st, 2020 7:35 pm

    Nur Hobby. aber vielleicht stelle ich das Ganze irgendwann zu einem E-Book zusammen.

  5. Juri Nello am Juni 22nd, 2020 11:19 am

    Wassermusik (1992) wurde dereinst auch als Hörspiel (nicht Hörbuch) veröffentlicht. Ein Genuss für die ganze Familie.

  6. Godwin am Juni 22nd, 2020 4:59 pm

    Das wäre natürlich sehr interessant.
    Egal, ob nun grundlegend Neues zu Tage gefördert würde, ober das bereits bestehende Wissen übersichtlich zusammengefasst wäre

    Ellen Meiksins Wood hat ein viel gelobtes Werk dazu,
    Marx sowieso ein paar Überlegungen zur Ursprünglichen Akkumulation,
    Tino Heim (unter Verweis auf Focault) macht auf diverse Ökonomische Krisen von damals (und auf Parallelen zum Frühsozialismus) aufmerksam…

    Ebenso spielen wohl Zufälle und Öknonomische Verflechtungen eine Rolle (ohne die doppelte Buchführung der Italiener, wäre wohl der Kapitalismus in England nicht so ganz ins Rollen gekommen…)
    usw.
    usf.

  7. Martin Däniken am Juni 22nd, 2020 5:41 pm

    Bitte die Besprechungen von „langweiligen, drögen und uninteressanten“ Lektüren mit Kochrezepten,schönen Frauen und Alkoholempfehlungen anrichten…
    macht ja sonst niemand so gut wie du!
    Kann keiner so superb wie du.Punkt.

    „Ästhetik des Feudalismusses im Schatten von Mammalen und Single-Malt und angemessener Diät“

  8. flurdab am Juni 24th, 2020 7:54 am

    Ich sehe freudig in die Zukunft.
    Da nunmehr die Fremdarbeiter aus den Ostgebieten in Reda- Wiedenbrück wieder historisch richtig hinter Zäunen kasaniert werden, dürfte diese Rassismus- Raserei alsbald überwunden sein.
    Der Neger bleibt!
    Mich hat gewundert das die Fremdarbeiter nicht in Baracken, sondern in „soliden“ Häusern untergebracht sind.
    Vermutlich herrscht keine Ressourcenknappheit, wir haben in diesem aktuellen Krieg ja auch noch keine Panzerverbände im Lebensraum Ost stehen.

    Ich hatte ja befürchtet das die diversen BLM- Aktivisten die Lage der Ost- Fremdarbeiter zusätzlich thematisieren, und so zu einer Systemkritik fänden.
    Auch diese Sorge entpuppte sich als Schimäre. Die Fremdarbeiter aus den Ostgauen sind ja freiwillig ins Re…, ins Land gekommen um hier zu arbeiten.
    Das unterscheidet Sie grundlegende von den medialen Aktivisten.
    Also keine Verbrüderung, das Kapital kann unbesorgt ruhen.
    Wisst Ihr warum diese Fleischidustrie so existiert wie sie existiert?
    Wegen Euch, weil ihr billiges Fleisch haben wollt.
    Sagen jedenfalls die Medien und diverse Politiker.
    Wir Unmenschen zwingen die Wurstbarone wie den Tönniens dazu Milliardäre zu werden.
    Ich bin so betroffen und schäme mich!

  9. Kinkerlitzchen und Vorschau, dem Kulturpessimismus entgegenwirkend : Burks' Blog – in dubio pro contra am Juli 17th, 2020 3:27 pm

    […] hatte hier schon bemerkt, dass ich “Die vorkapitalistischen Produktionsweisen” erneut exzerpiert habe und das […]

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