Spur der Arbeiter
Ich schmökere gerade in Erik Neutzsch‘ Spur der Steine (1965). Gibt es eigentlich einen einzigen Roman in den letzten 30 Jahren, der im proletarischen Milieu der Gegenwart spielt und in dem ein Arbeiter die Hauptfigur ist? Wenn nein, warum nicht?
Mai 3, 2020 | abgelegt unter Feuilleton
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22 Kommentare zu “Spur der Arbeiter”
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Wer sollte den wann und wo lesen? Selbst wenn er verfilmt würde, er wäre ein Schlafmittel. Literatur soll doch irgendetwas außerhalb der eigenen Blase bewirken – oder?
Wahrscheinlich weil der durchschnittliche Arbeiter gar nicht die Zeit hätte, sich in Abenteuer zu stürzen. Miete, Familie, Fraß, Freunde… ganz normaler Alltag wie ihn Millionen normaler Leute erleben ist einfach nicht packend und prickelnd. Man könnte einen Einstieg ins Abenteuer konstruieren, aber wer ist Arbeiter mit all dem Alltag UND hat Zeit, Kraft und Phantasie, um einen Roman zu schreiben?
Warum nicht – Vorschlag:
Zuzeiten des Manchester-Kapitalismus ist der Arbeiter in der öffentlichen Wahrnehmung die Leidensfigur schlechthin. Im 20. Jahrhundert steigt der Arbeiter auf von elend zu arm. Aber mit zunehmend gesichertem Lebensweg und einer gewissen Rechtssicherheit, soweit der konkrete Rechtsfall nicht klassenspezifisch ist.
Der Alltag des Arbeiters ist nicht plakativ genug f+r eine Story.
Was von Marx ehern bleibt ist die Wertschöpfungsanalyse. Die Dichotomie von Ware und Geldschein (=Schuldschein). Aber das passt auf kein Plakat und in kein Arbeitergesicht.
Die Arbeiter müssten ihre Romane nicht unbedingt selbst schreiben…
Schon mal etwas von Max von der Grün gehört?
Warum? Wen interessiert das?… Wie? Den Arbeiter gibt es noch? So mit Cloud, Industrie 4.0, AI, KI, MI, Virtual Company, Self employment, https://youtu.be/Lk_dRzaBoUM?t=46 Sollten doch eigentlich alle abgeschafft sein, wie die Bullshit Jobber. Netter Vortrag: https://youtu.be/kikzjTfos0s
@hallino: Ja. Der hat immerhin auf der Zeche in meiner Heimatstadt (2) Unna gearbeitet. Aber das ist keine Gegenwartsliteratur mehr.
@admin: Aber ein Roman von 1965 ist Gegenwartsliteratur? Ansonsten hätte ich noch einen älteren Autor: B.Traven – Das Totenschiff
Weil alle – wie Eribon oder Annie Ernaux – nur noch über ihre Herkunft aus dem Arbeiter-Milieu schreiben und bestenfalls über ihren Wechsel zur (Pariser) Bourgeoisie …
Rückblicke – halb mit weichfilter romantich verklärt, halb angewidert distanziert…
Vielleicht, weil es nichts mehr gibt, worüber es sich zu schreiben lohnt.
Vielleicht weil auch die Bourgeoisie nicht mehr so wirklich bourgeoise ist, wie noch im polit-Kino der 50er-70er Jahre…
Vielleicht kein Roman, aber auch den 1980ern und die Hauptdarsteller sind Working-Class – oder das, was sich dafür hält
Sowas könnte die Arbeiter nur auf falsche Gedanken bringen…
Nee, lieber „Brot und Spiele“… so Rosamunde-Pilcher-like… oder GMTM…
Fernsehen läßt sich auch viiiel einfacher konsumieren…
Max von der Grün hat doch „Die Vorstadtkrokodile“ geschrieben, richtig? Der war mal Arbeiter. Hat er noch mehr Bücher geschrieben? Das eine ist wohl mit Abstand sein bekanntes. Fand ich ganz gut, dass die Kinder mit einem Behinderten zusammen eine Bande waren, dass die typischen Verdächtigen eben nicht wie sonst üblich die „Itaker“ waren… Aber Burks hat Recht, das Buch ist alt.
Den Film zum Buch gibt es seit 1966. Hauptrolle: Manfred Krug.
Auf einem Trittbrett bekommt man wohl nichts mit. Hauptsache unsinnige Kommentare schreiben. Das funktioniert bei Burks.
@trittbrettschreiber
https://de.wikipedia.org/wiki/Spur_der_Steine_(Film)
Spur der Steine (Film)
Er gehört damit zu den Verbotsfilmen der DDR. Erst im Oktober 1989 durfte der Film wieder in der DDR aufgeführt werden, wenig später wurde er bei der Berlinale 1990 in der Bundesrepublik Deutschland gezeigt.
Mit 256.948 Kinobesuchern im Jahre 1990 landete Spur der Steine auf dem 62. Platz der Liste der erfolgreichsten Filme des Jahres in Deutschland.
Den Film kann ich mir immer wieder ansehen. Die digital aufbereitete Version wird regelmäßig auf diversen Kanälen im GEZ-TV gezeigt. Ansehen!
Ich empfehle hier mal Volker Braun:
„Die hellen Haufen“
„Machwerk Oder Das Schichtbuch des Flick von Lauchhammer“
Beides selbst gern gelesen.
Noch auf der ToDo-Liste:
„Rummelplatz“ von Werner Bräunig. Wobei der Roman schon viel älter ist, aber zu DDR-Zeiten nie erschienen.
Es gab doch bei S.Fischer in den 70/80er Jahren eine Reihe mit Arbeiterliteratur, auch von M.von der Grün betreut…wenn mich mein Gedächtnis nicht trügt?!
Eine Schwierigkeit ist folgendes Dilemma:
Schafft es jemand aus der Wörkingklass muss er seinen „Wert“ ständig beweisen, das Klima der akademischen Umwelt zwingt ihn dazu…
und
die Denke in der Arbeiterklasse, das ein herausschauender Nagel wieder eingeschlagen werden muss…
Das einzige Gebiet,wo es nicht so Gewicht fällt,ist Music…
John Lennon,Tom Jones ;-)
Habe mal „Working class movies“ gesucht und bin
bei der imdb.com fündig geworden.
Eine sehr interessante Auswahl.
Die üblichen Verdächtigen:Chaplins „Modern Times“ bis Ken Loach und italienischen Neorealismus…
Aber auch „Billy Eliot“,“The full Monty“ und „Land of the Dead“…
Zwar nicht die letzten 30 Jahre aber, Er sollte nicht vergessen werden:
https://de.wikipedia.org/wiki/G%C3%BCnter_Wallraff
https://en.wikipedia.org/wiki/G%C3%BCnter_Wallraff
Es existieren Unterschiede. ;-) Ich habe es zwar nicht gesehen aber das mit RTL war wohl nicht die beste Idee. Irgendwas ist wohl immer. Bei Filmen. Würde Ich noch Werner dazu nehmen, Ja Ich weiß eine Komödie aber so schön überzeichnet. Dann kommt, mit dem Internet auch sowas: https://youtu.be/ljlgSjXWH3A, https://youtu.be/IuOEf-pNXUI
Mehr Konventionell: https://michaelmoore.com/ (Javascript… brrr. Wenigstens wird was angezeigt, wenn JS aus steht), ein wenig Erfolg und die Propaganda Maschine läuft dagegen. Ist wohl immer ein wenig Dreck zu finden. Arbeiter ohne Dreck? Verdammt schwer.
@M.Krug
Ja leider – hier draußen ist einfach zuviel Ablenkung: Der neoliberale Wind geht auf die Ohren, die postsozialistische Architekur blendet und das intellektuelle Dröhnen im Fahrzeuginneren haut einen schon manchmal aus der Spur.
@die Anmerkung
Ich kenne den Film, nicht das Buch, dessen Lektüre ich mir nicht antun werde. Einerseits geht es wieder einmal um die onanisitische Selbstinszenierung der oberen Klasse in der DDR, die sich mit dem herzhaft testosterongesteuerten Pöbel (wir sind das Volk) derart arrangieren muss, dass auch der an der Wand hüstelnde Walter zufrieden gestellt wird. Gespickt mit prüden Versuchen, auch noch so etwas wie Liebe oder Sex und vor allem die Brigade reflexiv in das selbstreferentielle System zu integrieren, treibt einen der Film dann doch in den Bierkeller, wo Vielosofie das Verbots-Thema Nr. 1 bleibt.
„Ein Mann seiner Klasse“ von Christian Baron?
Oder „Rückkehr nach Reims“ von Didier Eribon? Okay, kein Arbeiter in der Hauptrolle, aber zumindest die Sorgen und Nöte der Arbeiterschaft heute im Mittelpunkt und warum diese nicht mehr links wählen.
Die Hauptfigur in „Spur der Steine“ ist kein Arbeiter. Da müssen Sie etwas verwechselt haben.
Ein Brigadier ist kein Arbeiter??
Er war Zimmermann und wurde dann Brigadier. Stimmt, Sie haben recht.