Machiavelli lässt grüßen

machiavelli

Besser eine zugrunde gerichtete Stadt als eine verlorene. (…) Den Staat regiert man nicht mit einem Rosenkranz zwischen den Fingern. (Niccolò Machiavelli (1469-1527), Florentinische Geschichte, VII)

Im Gegensatz zur übergroßen Mehrheit hierzulande halte ich Donald Trump nicht für dumm. Aber darüber will ich mich nicht streiten. Besser ist diese These: Trump verhält sich logisch und vernünftig im Sinne des Systems.

Was das hiesige Feuilleton gern vergisst: Der US-amerikanische Präsident sitzt einem Ausschuss vor, den die herrschende Klasse gebildet hat, um ihre Macht im Kapitalismus zu perpetuieren. Was erwarte ich von so jemandem? Doch nicht etwa Gendersprache, Empathie für die Entrechteten, „queerfreundliches“ Denken, anti-sexistisches Gehabe während einer Spendengala? Alles Blödsinn. Eine Charaktermaske ist eine Charaktermaske.

Die herrschende deutsche Antipathie gegen Trump zeigt nur, wie verkleinbürgerlicht, dumm und naiv das politische Denken und der mediale Mainstream sind. Lesen wir doch Machiavelli, der viel klüger war – und das vor einem halben Jahrtausend:
Folglich darf der weise Herrscher seine Versprechen nicht halten, wenn ihm das Schaden bringen kann und wenn die Voraussetzungen für die Verpfändung seines Wortes fortgefallen sind. (…) Denn die Menschen sind so einfältig und passen sich den Notwenigkeiten des Augenblicks so lammfromm an. dass der Betrüger immer Dumme findet, die sich betrügen lassen… (Il Principe)

Was ist vernünftig an Trumps Verhalten angesichts der drohenden Corona-Katastrophe? Die Kosten für einen Shutdown sind höher und die Folgen wögen schwerer als der Nachteil, den der Kapitalismus von mindestens 200.000 Toten hätte – so einfach. Das Kapital hat bekanntlich schon von zwei Weltkriegen und dem faschistischen Massenmord profitiert, diese sogar leidenschaftlich begrüßt, ganz zu schweigen von den zahllosen lokalen und asymmetrischen Kriegen, die zur Zeit toben. So what?

In einem halben Jahr werden die Friedhöfe der USA die Leichen nicht mehr fassen, aber die Bevölkerung wird vermutlich durchseucht und halbwegs immun sein. Warum sollte die herrschende Klasse sich darum scheren, solange ihr Profit und ihre Macht gesichert sind? Der 2. Weltkrieg allein hat rund 50 Millionen Opfer gefordert – und zweifelte anschließend die Mehrheit der US-Amerikaner am Kapitalismus? Mitnichten.

Auch muss gesagt werden, dass sich ein Fürst nicht immer so verhalten kann, wie man es von einem rechtschaffenen Mann gemeinhin erwartet, denn das Staatserfordernis nötigt ihn oft, sein Wort zu brechen und der Nächstenliebe, der Menschlichkeit und Religion zuwiderzuhandeln. Er muss daher hellhörig sein, sich nach den Umständen richten und mit dem Winde segeln, zwar wenn irgend möglich, vom rechten Weg nicht abweichen, aber ohne Bedenken auch den bösen beschreiten, wenn es die Not erfordert. (Il Principe)

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Kommentare

13 Kommentare zu “Machiavelli lässt grüßen”

  1. multiplikato am März 29th, 2020 9:39 pm

    in Deutschland müsste man also zugeben, das Ulbricht recht hatte. Und das wird nie geschehen.

  2. tom am März 30th, 2020 12:16 am

    Burks, Du hast ja so RECHT – wahrscheinlich mit allem.

  3. Martin Däniken am März 30th, 2020 2:57 am

    „Mögest Du immer in interessanten Zeiten leben.“
    Alter chinesischer Fluch.
    Also interessant ist diese Corona-Mistigekackscheisse bislang ja nicht grade..oder?!
    Wenn so richtig die Mad-Max-Zukunft über uns hereinbricht..dann ist interessant angesagt und Trump kann sein volles Potenzial ausschöpfen!
    Es ist übrigens verboten Trump und alle Spielarten von „Vernunft“ oder „Rationalität“ in einen Kontext zusetzen.
    Beim Nicht-Befolgen wird man als Freundin von dem Wendler und/oder Lothar Matthäus wieder geboren… ;-)

  4. Juri Nello am März 30th, 2020 7:30 am

    „Die herrschende deutsche Antipathie gegen Trump“ kann ich in Sachsen nicht beobachten. Hier wird er als launischer, aber starker Führer bejubelt, ausgenommen von ein paar Intellektuellen.
    Wie der Kiezschreiber schon vor einer Weile schrieb:
    „Der Kapitalismus ist nicht bedroht. Er erreicht nur die nächste Stufe.“
    Es läuft ja sogar recht gut für ihn. Die Operation Marktbereinigung ist bislang ein voller Erfolg. Die Kleinen sind aus dem Markt raus, die Großen teilen sich den Markt auf und bestimmen nicht nur die Preise. Der Staat wird dagegen nichts unternehmen. Viele Großkonzerne haben mehr Geld als ganz Europa zusammen. Von daher ist Incorporated als Dystopie näher denn je. Deutschland wird dann vermutlich Volkswagen. Dumm nur für den, der da nicht unterkommen kann.
    Während man sich hierzulande beliebt, wegen Scheißhauspapier die widerlichen Fressen im und beim Discounter einzuschlagen, fliehen die Inder (die schon jetzt nix mehr haben) aus Ihren städtischen Slums auf die Dörfer, die natürlich reihenweise krachen gehen, da die nicht mal die eigenen Leute versorgen können.Was wohl los sein wird, sollte in Afrika die Pandemie ähnliche Effekte auslösen, während zeitgleich unsere Werbung auf jedem Handy abläuft, nicht jedoch die Videos von um sich schlagenden Teutonen auf Ihrer Jagd nach Klopapier?

  5. flurdab am März 30th, 2020 1:54 pm

    Wie hieß doch noch diese Frau hier in Deutschland von der man immer so wenig hört, hatte die nicht auch „Durchseuchung von 60- 70%“ gesprochen?
    Braucht man eigentlich noch viele Kunden wenn man die Modern Money Theorie anwendet?
    Oder kann man da auf Human Resource im bisherigen Umfang verzichten?

  6. flurdab am März 30th, 2020 2:22 pm

    Ich möchte in diesem Zusammenhang an Naomi Kleins Buch „Die Schock- Strategie“ erinnern.
    Die Pandemie ist ein Schock, und es wird sich jemand finden der sie nutzen wird, um Profit zu machen.

  7. Messdiener am März 30th, 2020 6:30 pm

    JaJaJa, Burki hat recht.
    Hauptsache der Rum reicht für 6 Monate Quarantäne, Klopapier, scheiss drauf.

  8. Horst Horstmann am März 31st, 2020 7:25 am

    Die Infektionsrate steigt analog zur Einwohnerdichte – und ebenso die Stimmenanteile der Demokraten.
    Kein Wunder, daß Trump eine Reisesperre einer Ausgangssperre vorzieht.^^

  9. ... der Trittbrettschreiber am März 31st, 2020 9:36 am

    Machiavelli – neben Clausewitz eines der wichtigsten
    Bedienungsanleitungen der Menschen-Welt. Beide sind Gift. Wer diese Werke liest, kommt aus dem Staunen, den Aaaah-Glucksern und der aufsteigenden inneren Häme nicht mehr heraus, wähnt man sich doch plötzlich auf der Seite der Wissenden und somit als Anwärter der Macht. Letzlich sind diese literarischen Mausefallen aber nur geniale Versionen der nur den Menschen möglichen praktizierten Selbstverachtung, projeziert auf den Menschen gerade neben einem selbst.

  10. Trebon am März 31st, 2020 2:22 pm

    Bei Politikern ist sich nach dem Winde richten ja usus. Von keinen Kurs und kein Ziel zu haben hat M. aber nichts geschrieben.

    Im übrigen halte ich die ganze Virenarie weiterhin für Panikmache. Die Friedhöfe werden nicht überfüllt, auch nicht in den USA.

    Mag sein das der Virus gefährlicher ist als der letzte, darauf deutet aber nichts hin. Gegenmaßnahmen sind natürlich Ok, aber derart maßlose Überreaktionen fehl am Platze.

  11. Schoofseggl am März 31st, 2020 7:23 pm

    …das kann man hier mal so absondern und falls in nem Jahr dann raus sein sollte, daß groß nix passiert ist weisste erst nicht ob das wegen der Panikmache war oder nicht. „There is no glory in prevention“ sagen die Virologen. Ich finde es gerade echt schwierig abzuschätzen, die Bilder aus Italien sind auf jeden Fall dramatisch

  12. waldheinz am März 31st, 2020 8:19 pm

    Carl Schmitt läßt auch grüßen:
    „Souverän ist, wer über den Ausnahmezustand entscheidet.“ – Politische Theologie – Vier Kapitel zur Lehre von der Souveränität, Duncker & Humblot, Berlin 1922
    https://de.wikiquote.org/wiki/Carl_Schmitt
    Und vielen anderen Widerlingen tropft jetzt regelrecht der Zahn.

  13. Von Trump lernen heisst Propaganda lernen : Burks' Blog am April 15th, 2020 1:02 pm

    […] – Lest mehr Machiavelli! […]

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