Wahl-Extra oder: Wettbewerb um die ergiebigsten Claims

konkret

Es wurde vom Publikum angemerkt, man vermute, ich läse die konkret. Das ist korrekt. Nachdem vermehrt Gendersternchen dort aufgetaucht waren, erwog ich, die Zeitschrift, die ich schon abonniert hatte, also dort noch Tittenbildchen das Cover schmückten, abzubestellen, da ich reaktionäre Lifestyle-Sprachesoterik und „links“ für inkompatibel halte. Die letzte Ausgabe hat – und die erste ohne Gremliza – hat mir aber so gut gefallen, dass ich noch abwarte.

Wir wollen heute über den Abzocker Kemmerich und den Plan der CDU reden, irgendwann mit den Salonfaschisten von der AfD zu paktieren. Auf lokaler Ebene ist das ohnehin schon so und lässt sich auch nicht vermeiden, wenn man zum Beispiel einer Meinung ist, ob die Straßenbeleuchtung in irgendeinem Kaff aus- oder angeschaltet werden soll.

Interessant ist aber die Strategie. interessanter Aufsatz in The European ist lehrreich. Der Verfasser Karl-Eckhard Hahn, Leiter des wissenschaftlichen Dienstes der CDU-Fraktion im Thüringer Landtag, ist ein rechter Christdemokrat, den zu beschreiben die gefühlten liberalen Medien dazu veranlasst, weltanschaulich ziemlich herumzueiern zwischen „neurechts“, „konservativ“ und was sich sonst so im angebräunten Schattenreich so tummelt. Es ist natürlich Blödsinn, zwischen CDU und CDU einerseits und AfD andererseits scharfe Grenzen ziehen zu wollen.

Hahn beschäftigt sich mit den Chancen und Risiken, wie mit der AfD parlamentarisch umzugehen sei.
Die CDU-Landtagsfraktion hat in einem einstimmigen Beschluss vom 14. Januar 2020 vielmehr betont, „alle parlamentarischen Möglichkeiten nutzen“ zu wollen, um ihre politischen Ziele durchzusetzen. Die dort angekündigte „Korrektur von Fehlentscheidungen der vergangenen Wahlperiode“ lässt sich kaum ohne Zustimmung von Abgeordneten der AfD umsetzen.

Es zeichnet sich denn auch bereits ab, dass der linke, wie üblich antifaschistisch geadelte Rigorismus [Link von mir, B.S] sich nicht durchhalten lassen wird. Der geschäftsführende Chef der Staatskanzlei, Benjamin Immanuel Hoff (Linke), sieht inzwischen kein Problem mehr darin, wenn die AfD rot-rot-grünen Gesetzen zur Mehrheit verhilft, wenn sie anders nicht zu haben ist. So ausgeführt in der MDR-Sendung Fakt ist am 20. Januar 2020 [gemeint ist der 25.01., B.S.]. Im parlamentarischen Alltag sieht rot-rot-grün [sic] großzügig darüber hinweg, wenn ihr die AfD auch gegen die Stimmen von CDU und FDP Mehrheiten verschafft. Das zeugt von Realismus.

Man muss zunächst mal akzeptieren, dass Hahn die Situation zutreffend analysiert; der Autor ist mitnichten ein Sympathisant der AfD, sondern treuer Parteisoldat der CDU, also auch Anhänger der dort herrschenden Totalitarismus-Theorie („Rot gleich Braun“], der Lebenslüge der Bürgerlichen.

Ein Teil der konkreten Wahlversprechen ließe sich mit Rot-Rot-Grün, ein anderer Teil mit der AfD und der FDP umsetzen. Und zwar jeweils so weit, wie die politischen Inhalte deckungsgleich sind. Genau aus diesem Grund versuchen Linke, SPD und Grüne die vollständige Einbeziehung der AfD in die parlamentarische Sacharbeit zu verhindern. Die Erwartung wird meist abstrakt formuliert, es dürfe keine Zusammenarbeit geben.

Die Konsequenz dieses Strategie-Papiers ist einfach: Die Stimmabgabe zugunsten eines FDP-Kandidaten, der ohne einen Koalitionsvertrag oder sonstige politische Zusicherungen an den Start ginge, verpflichtete diesen politisch zu absolut nichts. Weder gegenüber der AfD noch irgendjemandem sonst. Bei der Zusammenstellung eines Kabinetts wäre er vollkommen frei. Nach welchen Maßgaben ein Bewerber das zu tun gedenkt, kann er außerdem vor einer Wahl klarstellen und damit für Transparenz sorgen.

Die CDU oder ein FDP-Ministerpräsent kann also eine Minderheitsregierung bilden und sich dann heimlich von der AfD wählen lassen. Alles ganz demokratisch. So wird es irgendwann auch kommen.

Wenn euch Politik jetzt nicht mehr interessiert, könnte ihr euch natürlich auch Eulen angucken.

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Kommentare

5 Kommentare zu “Wahl-Extra oder: Wettbewerb um die ergiebigsten Claims”

  1. Mazursky am Februar 9th, 2020 4:07 am

    Die betreute Diskussion im MDR-Programm mit der Stelle (ab 45:30), wo Hoff gefragt wird, wie man künftig als Minderheitsregierung auf eine AFD-Zustimmung zu eigenen Gesetzentwürfen zu reagieren plane, wenn gleichzeitig CDU und FDP dagegen stimmten. Hoff eiert rum und tut so, als wäre das nichts wesentlich Anderes als in der vorherigen Wahlperiode, zuletzt versehen mit der Einschränkung der Geschmacksrichtung „nur Sachpolitik“. Die Behauptung, Hoff sehe überhaupt „kein Problem mehr“ mit AFD-Stimmen, ist aber natürlich Hahns interessierte Lesart, um darauf seine auch vom später entlassenen Ostbeauftragten empfohlenen „Überlegungen“ aufzubauen. Eine nach vorher (!) transparent gemachten Maßgaben berufene Regierung eines MPs, der trotzdem politisch niemandem verpflichtet wäre? Technokratische Rabulistik, diesseits von Staatsnotstand (und üblen AFD-Scherzen wie am Mittwoch) vollkommen praxisfremd. Aber die Grenze, um deren Verschiebung es Hahn erkennbar geht, verläuft ja auch nicht zwischen AFD und CDU/CSU, sondern irgendwo durch CDU/CSU/FDP hindurch. Zum Beispiel Linnemann und Kuban vermochten Hahns Überlegungen offenbar zu folgen, immerhin.

    Das Februarheft gefällt mir auch gut. Weizenpampe!

  2. ... der Trittbrettschreiber am Februar 9th, 2020 10:16 am

    Danke Burks. Du verstehst Deine Leser wie eine Katze ihr Frühstück am Loch. Nach langen Grübeleien über bürgerliche Lebenslügen waren die Eulen Balsam für mein gemartertes Hirn, dass auch nach überreichlicher Flüssigkeitszufuhr nicht den sozial erwünschten Output zu produzieren imstande war. Welch ein Naturkick widerfuhr ihm dann beim Betrachten des außergewöhnlich liebenswerten Federviehs, mit dem sich zumindest einer Deiner nach Weisheit strebenden Rezipienten Deiner Posts so gern identifizieren würden. So war es mir einfach gestricktem Leser eine Herzensfreude, Freundschaften zwischen Malinois-Mix und Waldkauz und kreative Eulen durch die Linse eines Weitwinkelobjektivs blicken zu sehen.
    Was hätte der Maler Marx empfunden, mit seinem Pinsel in der Hand?

  3. Martin Däniken am Februar 9th, 2020 12:50 pm

    Die Eule ist sehr sympatisch,würde ich wählen..zum aFDP-Vorsitzenden!
    Man habe sich in der AfD geirrt,
    auch er selbst habe sich geirrt, so Lindner, laut focus…und anderer Medien!
    Wir als deutsche demokratische Republik haben auf ewig(möge daslange dauern) das Recht verwirkt noch jemals irgend etwas an Kritikähnlichen in Richtung „unterentwickelter Staaten“ oder in jeglicher Form als entmündiger Vorschriftsstaat/-regierung/-mensch oder sonst was auf zutreten…
    Wird zwar nie passieren,das wir Deutschen,das wir alles besser können,irgenswie NICHT betonen würden.

  4. Godwin am Februar 10th, 2020 10:54 pm

    bin mal gespannt, wann die ersten Kaffeesatzleser anfangen, die Genese der aktuellen Misere auf das „System Merkel“ zurückzuführen, dass ja anfangs darin bestand, wirkliche JEDE potentiell fähige und damit gefährliche Person aus den höheren Einflusssphären der Partei zu entfernen…

  5. Horst Horstmann am Februar 11th, 2020 4:27 am

    Natürlich stellt Hahn viele Vorgänge treffend dar – Plattitüden sind schließlich vorzügliche Nebelkerzen.

    Ost- wie Bimbes-CDU bleibt langfristig doch überhaupt keine andere Wahl, als sich an die AfD heranzuwamsen, deren bisherige Erfolge ja nicht nur wegen, sondern auch trotz einer „suboptimalen“ Außenwirkung zustande kamen, und die mit einigen Zugeständnissen an das wertewestliche Selbstbild der Bourgeoisie allen(!) kapitalistischen Parteien in Summe mehr Wähler wird abjagen können, als sie durch eine Entnazifizierung verlieren würde.

    Und die Pointe daran:
    Eben jene kapitalistischen Parteien werden auch weiterhin -ideologisch versiert und maximal borniert- die Ottonormalverbrauchten vor der Systemfrage bewahren und es ihnen leichtmachen, die Schuld jemand anderem als sich selbst zuzuweisen.

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