Eines Menschen gedenken

Wiglaf Droste ist tot. (Und – Ironie des Schicksals – Vera Lengsfeld lebt noch.)

Ich empfehle den Nachruf Gustav Seibts in der Süddeutschen: „Patriotismusverächter und Sprachliebhaber“:
Sein Metier dabei war weniger die Welt- als die Sprachbeobachtung. Sprachkritik war bei ihm aber nicht Knöllchenverteilung zur Verhöhnung von Unterprivilegierten, sondern ein scharfer Blick auf gesellschaftliche Praktiken, in denen Mitarbeiter „gut aufgestellt“ zu sein haben, um „zeitnah“ und „zielführend“ agieren zu können, gehetzt von rollkofferbollernden und mobiltelefonbrüllenden Managementbarbaren. Dabei mobilisierte Droste die autoerotische Sprachlust ungebremsten Schimpfens ebenso wie das raue Gelächter über öffentlichen Schwachsinn.

Einer meiner Lieblingstexte Drostes ist Mösenstövchen bleibt:
Sex/Gender-Debatten mögen einige Akademikerinnen ernähren; zu diesem einzigen Zweck wurden sie schließlich ersonnen. Sie fügen der Welt jedoch weder Wahrheit noch Schönheit zu. Was sich im feministischen Restmilieu abspielt, ist bloße Folklore. Der Wunsch, über korrekt gemeinte scheußliche Wörter Welt und Weltbewusstsein zu ändern, nervt – und scheitert.

Dieselben Leute, die früher wegen Wiglaf Drostes Kolumnen ihr Taz-Abo gekündigt haben, gehen heute vegan essen, verehren Greta und den Klimaschutz und sprechen gendergerechte Sprache.