Wohin mit der herrschenden Klasse?

Fallbeilraubgrafenkasten

Oben: Fallbeil, 14. Jh., unten der so genannte Raubgrafenkasten, Schlossmuseum Quedlinburg

Mir war klar, dass die Jusos Karl Marx nie gelesen haben, sonst wären sie ja nicht in der heutigen SPD. Also kann man ihnen nicht vorwerfen, sie hätten etwas falsch verstanden, genausowenig man einem Hauptschüler zum Vorwurf machen kann, er hätte die spezielle Relativitätstheorie missinterpretiert.

Karl Marx hat nie von Verstaatlichungen gesprochen. Ein Zitat, das man (als Juso) falsch anwenden könnte, steht im Kommunistischen Manifest:
Das Proletariat wird seine politische Herrschaft dazu benutzen, der Bourgeoisie nach und nach alles Kapital zu entreißen, alle Produktionsinstrumente in den Händen des Staats, das heißt des als herrschende Klasse organisierten Proletariats, zu zentralisieren und die Masse der Produktionskräfte möglichst rasch zu vermehren.

Haben wir zur Zeit eine „politische Herrschaft“ des Proletariats? Nicht, dass ich wüsste. Ist der Staat in den Händen des Volkes der Bevölkerung? Auch nicht wirklich. Welchen Sinn könnten Verstaatlichungen im Kapitalismus dann haben?

Natürlich kann man denselben reformieren oder so tun als ob, abmildern, damit die Leute nicht allzusehr herumrebellieren. Man könnte Strom, Wasser, Gas, Internet, Nah- und Fernverkehr in die öffentliche Hand überführen, das Gesundheitssystem sowieso, da es jedem einleuchtet, dass mit dem, was jeder umbedingt zum Leben braucht, keine Profite gemacht werden müssen. Aber Autos?

So einen Quatsch kann nur die SPD fordern. Ich vermute jedoch, dass hier nur jemand die größtmögliche Aufmerksamkeit suchte und wusste, an welches Heiligtum er pinkeln musste, um das zu erreichen.

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Kommentare

16 Kommentare zu “Wohin mit der herrschenden Klasse?”

  1. kikujiro am Mai 4th, 2019 3:08 pm

    Ich kaufe ein „i“ und ein „t“ für die „polische Herrschaft“. ;)

  2. ... der Trittbrettschreiber am Mai 4th, 2019 3:31 pm

    :-) … danke Burks – darum (es geht um den Text!) lese ich Deinen Blog.

  3. Kalle am Mai 4th, 2019 4:05 pm

    Man könnte Strom, Wasser, Gas … Nah- und Fernverkehr in die öffentliche Hand überführen, das Gesundheitssystem sowieso…

    Das war doch mal alles in der öffentlichen Hand. Wieso sollte man das jetzt wieder entführen?

    Da fehlt doch etwas in deinem Text.

  4. multiplikato am Mai 4th, 2019 4:37 pm

    Die Angst vor dem realem Marxismus/Leninismus muss gross sein. Die führenden Imperialisten wissen sehr wohl, was er meint und will. Da schickt man halt ein paar Püpchen in den Ring, lenkt ab, und macht sich lustig. Nein , wie niedlich. Es vergisst der Imperialist, dass viele, sehr viele Menschen durschaus gelernt haben, was Marxismus beschreibt, analysiert und will.Der böse Osten eben.

  5. Corsin am Mai 4th, 2019 5:23 pm

    Immerhin befindet sich der größte europäische Autokonzern zu einem großen Teil in Staatsbesitz (20% BRD, 20% Niedersachsen). Leider hat aber auch dieser sich aber auch von seiner früheren Volkstümlichkeit verabschiedet, wie insbesondere Dieselfahrer zu berichten wissen.

    Sensationell jedoch, wie die es nach dem Krieg geschafft haben, an den naiven Allierten vorbei die vormalige „Stadt des KdF-Wagens“ nach des verblichenen Führers Spitznamen „Wolfsburg“ zu nennen. Das nenne ich Chuzpe!

  6. admin am Mai 4th, 2019 5:28 pm

    @Kalle: Für Berlin stimmt das nicht (mehr). Und seit wann wurde das Internet in Volkseigentum überführt? Und Facebook und Google? Das hätte der Juso mal fordern sollen!

  7. Alreech am Mai 4th, 2019 5:36 pm

    Wenn Strom, Wasser, Gas, Internet, Nah- und Fernverkehr das Gesundheitssystem und alles andere das jeder umbedingt zum Leben braucht (z.B. Produktion & Verteilung von Lebensmitteln & Kleidung, Bildung…) keine Profite sondern Verluste machen soll dann müssen die Mittel für den Unterhalt dieser Dienstleistungen aus anderen Quellen kommen.
    Z.B. der Automobilindustrie.
    Natürlich macht es keinen Sinn dann den Arbeiter bei VW darüber entscheiden zu lassen ob er noch mehr Erfolgsbeteiligung bekommmt! Deswegen Verstaatlichen, damit Funktionäre wie Kevin Mittel gerecht zum Wohl der Massen einsetzen können.

  8. Ralf am Mai 4th, 2019 6:12 pm

    Ach, das kommt mir doch alles bekannt vor.

    Gerhard Schröder als Juso Vorsitzender 1978-1980 galt auch damals als strammer Linker.

    Er selbst erklärte damals „Ja, ich bin Marxist“, und das sei auch die politische Position der Jusos.

    Was kam ist bekannt Agenda 2010 und Angriffskriege.

  9. flurdab am Mai 4th, 2019 11:30 pm

    Hat der Kühnert denn überhaupt von Verstaatlichung gesprochen?
    Das Interview wird ja von der Paywall versteckt, inzwischen habe ich soviel darüber gelesen, dass ich mir überhaupt nicht mehr sicher bin was Kühnert als Hypothese formuliert hat.
    Ich meine aber das er von vergemeinschaften sprach, also eher Genossenschaften.
    Aber hey, SPD, Jusos etc.- Die wolen doch nur twittern, nix ändern.

  10. Jim am Mai 5th, 2019 10:25 am

    @Corsin
    An diesen Zug hatte ich noch nie gedacht, Wolfsburg… jetzt hat das plötzlich Geschmäckle.
    Ich glaube das mit dem Staatsbesitz verhält sich umgekehrt. „Die da oben“ bei VW haben eher Einfluss auf die Politik als andersrum. Da können Vorstände, Betriebs- und Aufsichtsräte noch so erzählen, man ist dort knallharten Interessen ausgeliefert und lässt sich von Gehaltschecks und duften Parties beeindrucken.
    Da geht auch einer wie Gerhard Schröder, der wirklich mal Arbeiter war und aus dem Grund in die SPD eintrat, plötzlich im Land umher und glaubt seine eigenen Lügen.
    Ich wüsste zu gerne, ob es uns allen anders ginge, säßen wir mit Millionenverträgen besoffen gemacht im bequemen Sessel…

  11. kikujiro am Mai 5th, 2019 12:10 pm

    Klar. Sonst hätten sie ja ständig „Bauchschmerzen.“

    SPD-Zugehörigkeit ist doch heutzutage keine Frage des Klassenstandpunktes mehr, sondern ein Lifestyle.
    Wieviele SPD-Entscheidungsträger kommen denn noch aus der Arbeiterklasse, wissen wirklich, wie es einem Arbeiter geht und sind dann Willens und vor allem in der Lage, etwas zu ändern?
    Wenn man an dem Punkt ist, in dem man in der SPD etwas bewegen kann, hat man schon so viele Aussiebungsverfahren durchlaufen, dass man das gar nicht mehr will.
    Oder anders herum ausgedrückt: so weit nach oben kommt keiner mehr, der wirklich grundsätzliche Fragen stellt.

  12. flurdab am Mai 5th, 2019 12:13 pm

    Für mich hat der Kühnert ja nichts anderes gemacht als die Eigentumsfrage zu stellen.
    Er hat also den Raub der Almende thematisiert, eine wirklich interessante Frage. Kein Wunder das alle „rechtschaffenden, schwer arbeitenden Politniks“ die Diskussion mit der DDR- Keule klein dengeln.
    Schade eigentlich.

  13. Ernst am Mai 5th, 2019 3:06 pm

    @admin

    Deine Entgegnung hat leider keinen Bezug zu der Bemerkung von @kalle.

    Du solltest dich als Politiker bewerben oder liest noch mal, was Kalle schrieb.

  14. Martin Däniken am Mai 5th, 2019 3:39 pm

    Für zu Beantworten der obigen Frage,
    ansonsten Wall-e gucken:
    https://www.wunschliste.de/serie/das-teuerste-kreuzfahrtschiff-der-welt

  15. admin am Mai 5th, 2019 3:57 pm

    FYI: https://www.volksverpetzer.de/schwer-verpetzt/kuhnert-bmw/
    Er stellt nicht die Systemfrage, sondern möchte Profite „demokratisch kontrollieren“. Das ist ja noch alberner.

  16. Martin Däniken am Mai 7th, 2019 9:53 am

    „Nur eine entmachtete herrschende Klasse ist eine gute herrschende Klasse!“
    Das ist wieder deep…

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