Vernebelte Hirne

friedrich kellner tagebücher

Ich möchte dem Publikum zwei Bücher wärmstens empfehlen. Friedrich Kellner, Justizinspektor und Sozialdemokrat: ‚Vernebelt, verdunkelt sind alle Hirne‘: Tagebücher 1939-1945 – die besten Bücher über die Zeit des Nationalsozialismus, die ich jemals gelesen habe.

Ich konnte die Nazis damals nicht in der Gegenwart bekämpfen. Also entschloss ich mich, sie in der Zukunft zu bekämpfen. Ich wollte kommenden Generationen eine Waffe gegen jedes Wiederaufleben solchen Unrechts geben. Meine Augenzeugenberichte sollten die barbarischen Akte aufzeichnen und auch zeigen, wie man sie beenden konnte.

Die beiden Bände lehren eindeutig: Jeder der damals lebenden Deutschen hätte über die Verbrechen Bescheid wissen können und müssen – über die Konzentrationslager, über dem Massenmord an Juden, über die Euthanasie. Kellner hat unzählige Zeitungsausschnitte dokumentiert, die die lächerlichen Lügen der Nazi-Propaganda auch ohne Kommentar ad absurdum führen.

friedrich kellner tagebücher

So etwas gehörte in den Schulunterricht – diese Augenzeugenberichte sind viel anschaulicher als theoretisches Lehrmaterial.

Man bleibt jedoch verzweifelt zurück: Wie konnten die Deutschen so sein? Ist das ein „Kulturvolk“? Nein.

Die Geschichte der Tagebücher, wer sie wo aufgefunden und nach großen Mühen herausgegeben hat, ist genau so abenteuerlich wie die Bücher selbst – es sind wahrhaft „Jahrhundert-Dokumente“. Dagegen ist das Antisemiten-Offizierspack, das in den offiziellen Gedenkstätten verherrlicht wird, völlig irrelevant.

Da der Kapitalismus die höchste Stufe der Entwicklung erreicht zu haben scheint, neige ich zu der Auffassung, daß nach dem Kriege nur der wirtschaftliche Kollektivismus d.i. der Sozialismus als einzige sittlich berechtigte Eigentumsform wirtschaftliche Daseinsberechtigung hat. Die Produktionsmittel müssen Gemeineigentum werden, damit der unheilvolle Einfluß der Wirtschaftsführer endgültig beseitigt wird. (…) Eins ist sicher: der Kapitalismus ist auf der ganzen Welt dem Untergang geweiht. Der Faschismus konnte ihn auch nicht mehr retten.

Diese Sätze werden natürlich in sämtlichen Rezensionen verschwiegen.