Kämpfe um Rom

Teja

Als kleiner Junge habe ich oft begeistert die Schulbücher meines Vaters aus der Nazi-Zeit durchgeblättert, weniger wegen der Inhalte, die ich eh nicht verstand, mehr wegen der interessanten Bilder, die ich nirgendwo sonst sah. Das obige „Gemälde“ faszinierte mich ganz besonders – der letzte Gotenkönig Teja in der Schlacht am Mons Lactarius. Der Text dazu:

Die Schlacht begann am frühen Morgen, Weithin sichtbar stand Teja, den Schild vor sich haltend, den Speer vorgestreckt, als erster mit nur wenigen vor dem Heere. Da glaubten die Römer, wenn er falle, sei das Ringen entschieden, und alle, die sich auszeichnen wollten, traten in großer Zahl zusammen und stießen und warfen mit ihren Lanzen nach ihm. Er aber fing mit seinem Schild alle Lanzen auf und erlegt in blitzschnellem Sprunge viele Feinde. Sooft aber sein Schild voll war von aufgefangenen Lanzen, reichte er ihn einem seiner Waffenträger und ergriff einen anderen. Auf diese Weise hatte er den dritten Teil des Tages ununterbrochen gekämpft. Eben staken in dem Schild wieder zwölf Lanzen, und er konnte ihn nicht mehr nach seinem Willen bewegen oder die andrängenden abwehren. Darum rief er eilig einen seinen Waffenträger herbei, wich aber nicht um des Fingers Breite, ließ auch die Feinde nicht weiter vordringen, sondern wie am Boden festgewurzelt bliebt er mit seinem Schilde stehen; mit der rechten Hand schlug er die Feinde nieder, mit der linken stieß er sie zurück, und dabei rief er nach seinem Waffenträger. Da kam dieser mit dem Schilde, und sofort ergriff ihn Teja an Stelle des seinigen, der mit Lanzen beschwert war. Als dabei aber seine Brust nur einen Augenblick ungedeckt blieb, wurde Teja von einem Speer getroffen und war auf der Stelle tot.

Wer denkt dabei nicht an bestimmte Szenen aus Homers Trojanischem Krieg in der genialen Vossischen Übersetzung!

Denn nicht rückwärts konnt‘ er hinwegfliehn, oder auch seitwärts;
Sondern gleich der Säul‘, und dem hochgewipfelten Baume,
Stand er ganz unbewegt; da stieß ihm Idomeneus kraftvoll
Seinen Speer in die Brust, und zerschmetterte rings ihm den Panzer,
Welcher von Erz geflochten ihn sonst vor dem Tode geschirmet;
Doch rauh tönt‘ er nunmehr; um die mächtige Lanze zerberstend.
Dumpf hinkracht‘ er im Fall‘, und es steckte die Lanz‘ in dem Herzen,
Daß von dem pochenden Schlage zugleich der Schaft an dem Speere
Zitterte; doch bald ruhte die Kraft des mordenden Erzes.

Das ist Epik! Nun gut, für die Nachgeborenen ohne humanistische Bildung geht auch 300. Oder der namenlose Wikinger auf der Stamford Bridge (1066).

Ich haben mich mal online ein wenig umgesehen, vor allem über den Gotensturm. Die Quellenlage zu den Goten ist dürftig. Interessant ist allemal eine gewisse Kontinuität des Römischen Imperiums, das letztlich von Warlords bzw. Usurpatopren dominiert wurde und dann ökonomisch schleichend in diverse frühfeudale „Staaten“ überging, wie etwa das Franken- oder das Westgotenreich. Der Gote Theodulf von Orléans wurde sogar Berater Karl des Großen, unter dem kurzzeitig wieder antike Texte exzerpiert und rezipiert wurden. (Dazu mehr bald – ich lese noch die mehr als 1000 Seiten von Johannes Frieds Die Anfänge der Deutschen: Der Weg in die Geschichte.)

By the way: Schon einmal von Septimanien, Tāriq ibn Ziyād oder gar von der Schlacht am Talas gehört? Unfassbar, was man alles nicht weiß, aber dennoch wissen müsste. Vielleicht sollte ich nach Bukarest und Uppsala reisen, um mein Wissen auch sinnlich upzugraden.

Hier zum Vergleich der Original-Bericht über Teja von Prokropius von Caesarea einem der größten, aber jedenfalls dem letzten Geschichtsschreiber der Antike, zu der Zeit, als es in Beirut noch Rechtssschulen gab, in denen Latein gesprochen wurde, bevor der Islam alles vernichtete:

Prokop Gotenkriege