Der Wald ruft

MittenwaldeMittenwaldeMittenwalde

Gleichwie die Stämme in dem Wald
Woll’n wir zusammenhalten,
Ein‘ feste Burg, Trutz der Gewalt,
Verbleiben treu die alten.
(1)

Da stand ich im Walde so vor mich hin, dó dâhte ich mir vil ange, wie man zer welte solte leben. Aber letztlich fragt man sich auch: Was soll der Scheiß eigentlich? Einfach mal wieder Waldboden riechen und das Rascheln der Blätter hören und kein Geräusch, was in Kujawien immer noch möglich ist. Man sollte jedoch als Deutscher bei Wäldern aller Art weltanschaulich vorsichtig sein:

Mit der Niederlage im Ersten Weltkrieg und dem Ende des Kaiserreiches geriet der „deutsche Wald“ für das radikalnationalistische Spektrum noch verstärkt zum Inbegriff organisch verstandener Identität. Außerordentlich aktiv war dabei der 1923 gegründete Deutscher Walde. V. – Bund zur Wehr und Weihe des Waldes, dem es aber weniger um die Bäume selbst als um die Bedürfnisse der Menschen ging: „Kommt, Deutsche, in den Wald hinein und lasst uns alle, alle einig sein!“ Klar definiert wurden auch die vermuteten Feinde von Wald und Volk zugleich, vor allem das französische „Schlächtergesindel“ und der jüdische „Wüstensprößling“. (2)

Hört, hört! Auf den unteren beiden Bilder bin ich hier, dort, wo der Hof meiner Urgroßeltern war. Das oberste Bild (nach Westen fotografiert) habe ich vom einzigen Bauernhof aus aufgenommen, der heute noch in Dąbrowa Mała (dt. Mittenwalde) existiert (auf der alten Karte unter der 73a).

Wir Deutschen sind von alters her ein Waldvolk gewesen und in unserem innersten Wesen bis heute geblieben. (3)

Ich kann mich an eines meiner liebsten Jugendbücher erinnern; Jan und Sam im Walde von Ernest Thomson Seton und dass ich damals das Wort „hinterwäldlerisch“, das vorkam, nicht verstanden habe.

Der Wald hat also was mit der Romantik zu tun, vermutlich eine reaktionäre, dennoch irgendwie antikapitalistische Romantik. Gut zu wissen.

(1) Joseph von Eichendorff: Der Tyroler Nachtwache. 1810. Berlin 1837.
(2) Johannes Zechner: Natur der Nation. Der ‚deutsche Wald‘ als Denkmuster und Weltanschauung, in: Aus Politik und Zeitgeschichte 67.49-50 (2017), 4-10.
(3) O. A., Uns ruft der Wald, in: Schutzgemeinschaft Deutscher Wald (Hrsg.), Uns ruft der Wald. Ein Buch deutscher Dichter und Waldfreunde, Rheinhausen 1949, S. 7.

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Kommentare

7 Kommentare zu “Der Wald ruft”

  1. ... der Trittbrettschreiber am Oktober 22nd, 2018 7:49 pm

    Apropos Romantik(umgangssprachlich):
    Es existiert auch deutsches Liedgut, das das Vorhandensein von Räubern im Wald protokolliert.

  2. ... der Trittbrettschreiber am Oktober 22nd, 2018 7:50 pm

    Hier der nach Raubkopie wiedergefundene Link:

    https://www.youtube.com/watch?v=BDXadTiK-oI

  3. Wolf-Dieter Busch am Oktober 22nd, 2018 10:42 pm

    Der Wald am Tag ist harmlos. Richtig Spaß macht er nachts, idealerweise bei Neumond. Auf die Geräusche lauschen!

  4. ... der Trittbrettschreiber am Oktober 23rd, 2018 10:44 am

    @Wolf-Dietr Busch
    Grausame Flügelschläge meuchelnder Eulen die mit ihrem Blutmahl schmatzend beginnen, noch bevor der wehe Schreckensschrei des Nagers schmerzröchelnd in der kalten Häme des Mondlichts wimmernd verendet.
    Gut wenn man auch nachts an eine empfindsame Buche gelehnt ein nordische Erfrischungsgetränk genießt und im Mondenschimmer eine Bedienungsanleitung der Grünen für nachhaltigen Umweltschutz rezipiert, solange die Wirkung der Flüssigkeit noch nicht eingesetzt hat.

  5. Andreas am Oktober 23rd, 2018 1:27 pm

    Gerade auf Twitter geklaut:
    „Im tiefen Wald, da hört man ein Gewimmer,
    das ist der Förster Kuno und sein Hund.
    Das Rheuma plagt den Förster immer schlimmer,
    und auch sein Dackel ist nicht mehr gesund.“

    Ansonsten verbringe ich in letzter Zeit viel Zeit im Wald, nachdem Zeitvertreib in Obstplantagen wegen brutalsmöglicher Trockenheit seit Mai leicht zu Staublunge führen kann. Da mich nach einigen Gesprächen mit Preppern ein wenig das Survival-Thema angefixt hat, gebe ich an dieser Stelle freimütig zu, bei meinen Streifzügen Beil und Klappsäge mitzuführen um gammelige Fichtenstümpfe auf der Suche nach Kienspan fachgerecht zu zerfetzen. Ist lustig, reagiert enorm ab und ich habe mittlerweile biologisch-dynamischen Grillanzünder für mindestens einen mittelschweren Alienangriff. Am Wochenende plane ich mich im Fallenbau zu versuchen.

  6. Martin Däniken am Oktober 24th, 2018 12:51 pm

    Was ruft der Wald:
    „Deutschschrat,Deutschschrat,
    Deutschschratratatata!“
    weil vielstimmig in schlesisch und polnisch und kuckuckisch ;-)!

  7. Godwin am Oktober 24th, 2018 7:29 pm

    Waldeinsamkeit – auch ein Stichwort in Thea Dorn’s „Die deutsche Seele“

    ansonstennoch zwei Links zum Thema:

    https://www.3sat.de/page/?source=/ard/sendung/193312/index.html

    https://www.planet-wissen.de/natur/landschaften/deutscher_wald/deutscher-wald-sehnsuchtsort-100.html

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