Qualm für das Proletariat

raucher

Jeder, der mich kennt, weiß, dass ich ein militanter Nichtraucher bin. Aber:

„Soziologisch gesehen handelt es sich bei der Durchsetzung des Rauchverbots um die systematische Vertreibung der Unterschichten aus dem öffentlichen Raum. Denn Rauchen ist längst zu einem Erkennungszeichen der tatsächlich oder potenziell sozial Schwachen geworden – derer, die in dieser Gesellschaft nichts mehr werden wollen oder können. In den USA ist diese Entwicklung schon sehr viel weiter fortgeschritten als in Europa, doch wir holen tüchtig auf. Wer am Qualmen festhält, sich nicht zumindest bemüht, es aufzugeben oder es wenigstens nur schamhaft und mit schlechtem Gewissen betreibt, gilt als charakterlos und potenziell untauglich, einen konstruktiven Beitrag zur menschlichen Gemeinschaft zu leisten.

Die Unterschichten aber können und wollen nicht auf das Qualmen verzichten, denn es ist eines der kleinen Fluchten aus einer absoluten Gegenwart, die keinen Zweifel mehr daran aufkommen lassen will, dass sie die beste und einzig denkbare aller Gegenwarten ist. Rauchen, fettes Essen und übermäßiges Trinken aber sind solche kleine Alltagsfluchten aus dieser Diktatur des Unmittelbaren, der jederzeit Fitten und Verwendbaren, und deshalb werden diese unerwünschten Gewohnheiten von einer Allianz aus durchkommerzialisierten Aufstiegsmenschen und grünen Öko-Gesundheitsaposteln unbarmherzig verfolgt. (Beide Gruppen überschneiden sich dabei mittlerweile schon sehr weitgehend.)“ (Richard Herzinger)