Die Revolution entlässt ihre Kinder und Enkel

Die Revolution entlässt ihre Kinder

Das Buch von Wolfgang Leonhard: Die Revolution entlässt ihre Kinder hätte ich schon in den 70-er Jahren lesen sollen. Aber damals hätte ich es eben aus genau den Gründen nicht getan, die Leonhard beschreibt.

Die schlechte Nachricht zuerst: Schlecht geschrieben, zu viele Details, zu lang, kaum theoretischer Tiefgang, für die nachgeborene Generation zu langweilig, zu viele Namen, die niemand mehr kennt. Ohne marxistische Grundkenntnisse nicht verständlich.

Die gute Nachricht: „Die Revolution entlässt ihre Kinder“ ist immer noch genau so aktuell wie der unsterbliche Sketch über die Volksfront von Judäa. Ich habe es mit äußerster Spannung gelesen, was aber nicht repräsentativ ist, da nur die ältere Generation, die in den 70-er Jahren Marx et al ausführlich studiert hat, mit den Ereignissen etwas anfangen kann.

Warum gibt es eigentlich immer noch keine theoretische Diskussion in der Linken darüber, wie „Stalinismus“ eigentlich entstanden ist und warum? Leonhard beweist anhand seines eigenen Lebens, dass der Moment, in dem Stalin an die Macht kam, eine Konterrevolution war. Alle Kader der ersten Bolschewiki wurden umgebracht. Nur Stalin und die Krupskaja überlebten. Noch schlimmer: Warum hat sich niemand gewehrt?

Wenn man die Leute detailliert beschrieben bekommt, die – aus dem Moskauer Exil kommend – einen Sozialismus in der DDR aufbauen sollten, dann weiß man sofort: Das konnte nur schief gehen. Schlechter konnten die Voraussetzungen nicht sein.

ich wusste gar nicht, dass Leonhard später im Westen eine kommunistische Partei gegründet hat, die sich an Jugoslawien orientierte. „Hier versammelten sich die erfahrenen, aber geschlagenen Kämpfer aus der zweiten Reihe der Arbeiterbewegung, die sich eine ehrliche, politisch-moralisch intakte und kämpferische Klassenpartei wünschten.“ Ist mir sofort sympathisch. Das würde heute aber genauso scheitern wie damals.

Aber urteilt selbst.