Lückenpresse in der Reformzeit

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Der deutsche Leser wird von seinen Zeitungen mißachtet. Das falsche Bewußtsein der Journalisten, jeder ein Kreuzzügler oder Entlarver, füllt die Spalten mit Gesinnungen statt mit Fakten. Ob links oder rechts, überall lassen sich horrende Informationsdefizite nachweisen. (…)
Daß sich der deutsche Journalismus nie mit erfolgreicher Auflehnung verbunden hat, nie Teil einer Widerstandskultur gewesen ist wie der Journalismus Frankreichs, Englands oder Amerikas, ist das Handikap, das er aus zwei Untertanen-Reichen in die Reformzeit fortschleppt.
(Der Spiegel 02.02.1970)

Ich kann mit der „Diskussion“, wie Fakten zu „checken“ seien aka „Fake News“ nichts anfangen. War es nicht von jeher die verdammte Pflicht von Journalisten, die Tatsachen zu überprüfen? Dennoch sind Medien immer schon der Echoraum der herrschenden Klassen gewesen. Wer das leugnet, leugnet auch die wissenschaftliche Literatur zum Thema.

Die Unfähigkeit zur Selbstkritik war und ist in deutschen Medien nie ein Bug, sondern immer ein Feature. Warum sollte sich das jetzt also ändern, wenn das Personal identisch bleibt? Schon mal vom Klassenhabitus gehört?

Endlich verständlich? Wenn ich mich jemals für die Branche fremdgeschämt habe, dann für diese lächerliche Kategorie. Jetzt schreiben wir, damit das Volk uns versteht. Vorher haben wir nur Unverständliches dahergefaselt. Wie peinlich ist das denn?