Das tut man nicht – oder doch

behaviour

Shanghaiist: „A couple of mommy’s little angels were caught on tape tearing apart a piece of artwork at a Shanghai museum recently. What’s more, their parents were also caught on camera, filming their kids‘ act of destruction with a smile.“

Noch einmal sei zur Lektüre empfohlen: Norbert Elias Über den Prozeß der Zivilisation: Soziogenetische und psychogenetische Untersuchungen. „Über den Prozeß der Zivilisation“ ist eines der wichtigsten Bücher über „Kultur“, das überhaupt je geschrieben wurden (jaja, natürlich neben Max Weber: Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus).

Wieso? Das, was man unter „Sitten und Gebräuche“ einer Gesellschaft oder einer deren Teilmengen (z. B. ein „Milieu“) versteht, ist eine wahnsinnig komplexe Sache, von der man bewusst gar nicht so viel weiß, weil viele Dinge, die man tut, auf einem kollektiven „Training“ beruhen, das ein paar hundert Jahre der oral history und des Lernens per Imitation bedurfte. Ethnologen können da viel zu sagen, aber die werden selten gefragt. Nichts ist natürlich, also ist auch nichts selbstverständlich oder eine anthropologische Konstante, weder der Art und Weise, wie „man“ gewalttätig ist noch, warum gegenüber wem Mitleid oder Empathie gezeigt wird. „Zivilisation“ im westeuropäischen Sinn (und nur in dem) heißt zum Beispiel:

Vorrücken der „Schamschwellen“, das heißt, mehr eigene Handlungen sind angstbesetzt;
Vorrücken der „Peinlichkeitsschwellen“, das heißt, mehr Handlungen anderer sind angstbesetzt;
„Psychologisierung“, das heißt Steigerung der Fähigkeit, die Vorgänge innerhalb anderer Menschen zu verstehen;
„Rationalisierung“, das heißt Steigerung der „Langsicht“, also der Fähigkeit, die Folgen der eigenen Handlungen über immer mehr Glieder der Kausalketten „vorauszuberechnen“.
Gewaltbereitschaft: sinkt allmählich (gegenüber Mitgliedern der eigenen Gesellschaft);
Sexualität: wird zunehmend stärker kontrolliert sowie unterdrückt und tabuisiert;
Essen und Trinken: die Formen werden strenger, „feiner“ (zum Beispiel: differenziertere Esswerkzeuge);
Ausscheidungsfunktionen: werden zunehmend tabuisiert und dem Blick anderer Menschen entzogen.

Und jetzt erst diskutieren wir über „Integration“ von Einwanderern. Das Wort ist so ein Unsinn, dass ich es gar nicht in den Mund nehme bei diesem Thema.

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Kommentare

4 Kommentare zu “Das tut man nicht – oder doch”

  1. flurdab am Januar 3rd, 2017 2:47 am

    Verstehe ich dich richtig dass du „Integration“, besser noch „Assimilation“ für unmöglich erklärt hast?

  2. admin am Januar 3rd, 2017 3:29 am

    Ich weiß nicht, was das bedeuten sollte.

  3. flurdab am Januar 3rd, 2017 9:11 am

    OK, jetzt verstehe ich was du meinst.
    Danke,ein wirklich wichtiger Gedanke.

    Dieses ewige Wording bricht jede intellektuelle Verständigung.

    Grüße

  4. flurdab am Januar 3rd, 2017 10:01 am

    Ich habe einige Kommentare zur „Flüchtlingskrise“ abgesetzt. Meine Begründungen wurden aber immer als „rechts“ oder dergleichen aufgefasst, und ich entsprechend angefeindet.
    Irgendwann bin ich umgeschwenkt und habe darauf hingewiesen, dass diese Menschen schlicht keine Europäer sind. Ob dies verstanden wurde mag ich nicht beurteilen.
    Ohne es werten zu wollen, muss man einfach akzeptieren, das in „Afrika“ andere Verhaltensmuster gelten.
    Es bleibt aber die Frage unbeantwortet, ob man den Import dieser Verhaltensmuster akzeptiert, und wie die Frage zu beantworten ist.
    Die Bundeskanzlerin, und mit ihr der Rest des Gesamtparlaments sind sicher nicht die richtige Instanz dafür. Denn es geht um eine beträchtliche Verschiebung von gewohnten Normen.
    Das ist nichts was gewählte Vertreter am grünen Tisch auskungeln können.
    Der I.WK sowie der II.WK wurden vom grünen Tisch aus begonnen, nach nunmehr 78 Jahren sollte die Entscheidungsfindung anders verlaufen.

    Grüße

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