Arrival oder: Unter Heptapoden

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Gestern habe ich mir den Science-Fiction-Film Arrival angesehen. Kann man zur Unterhaltung tun, es gibt aber keinen Grund für Jubelchöre.

Der Plot: Sie sind da, und wir verstehen sie nicht. Wissenschaftler versuchen es doch, und die Militärs sind blöd und machen beinahe alles zunichte. Das Thema hat Stanislaw Lem eigentlich schon hinreichend abgehandelt, auch in linguistischer Sicht: Wir können das Andere nicht begreifen, und schauen deshalb nur immer in den Spiegel. Aber vielleicht kann man das noch mal für die Nachgeborenen wiederholen, die keine guten Bücher mehr lesen. Der Film kriegt das aber aus verschiedenen Gründen nicht hin.

Erster Kritikpunkt: Wenn man den Plot kennt, ist das Film langweilig. Zwei Mal wird ihn sicher niemand ansehen. Zweiter Kritikpunkt: „Arrival“ macht genau den Fehler, den Raymond Chandler rät zu vermeiden: Der Autor lasse die Rezipienten nicht mit dem Gefühl allein, dass er alles schon wisse, es ihnen aber nicht verrate – wegen der Spannung und so. Diese Attitude nervt.

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Doofe Zwischenfrage Frage: Warum sind Aliens eigentlich immer größer als Humanoide – in Filmen, die mit ernstem Unterton daherkommen? (Mars Attacks! bleibt also außen vor.) Man freut sich schon, wenn sie nicht schleimig sind, weil man dann nicht immer an Theweleit oder Levi Strauss denken muss. Die Außerirdischen in „Arrival“ sehen so aus die bei Gary Larson, nur eben sehr viel größer (und stehen anders herum).

Zwischendurch fand ich „Arrival“ als Germanist recht intelligent. Linguistik ist aber nicht sexy, und schon gar nicht für das gewöhnlich dumme Publikum. (Die pathetischen Rück- und Vorblenden mit dem Baby der Hauptdarstellerin sind so unerträglich schwülstig-klebrig wie die Abschiedsszene der schwulen Hobbits in Herr der Ringe.)

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Ich habe natürlich mitbekommen, dass in „Arrival“ der Sapir–Whorfismus zustimmend rezipiert und sogar namentlich genannt wird. Die Sapir-Whorf-Hypothese ist die Basis für die esoterische „Wissenschaft“ des Gendersprech, aber Fakten haben Esoteriker ja noch nie interessiert.
Die Sapir-Whorf-Hypothese geht ursprünglich zurück auf Forschungen über die Hopi-Sprache, die Benjamin Lee Whorf durchführte. Dabei entdeckte er, dass die Hopi-Sprache keine Wörter, grammatischen Formen, Konstruktionen oder Ausdrücke enthält, die sich direkt auf das, was wir Zeit nennen oder auf Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft beziehen. Whorfs vermeintliche Feldforschungen basierten jedoch nur auf sekundären Quellen. So bezog er all seine Informationen über die Hopi-Sprache von einem einzigen Hopi-Bewanderten aus New York, eine empirische Überprüfung seiner Annahmen bei Muttersprachlern vor Ort erfolgte nicht. 1983 konnte der Linguist Ekkehart Malotki nachweisen, dass die Hopi über komplexe Möglichkeiten verfügen, Zeitformen auszudrücken. Damit war eine der zentralen Motivationen für den Aufbau der Sapir-Whorf-Hypothese hinfällig.

Der Film beleidigte also auch meinen Intellekt, was bei „Science“-Fiction nicht gut ankommt und mir schlechte Laune macht.

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Kommentare

9 Kommentare zu “Arrival oder: Unter Heptapoden”

  1. Wolf-Dieter Busch am November 30th, 2016 1:43 pm

    Was ist? Wie bitte? Mars Attacks soll nicht ernst sein? Whoa!

  2. David am Dezember 1st, 2016 7:31 am

    Dann ist diese Ankunft schon besser:

    https://en.wikipedia.org/wiki/The_Arrival_%281996_film%29

  3. Martin Däniken am Dezember 2nd, 2016 4:37 pm

    „Mars attacks“ ist eine Doku!

  4. Martin Däniken am Dezember 2nd, 2016 8:04 pm

    Apropopo Aliens: Was macht Erika Steinbach?
    und es gibt auch noch die Strugazi Brüder mit Schnecken am Wegesrand…

  5. Martin Däniken am Dezember 4th, 2016 6:25 am

    Es heisst natürlich „Picknick am Wegesrand“ und Boris und Arkadi Strugatzi..
    .
    Hätte ich mal gesuchmaschient ;-)

    Es geht um die Hinterlassenschaften von Aliens,sowohl sozial
    -Die Menschheit ist von den Besuchern überfordert!
    -als auch technologisch
    -Geräte ohne Gebrauchsanweisung!

  6. ... der Trittbrettschreiber am Dezember 4th, 2016 4:46 pm

    Ach daher kommt der Begriff Whorfing in den Unternehmen, die Mitarbeiter nach neuesten Motivationsmethoden auf ihre eigene Verantwortung reduzieren wollen. Wenn man einen Schnupfen hat, also die Nase voll von irgendetwas, sollte man yogamäßig in den Schnupfen hineinatmen und sein Chi aufbauen. Dann kommt die Motivation(wahrscheinlich über Ariale des Dickdarms direkt über die Zotten an den Arbeitsplatz: bitte nicht im Büro nachmachen, Kündigungsgefahr!).
    Im Ghanischen gibt es die Verbindung der Läuse, die über die Leber laufen und so das empfindliche Organ mit der beleidigten „Leber-Wurst“ als Opfer von meist verbalem Ungeziefer darstellen nicht(z.B. politisch unkorrekte Äußerungen). Die Einschätzung eines New Yorker Hopi-Vertrauten dazu würde mich persönlich sehr interessieren. Wie aber reagiert ein beleidigter Intellekt z.B. in der Ukraine bei Neumond?
    https://de.wikipedia.org/wiki/Laune

    … oder war das „Wording“?

    Ich bin richtig nervös, jetzt, richtig aufgeregt.

    PS Das mit den größeren Aliens stimmt übrigens erst seit Tschernobyl. Das ist wie mit den Tomaten von Real,-

  7. Martin Däniken am Dezember 4th, 2016 6:54 pm

    Bei Whorf denke ich an Klingonen ,nicht Linguini äh Linguisten!
    Popkultur,Chylla und Karybtis der Allgemeinbildung!

  8. ichbindochnichtblond am Dezember 12th, 2016 8:27 pm

    Ich war voller Vorfreude über den Film, die Kritiken waren (sind) überwältigend, okay nicht Alle und dann das …

    Riesenkrake ist hochintelligent, versteht Raum und Zeit (lacht sich kaputt über Einsteins Relativitätstheorie) … baut Raumschiffe und reist kreuz und quer durch die Galaxie. Die riesigen Raumschiffe schweben über dem Boden: Antigravitation! Dies setzt ein absolutes Verständnis für mehrdimensionale Physik voraus. Die Stringtheorie ist bei Ihnen keine Theorie, sondern Pflichtfach im Kindergarten :-)

    Und die können nur „Logogramme“ kreieren? Google-Translate!? HALLO???

    Um es mit den Worten des grossen Philosophen und erfolgreichen Schuhverkäufers Al Bundy zu sagen: … und keiner versteht, warum ich auf dem Heimweg schreie … :-(

  9. Martin Däniken am Dezember 15th, 2016 3:27 pm

    @ichbindochnichtblond:
    vielleicht haben die Ausserirdischen ähnliche Strukturen wie Wir..
    Da ist einer der total genial ist,aber sozial unterentwickelt(denk an Sheldon Cooper) und um den nervigen Typen losziwerden schickt man ihn ins All oder er hat Vitamin B.
    Oder seine Mutter hat zu ihm gesagt „Gemah spiele.Such dir Freunde!“
    Oder die unbestechlichen Bürokraten in der Beschaffung haben beschlossen „Logogramme sind das Nonplusultra,werden Vorschrift“

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