Gilt als Lumpenjournalismus oder: Operieren am journalistischen Rand

Henryk M. Broder über „investigativen Journalismus“ und Verdachtsberichterstattung. Lest selbst. Er hat Recht. „Gilt als“ gilt in Deutschland als „Recherche“ – der Bezug auf die eigene Meinungsblase reicht offenbar, um gleich aus einer vagen Vermutung ein Faktum zu konstruieren.

Sehr geehrter Herr Broder, wie Sie ja selbst schreiben, heißt es im Text nicht, er IST Antisemit, sondern „er GILT als Antisemit“ bzw. „operiert am antisemitischen Rand“.

Broder: „Immerhin gibt Rösing zu, dass er aus US-Medien abschreibt. Er hat kein wörtliches Zitat zur Hand, seine Kronzeugin ist Bannons Ex-Frau, die vor zehn Jahren etwas ‚zu Protokoll‘ gab, das Bannon bestreitet. Nach meiner Auffassung rechtfertigt so eine Arbeitsweise die Bezeichnung ‚Lumpenjournalismus‘. Rösing mag das anders sehen. Dann steht es eben Aussage gegen Aussage.“

Habe ich schon gesagt, dass ich die gegenwärtige Situation in den USA äußerst spannend finde? Recht unterhaltsam ist auch die Attitude vieler Journalisten hierzulande, verschiedenen Politikern im Umfeld Trumps so schnell wie möglich Etikette wie „Rassist“, „Antisemit“ usw. ankleben zu wollen. So einfach ist das nicht.

Trump selbst ist kein Antisemit, auch wenn zum Beispiel der Spiegel offenbar garn das Gegenteil sähe und die Washington Post beim Thema zurückrudert und von „Untertönen“ spricht. Jedenfalls nützt er Israel vermutlich weit mehr als es eine Präsidentin Clinton getan hätte.

Trumps Tochter ist bekanntlich zum Judentum konvertiert, was aber natürlich noch nichts heißt.

Jedenfalls haben sich die Koordinaten, mit Hilfe derer deutsche Medien Personen eintüten, so verheddert, dass man sich köstlich amüsieren kann.