Die Sehnsucht, moralisch überlegen zu sein

Vor einem Jahr schrieb Harald Martenstein Markus Günther in der FAZ: „Nichts tut so gut wie das Gefühl, gegen Rechts zu kämpfen. Denn dann steht man garantiert auf der richtigen Seite. Wenn es stimmt, was Franz Werfel einst schrieb, dass nämlich neben dem Geschlechtstrieb kein Bedürfnis das Handeln des Menschen so sehr bestimmt wie die Sehnsucht nach moralischer Überlegenheit, dann ist leicht zu verstehen, warum der Kampf gegen Rechts solche Energien freisetzt: Er belohnt den Kämpfer mit einem maßlosen, ja mit dem denkbar größten moralischen Sieg überhaupt.“

Ich hatte das schon 2004 in Telepolis angemerkt – da gab es noch keine AfD: „Der Kampf gegen Rechts ist die moderne Form des mittelalterlichen Exorzismus und wird gleichfalls mit magischen Ritualen geführt“. Vgl auch meinen damaligen Artikel in der Taz: „Der kategorische Imperativ in der protestantisch geprägten Alltagskultur lautet: Habe die richtigen Gefühle, dann wird alles gut.“

Es hat sich nichts geändert.