Beim Kacken nie mehr allein?
Römische Gemeinschaftstoilette, Ostia Antica. Credits: Fubar Obfusco /Wikipedia
Wie die geneigten Leserinnen und wohlwollenden Leser schon vermuten: Ich halte die gesamte Diskussion um „gendergerechte“ Toiletten, also ob es eins, zwei drei oder zahllose Geschlechter gebe, die jeweils beim Verrichten der Notdurft separiert werden müssten, für total beschissen dämlich.
Man sollte sich vielmehr fragen: Warum will der Mensch im Spätkapitalismus eigentlich beim Kacken allein sein? Die alten Römer taten es doch auch gesellig.
O du mein höheres Wesen, schluchzt das Stammpublikum, jetzt will der Burks, dass wir Norbert Elias Über den Prozeß der Zivilisation: Soziogenetische und psychogenetische Untersuchungen lesen oder gar Max Weber: Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus
?! Ja, solltet Ihr, das erklärt es: Warum „privat“ im Kapitalismus erst entsteht und wichtig sein möchte.
Es ginge auch anders. Oder, ceterum censeo: Der Kapitalismus ist nicht das Ende der Geschichte, auch nicht auf dem Klo.
Kommentare
17 Kommentare zu “Beim Kacken nie mehr allein?”
Schreibe einen Kommentar
Da ich in nächster Zeit nich dazu kommen werde, beides zu lesen, könntest du bitte die Katze stichpunktartig aus dem Sack lassen und uns verraten, WARUM?
Funktionale Ausdifferenzierung (auch der Geschlechter) als Wesensmerkmal des Kapitalismus?
Oder hat es (auch) andere Ursachen?
protestantische Ethik. Ehtik und Protestant geht ja schon mal gar nicht. Schaut euch doch Merkel, Gabriel, Gauck und Petry an.
Danke für die Empfehlung Burks – das ist Wasser auf jeden spröde gewordenen Geist, der nur in den frühen Morgenstunden das Fenster öffnet, um der Amsel zu lauschen. Tagsüber bleibt ihm nur der matte Schrei durch das vor dem Dröhnen des Alltags schützende Sicherheitsglas: „WARUM“.
;-)… Nachtrag: Es ist das Klofenster, klein, bescheiden und gern vernachlaässigt.
Nicht von irgendwoher kommt die Aussage „sein Geschäft machen“, denn das geht tatsächlich auch im Sitzen. Privat bedeutete im Ursprung ja nicht, dass in Draußen und Drinnen für normale oder Eigentum habende Menschen unterschieden wurde, sondern, abweichend von der Definition Hannah Arendts war es ein Bereich der Kaufleute, um sich gegen staatliche Einflüsse zu schützen. Es war nicht die duft- und musikuntermalte Spa- und Wellness-Toilette zuhause, wie wir sie alle kennen und schätzen, sondern ein öffentlicher aber gesichterter Raum. Vielleicht handelt es sich auf dem Foto um solch einen Privatraum der damaligen Wirtschaftsbosse. Was sie uns hinterlassen haben, wird von Analysten untersucht werden müssen. Das wird aber nur von enzykloädischem Nutzen sen, denn jeder, der heute (wieder „privatlos“) lebt, schwimmt darin. Manche oben, die anderen passen sich halt an und ärgern sich sozial gewünscht offiziell über die etwas unerotische Farbgebung. Was neu ist, ist die aus dem Schicksal so mancher mumifizierter Moorleiche abgeleitete Gewissheit, dass alles irgendwann einmal überwunden sein wird.
Ich vergaß: Habermas: Strukturwandel der Öffentlichkeit
haben die eigentlich so ein kloloch zu zweit genutzt – eine(r) sitzend, jemand anders irgenwie liegend davor? vielleicht konnte man die umklappen und all meine spekulation gehört in den non-profit-sektor?
Jetzt hast Du mich ins Grübeln gebracht Burks. Ein Bild fragt mehr als 10 Aborte. Da fehlt irgendwas. Leitungen, Rohre, Verbindungen etc. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die das so darauf gesessen haben. Die Aussparungen Schlitze und Löcher in den Vertikalplatten , so dachte ich spontan, könnten für spezifisch männliche Besucher sinnvoll gewesen sein aber dann sieht es ehr nach einem Centauren-Klo aus. Obwohl, in Gießen gibt es ja schließlich auch ein Elefantenklo, ein öffentliches sogar. Alles in Allem, ein guter Ort für stundenlange die Habermas-Lektüre…. :-)
Ich bezweifle, daß es da wirklich einen Zusammenhang gibt. Das römische Reich war ja bekanntlich alles andere als sozialistisch sondern eine oligarchische Sklavenhaltergesellschaft, welche auf das Privateigentum (auch an Menschen) großen Wert legte. Oder behauptet dieser Max Weber oder dieser Norbert Elias etwa etwas anders?
Nein Burks, das ist kein Klo. Höchstens ein Bad. Die Löcher sind für Bohlen, die auf und abwärtsbewegt werden konnten. Vielleicht ein schwebender Fußboden. Wozu die Rinnen, ein Nebenbei-Pissoir wäre unpraktisch. Ich geh mal auf Recherche-Tour. Das dauert aber:
Rom, Osterburken, Kalkriese, Burks Blog, das ist schon eine Strecke – online.
Scheiße – doch ein Klo.
Im Kapitalismus sind Betriebsstätte und Wohnung voneinander getrennt. Daher die Unterscheidung zwischen privatem und öffentlichem Raum.
Die Privatautonomie unseres Zivil- und Handelsrechts hat nichts mit dem Sofa, dem JEVER und dem Fitnessarmband von Muttern in der Küche zu tun. Die ursprüngliche Privatheit war eine (besondere) Öffentlichkeit in der Öffentlichkeit. Später dann wurde „Privatsphäre“ so wie wir sie heute verstehen.
http://www.nature.com/news/the-secret-history-of-ancient-toilets-1.19960
Ob Trennwände oder nicht.
Das Geschäft wird entweder im Stehen oder im Sitzen, von mir aus auch in der Hocke verrichtet.
So einfach ist das.
Ich werde das Wort“Geschäftsmann“ künftig anders betrachten ;-)!
[…] Noch einmal sei zur Lektüre empfohlen: Norbert Elias Über den Prozeß der Zivilisation: Soziogenetische und psychogenetische Untersuchungen. „Über den Prozeß der Zivilisation“ ist eines der wichtigsten Bücher über „Kultur“, das überhaupt je geschrieben wurden (jaja, natürlich neben Max Weber: Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus). […]