Durchs wilde Arabistan

arabisch

Ich hatte das schon mal in den achtziger Jahren mit einem Privatlehrer ein halbes Jahr lang versucht, habe aber alles vergessen. Das wichtigste arabische Wort السيارة kenne ich aber noch. Kommt in jedem Gespräch vor – in Berlin jedenfalls. Üben kann ich auch – die gefühlte Hälfte des Publikums im Krankenhaus spricht Arabisch.

By the way, liebe wohlwollende Leserin und lieber geneigter Leser: Schon mal etwas von Pir Kamek gehört? Ich wurde vor ein paar Tagen daran erinnert. Eine junge Frau mit blonden Locken kam als Patientin ins Krankenhaus. Sie sprach nur Kurdisch und ein wenig Arabisch, und sagte mir, als wir mit Händen und Füßen versuchten, uns verständlich zu machen: ‚Jesidi‚, und zeigte auf sich.

Dank Karl May und eingedenk der Tatsache, dass ich durchaus über die Weltläufte informiert bin, wusste ich, was sie meinte, obwohl sie das nicht zu erwarten schien, denn sie machte zusätzlich eine Handbewegung, als würden ihr die Augen verbunden, dann kreuzte sie die Hände, wohl um zu zeigen, dass sie gefesselt worden war. Es gruselte mich, und ich will gar nicht mehr darüber wissen.

Vorgestern war sie noch mal da, mit einer Kopfplatzwunde. Sie „wohnt“ mit ihrem Mann auf dem Tempelhofer Feld. Es ist zwar nicht meine Aufgabe, aber ich bin gern ausreichend informiert, um Risiken und Nebenwirkungen einschätzen zu können. Während die Frau in der Rettungsstelle behandelt wurde, versuchte ich mit dem Mann zu reden. Er verstand ausschließĺich Kurdisch, und Google Translator bietet das nicht an. Er hätte ja auch der Täter sein können, deswegen war ich vorsichtig.

Irgendwann mischte sich eine Deutschtürkin ein, die mir sagte, ihr Freund spräche Kurdisch. Sie holte ihn ans Handy, erzählte ihm auf Türkisch, was ich ihr auf Deutsch gesagt hatte, dann bekam der Jeside das Telefon und hörte sich alles auf Kurdisch an. Die verschiedenen kurdischen Dialekte unterscheiden sich zwar sehr voneinander – wie Deutsch und Niederländisch -, aber in diesem Fall kriegten wir das irgendwie hin. Es stellte sich heraus, dass die Frau oft in Ohnmacht fiel – also Verdacht auf Epilepsie oder etwas Neurologisches.

Ich teilte das dem behandelnden Chirurgen mit. Der startete das gesamte medizinische Check-Programm. Beim Schichtwechsel trat zufällig einer unser Arabisch sprechenden Ärzte seinen Dienst an. Der konnte sich mit der Frau dann auch unterhalten.

An meinem Arbeitsplatz geht es halt ein wenig Kosmopolitischer zu als anderswo. Burks gefällt das.

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Kommentare

6 Kommentare zu “Durchs wilde Arabistan”

  1. ... der Trittbrettschreiber am Februar 5th, 2016 3:08 pm

    Literatur kann auch eine Schutzbrillenfunktion haben. Inputs der Realität triggern sozusagen epische Figuren, mit denen sich der moderne Don C. zum einen identifizieren kann. Zum anderen hat er Muster, Modelle, Typen vor sich, die er schablonisch einordnen, „behandeln“ kann. So gelingt hin und wieder eine Anpassung, sei es der Realität an die Literatur, sei es der Literatur an den Stoff, aus dem dann irgendwann Politik, Mode und auch seltsamstes menschliches Miteinander entsteht.

    Ein toller, intressanter Job, Burks – danke, dass Du Deine zumindest heute morgen gefühlt altersgekrümmte und deshalb wohl grollende literatur- und realitätshungrige Leserschaft daran teilhaben lässt.

    Ich lieb(t)e solche „Atmospheres“ immer mit der Hier und Jetzt Haltung: Der wichtigeste Mensch ist immer der, der dir gerade gegenüber steht (in deinem Fall wohl eher liegt). What about „ÖLÜRÜM SANA“?

    https://www.youtube.com/watch?v=GJPz8a1LHh4

  2. Ahmed am Februar 5th, 2016 3:27 pm

    Der alte kemalistische Türke in mir, den sie mir eingeprügelt haben, sträubt sich zwar dagegen, aber mir gefällt es auch.
    Old-School-Anti-Imperialisten können übrigens auch oft gut Arabisch und habe eine Leidenschaft dafür. Jemand wie Odfried Hepp, den ich ganz gut kenne, ist durch diese Sprache buchstäblich von der Ideologie entlaust worden.
    Von den Jungen, vor allem den Linken, kenne ich keinen, der nicht maulfaul ist. Die interessieren sich einen Dreck für so was, und das ist schlecht.

  3. tom am Februar 5th, 2016 6:20 pm

    Danke für Bericht und links!

  4. andreas am Februar 5th, 2016 7:02 pm

    Ist ja schön in Nostalgie zu schwelgen. Tatsächlich wärs wohl sinnvoller Farsi zu lernen. Das verstehen Kurden (Kirmanci, der häufigste verwendete Dialekt – Surani, das sich auch noch wie Farsi schreibt), Afghanen (Dari), Pakistanis (Pashtu) und, weils Hofsprache war einige Inder. Ach so, Tadschiken verstehen und sprechen auch Farsi. Osmanisch ist, soviel ich weiß ebenfalls Farsi durchsetzt, Türkisch vom Osmanischen. Daher verstehen Perser oft Türkisch, wenn auch nicht umgekehrt. Umgekehrt funktionierts jedoch bei den anderen Beispielen. Farsi hat sechs Buchstaben weniger als Arabisch, vermutlich die, die klingen wie Brechreiz. Schwer auszusprechen ist in Farsi nur der Buchstabe `Qein´, so ein angeklicktes Geräusch. Farsi dekliniert sich wie Latein. Ansonsten sprechen viele Perser eher Französisch als Englisch. Tolle Erfahrungen lassen sich machen, wenn man jemanden der Farsi spricht fragt, ob er Araber ist.

  5. Martin Däniken am Februar 6th, 2016 2:23 pm

    Der gute alte Endtschschleuniger Alexander Kluge spricht über Karl May bei „Precht“ ab Minute 31!

  6. Serdar am Februar 10th, 2016 4:14 pm

    Der Hinweis auf Farsi ist goldwert. Persisch ist leicht zu erlernen, leichter als Arabisch. Ich habe in meinem Studium Arabisch und Persisch gelernt. Arabsich als Hochsprache. Die meisten Araber können es aber wenn jemand einen Dialekt spricht kann es schwierig werden (Dialekt nicht mit den Mundarten verwechseln).
    Und Persisch hat viele Anknüpfungspunkte bei anderen Sprachen. Kurdisch, Türkisch usw.
    Ergo: Farsi lernen und sich nicht durch das arabische Alphabet einschüchtern lassen. Es ist wirklich leichter als Arabisch.

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