Schmutzige Deals

Die Nachdenkenseiten schreiben etwas darüber, warum syrische Flüchtlinge und Einwanderer besser behandelt werden als etwas Menschen aus Eritrea. (Nein, ich benutze das Nazi-Wort „Sonderbehandlung“ nicht.)
„Asylbewerber werden in Deutschland von den Behörden je nach Herkunftsland sehr unterschiedlich behandelt: so betrug z.B. die durchschnittliche Bearbeitungszeit eines Asylantrages bis zu einer behördlichen Entscheidung bei Syrern im 2. Quartal 2015 4,2 Monate, bei Flüchtlingen aus Eritrea 13,6 Monate. Syrer können im Gegensatz zu anderen Asylbewerbern fest mit ihrer Anerkennung rechnen. Nur für sie wurde das Dublin-Verfahren de facto außer Kraft gesetzt. Das ist kein Zufall.

Die FAZ sagt überraschend deutlich: „In Syrien sind Europa und die Vereinigten Staaten die Brandstifter einer Katastrophe. Es gibt keine Rechtfertigung für diesen Bürgerkrieg.“

Wenn ich Zeit hätte, würde ich mal nachsehen, welche medialen Schreihälse damals gefordert haben, gegen Assad militärisch vorzugehen und/oder die so genannten „gemäßigten Rebellen“ aka nicht-ganz-so-schlimme-Terroristen zu unterstützen.

Via Fefe wurde ich auf die wesentliche ökonomische Ursache für den Bürgerkrieg in Syrien aufmerksam – man kann es schon auf Wikipedia nachlesen:
Missernten seit 2007 verschärften die Krisensituation. Durch das rapide Bevölkerungswachstum stieg die Nachfrage nach Wasser. Viele illegale Brunnen wurden angelegt, überdimensionierte und wasserintensive Landwirtschaftsprojekte taten ihr übriges dazu, Land und Wasserreservoirs zu übernutzen. In den Jahren 2006–2010 kam eine ausgeprägte Trockenheit hinzu – ein Ereignis, das verschiedenen Forschern zufolge durch die globale Erwärmung deutlich wahrscheinlicher geworden ist. Die syrische Regierung reagierte nicht ausreichend, die Not der betroffenen Menschen zu lindern. Die Folge waren zusätzliche Arbeitslosigkeit, Ernährungsunsicherheit und Landflucht von bis zu 1,5 Mio. Menschen.

Die reaktionären Golfstaaten, hierzulande auch als „Stabilitätsanker“ bekannt, finanzieren die Warlords und Milizen gegen Assad, („Nach Angaben der „New York Times“ stammt das Geld zum größten Teil aus Saudi-Arabien, Katar und den Vereinigten Arabischen Emiraten.“)

Die Türkei schaut wie immer billigend zu, wenn die Nachbarländer in schutt und Asche versinken. „Der Syrische Nationalrat und die F[reie]S[yrische]A[rmee] werden von den Golfstaaten finanziell unterstützt, beide haben ihren Sitz in der Türkei.“

Warum die Türkei zuschaut, beschrieb The National (USA) schon 2009: „Qatar seeks gas pipeline to Turkey“. (Die Deutschen Wirtschaftsnachrichten haben eine Karte dazu.) Der Tagesspiegel nennt die Kollateralschäden der Politik Katars euphemistisch „Wachstumssschmerzen.“

Die Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik e.V., ein konservativer Think Tank, stellt die Kriege im Mittelmeerraum und im Nahen Osten in einen größeren ökonomischen Zusmamenhang und macht auch die Interessen der Beteiligten klar.

Klassen- und Verteilungskämpfe kostümieren sich in Syrien religiös, sind es aber in Wahrheit natürlich nicht.

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Kommentare

3 Kommentare zu “Schmutzige Deals”

  1. Deckname: Ossi am September 8th, 2015 1:39 pm

    Ich darf mal noch was zu Dürren und Missernten in dieser Gegend sagen:

    Der Sultan aus Ankara dachte einstmals laut zu seinen Nachbarländern:
    „Ihr sitzt am Ölhahn, ich sitze am Wasserhahn!“

    Seitdem zieht er das GAP Projekt in Ostanatolien gnadenlos durch.

    Der Euphrat muss erstmal aus der Türkei raus, dann durch Sürjen hindurch, in den Irak hinein um sich dann bei Al-Qurna mit dem Tigris zum Schatt Al-Arab zu vereinigen.

    Man sollte sich mal die Positionen des ISIS entlang des Euphrat anschauen und wo zur Zeit die Iraker versuchen, die Kontrolle zurück zugewinnen.

    Zu empfehlen ist diese Webseite für einen ersten Überblick:
    http://waterinventory.org/

    Übrigens herrschte die Dürre auch im Irak!

  2. MH am September 8th, 2015 1:54 pm

    Die hier gebotenen Darstellungen und Argumente (insbesondere des Hr Merkels) sind schlüssig und überzeugend. Allerdings ist das Gesamtbild nicht ausreichend, um dann wieder zur altbekannten Marxistischen Folgerung zu kommen: It’s the economy (and the class conflicts) stupid!
    Religiös kostümiert sich da doch nichts, es geht um Regierungsmacht und sicherlich dann auch um Verteilungsfragen. „Der Westen“ kostümiert den Konflikt moralisch, indem er der Revolution Demokratiestreben unterschiebt und dadurch sein Eingreifen legitimiert.
    Ein weiterer Failed State. Und wir fangen uns damit eine weitere Ablenkungsdebatte (Flüchtlinge) ein, wobei die Parteipolitik noch nicht einmal hier Lösungen präsentieren kann. Fatale Nicht-Steuerung/Nicht-Entscheidung. Ausgang offen.

  3. einer von jenen am September 8th, 2015 3:53 pm

    Frag mich gerade, welches Klasseninteresse Assad wohl vertritt.

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