Kapitalismuskritisch bis antikapitalistisch

Deutsch des Grauens

Hallo, Genossin Katja! ja, ich bin’s schon wieder! Ja, dieser irre Querulant, der meint, gute Gedanken müssten auch gut formuliert werden, sonst verfehlten sie ihren Zweck bzw. die Empfänger. Ich habe da noch eine Frage an diejenigen, die das verbrechen, was unter Deinem Namen, Genossin, in den so genannten „sozialen“ Medien verkasematuckelt wird.

Der erste Satz geht gar nicht. (Übrigens: „Trotz“ verlangt den Genitiv, „trotz Regens“ wäre korrektes Deutsch.) Ich vermute, dass die Botschaft sein soll: Viele Menschen haben gegen etwas demonstriert? D’accord? (Es leben die Hugenotten!) Dann also: Das „wo“ und „wann“ und die Umstände sind zweitrangig, außer man möchte betonen, dass trotz des Wetters demonstriert wurde, was suggerierte, dass die Linken, auch bekannt als die Guten, normalerweise nur bei gutem Wetter auf die Straße gehen. Nein? Das soll nicht unterschoben werden? Dann sollte man es verschweigen oder ganz verschämt an das Satzende verbannen: „Ich hatte heute Sex (oho!), trotz fehlender Partnerin (oho?)“. Hier also mein Vorschlag:

10.000 Menschen haben am Brandenburger Tor gegen [kommt gleich] demonstriert. Gegen oder für was? „Gegen Austerität und gegen Abschottung“. Wäre ja noch schöner, wenn ein Satz ohne UNG UNG UNG vorkäme. Zwei ganz verschiedene Dinge waren das Thema? Was sagen denn die Agitprop Werbefuzzys der Partei dazu? Ich esse gerade Mandarinen, und in Peru ist auch ein Sack Quinoa umgefallen? So jeit dat nich, wie man in westfälisch Platt zu sagen pflegt. Zweiter Versuch:
„10.000 Menschen haben am Brandenburger Tor demonstriert: Gegen die sogenannte „Sparpolitik“ und dagegen, dass Europa sich abschottet.“ Mir wäre lieber, wenn für etwas demonstriert worden wäre. Aber soweit ist nur die Linke aka Podemos in Spanien, in Deutschland kommt das (vielleicht) in 50 Jahren.

„Das war ein erstes gelungenes Anklopfen von Blockupy in Berlin.“ Das, verehrte Genossin, verstehe ich leider nicht. Hätte das Hermann Remmele so in der „roten Fahne“ erlaubt? Folgt demnächst ein zweites Anklopfen, das, so hoffen wir, dann auch gelingt? Und was ist ein nicht gelungenes Anklopfen? Wenn die Tür aus Stein ist und der Fingerknöchel gebrochen? Blockupy, so musste ich mich informieren, ist ein Netz von Leuten, die irgendwie gegen das System sind oder dieses ausbessern wollen (was ein höheres Wesen verhüten möge). Und die klopfen in Berlin an? Wo klopfen sie denn?

„Ich freue mich auch ganz persönlich über den gemeinsamen Mobilisierungserfolg.“ Kann man sich auch unpersönlich freuen? Ich will nicht Spracherbsen zählen – aber ist das nicht Geschwurbel? Was spricht gegen: „Ich freue mich, dass wir gemeinsam und erfolgreich mobilisieren konnten“? Ach so? Da käme kein UNG vor? Das geht natürlich nicht. Der Parteibürokrat fühlte sich dann unwohl. Verstehe.

„Immerhin hatten wir dafür nur 37 Tage Zeit. Während Sigmar Gabriel heute versucht hat, die SPD auf TTIP und Vorratsdatenspeicherung einzuschwören“. Nehme ich richtig an, dass hinter „Zeit“ ein Komma geplant war, das aber wegen Zeitmangels durch einen Punkt ersetzt wurde? Unglücklicherweise hat das zur Folge, dass der angehängte Nebensatz, der suggeriert, mehrere Dinge geschähen gleichzeitig (während), jetzt gar kein deutscher Satz mehr ist, sondern eine Missgeburt, was den Gebräuchen zwar nicht der Politik, aber doch derer, die sich gern verständlich ausdrücken, krass widerspricht.

Das „während“ gefällt mir ohnehin nicht, weil das eine (die Demonstration) mit dem anderen (Gabriel) rein gar nichts zu tun hat. Ich habe den Verdacht, dass mir hier nur – nach dem Motto: Friss oder stirb! – alle aktuellen Themen der „Linken“ gleichzeitig untergejubelt werden sollen, obwohl ich mich nur für die Demonstration interessierte. Ach?!“ Beides ist ein Angriff auf die Demokratie? Auf welche denn: die des Kapitalismus? Und welche gibt es sonst noch? Habt ihr nicht noch 64 andere Angriffe vergessen? Man merkt die Absicht und ist verstimmt.

„(Obwohl beides ein Angriff auf die Demokratie ist.) gingen wir für die Demokratie in Europa auf die Straße.“ Super. Sehr schön gesagt. Man sollte vielleicht doch noch einmal überlegen, ob man möchte, dass der Gebrauch psychotropher Substanzen freigegeben wird. Der Agitprop-Abteilung der „Linken“ tut das nicht gut, was zu beweisen war.

image_pdfimage_print

Kommentare

9 Kommentare zu “Kapitalismuskritisch bis antikapitalistisch”

  1. karl am Juni 21st, 2015 3:43 pm

    mal ernsthaft: was soll denn diese Besserwisser-Klugscheißerei? Beste Grammatik ist super, und wenn nicht? Dann schau ich auf die Inhalte und amüsiere mich über Sprachakrobaten mit Messiasallüren.
    (Mit den Inhalten der Linkspartei hat das nichts zu tun. Es nervt wirklich, wenn mit solchen Oberlehrersprüchen von den Inhalten abgelenkt wird)

  2. admin am Juni 21st, 2015 6:45 pm

    Daraus spricht die Arroganz vieler Salonlinker: Denen ist es völlig egal, ob man sie versteht, weil sie ja die Wahrheit mit Löffeln gefressen haben.

  3. MH am Juni 22nd, 2015 1:24 pm

    Super neue Kolumne! Richtig so, geschwurbelte Sprache = Arroganz/Abschottung und hat (außer in de Philisophie) keinen Platz. Bitte weitermachen, sehr amüsant und lehrreich, klasse!

  4. ... der Trittbrettschreiber am Juni 22nd, 2015 6:07 pm
  5. karl am Juni 23rd, 2015 3:23 pm

    @admin
    falls die sinnfreie Replik zur „Arroganz vieler Salonlinker“ für meinen Kurzbeitrag gedacht war:
    Nicht mit Löffeln haben wir die Wahrheit gefressen, was soll denn diese Bescheidenheit? Wir haben sie aus Eimern gesoffen. Statt „Bescheidenheit“ hätte man auch sagen können: Warum bist Du denn so bescheiden zu sagen.. usw…usw…usw
    Das alles hat mit Arroganz nichts zu tun. Alberne Sprachstücke von Oberlehrern. Dass mir diese verdrehte,abgehobene Polit“sprache“ auch auf den Zeiger geht , steht auf einem ganz anderen Blatt.

  6. Ruedi am Juni 23rd, 2015 3:40 pm

    @… der Trittbrettschreiber

    https://youtu.be/lggQzX8WTB0

  7. karl am Juni 23rd, 2015 9:08 pm

    @trittbrettschreiber
    ich bin bereit alldie messias assholes zu vergessen, incl. admin
    https://www.youtube.com/watch?v=cVU8rS7JKNM
    ty ty
    karl

  8. ... der Tritbrettschreiber am Juni 24th, 2015 5:05 am

    @Ruedi

    super – schöne Zähne … :-).

  9. Robin Hood und die Austerity : Burks' Blog am Juli 3rd, 2015 1:27 pm

    […] hatte mich hier schon über die dämliche (weil völlig unverständliche) Parole „Gegen Austerität und gegen […]

Schreibe einen Kommentar