American Sniper oder: Do not think before you shoot

american sniperBeinahe wollte ich schreiben: Deutsche, die die Mentalität der US-Amerikaner nicht kennen, können den Film „American Sniper“ nicht verstehen. Aber dann müsste ich das auch über „The PatriotRoland Emmerichs sagen. Also die schlechte Nachricht positiv umformuliert: Wer „American Sniper“ versteht, weiß, wie US-Amerikaner ticken. Ihr ahnt es. Ich habe ihn mir angesehen.

„American Sniper“ ist indirekt auch ein Film über Aliens. Die Bösen sind nur nicht schleimig, wie man das gewohnt ist, sondern irakische Terroristen oder was auch immer – man erfährt nur, dass sie, wie es sich für richtige Aliens gehört, ultraböse sind. Die Figur des „Schlächters“ zum Beispiel, die in der Romanvorlage nicht vorkommt, wurde erfunden, damit auch nichts unklar bleibt. Über die Motive der Bösen erfährt man nichts. Der Held Chris Kyle nennt sie ohnehin „Barbaren“, was für den Plot nur konsequent ist.

Ich konnte auch keinen „Antikriegsfilm“ erkennen, ein bekannter Euphemismus für Filme, die den Krieg verherrlichen. Bevor die wohlwollenden Leserinnen und geneigten Leser sich jetzt aber ab- und schöneren Dingen zuwenden: Ja, der Film ist, abgesehen von der unnötigen Überlänge, nicht schlecht. Außerdem kann man danach auch sehr gut darüber diskutieren, wie Filme wirken – und ob.

Die Frage in den US-Feuilletons: Ist ein Scharfschütze ein Held? würde hierzulande eben niemand stellen, weil ein Bundeswehrsoldat eben nicht per definition als „Held“ gilt, tot oder lebendig. Auch das öffentliche Ritual des Fahnenschwingens und der Motorradeskorte, wenn ein Soldat beerdigt wird, würde in Deutschland eher missbilligt. Vergleichbar wäre vielleicht eine Diskussion über die Frage, ob ein Attentäter wie Georg Elser ein Vorbild sei? (Natürlich! Aber die reaktionäre Mischpoke würde gehörig zusammenzucken.)

american sniper

Der Film stellt recht ordentlich die holzschnittartige Welt des Helden dar (ähnlich primitiv geschnitzt wie das derjenigen, die denken, ukrainische Faschisten verteidigten den „freien Westen“ gegen die Russen): Man muss die Guten beschützen oder: Es gibt Schafe, Wölfe, und wenige Hütehunde, zu denen ein Scharfschütze gehört, der die Wölfe abknallt, wo auch immer auf der Welt. So denken aber viele einfache Gemüter in den USA und die Politiker, die sie als Stimmvieh brauchen.

„American Sniper“ hätte natürlich weniger Diskussionen ausgelöst, wenn der Held im Original nicht von einem im Sinne des Wortes durchgeknallten und traumatisierten Veteranen erschossen worden wäre. Der Regisseur Clint Eastwood sagte: American Sniper zeige, was der Krieg aus einem Menschen mache, und verfolge die stärkste Antikriegsaussage überhaupt. Zudem wolle er ihn auch nicht als Rechtfertigung für den Einmarsch in den Irak verstanden wissen, da er von Anfang an gegen den Irakkrieg gewesen sei.

Genau so ist es. Noch interessanter ist die Frage, ob der Film, wenn er denn „gegen“ Kriege ist, auch so wirkt. Meine These: Nein, tut er nicht. Medien bestärken bekanntlich die schon vorhandenen Meinungen, sie ändern diese nicht. Man kann „American Sniper“ auch als „Middle Eastern“ sehen oder wie einen Ego-Shooter (was er ist).

Das Beste, was man über einen Film sagen kann: Er lässt die Rezipienten etwas verwirrt zurück und zwingt sie nachzudenken.

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Kommentare

2 Kommentare zu “American Sniper oder: Do not think before you shoot”

  1. tom am März 28th, 2015 10:34 pm

    du schlauch suche sniper afghanistan 50 cal
    bringt bei Kommentaren das:
    For those that don’t believe in this country for some reason, know that we have the power to wipe any smaller country off the map with our superior missile capabilities. Yet we have the responsibility of protecting the innocent civilians who are caught up in these wars. We are an honorable country who fights only those that oppose us with violence. The terrorists however, they have no honor, they kill anyone that happens to be american. If the taliban only knew the power we possess…. 

    ·
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    Irgendwo anders wurden ähnliche Typen, die auf Meilen Entfernung ihre Opfer abknallen, Kommentar-seitig als Helden gehandelt.

    Den Eastwood-Film kann ich mir sparen, wenn ich mal in die US-Volksseele schauen möchte.

  2. Ogre am März 29th, 2015 3:26 pm

    Hi Burki,
    ganz schön naiv von dir.

    Faschisten rüsten seit Reagan intellektuell auf bzw nach… Tink Tanks… etc

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