Unrechtsstaat?

Liebe wohlwollenden Leserinnen und geneigten Leser: Verlangt nicht von mir, etwas zum „Fall der Mauer“ zu schreiben. Ich durfte wegen Linksabweichung nicht in die DDR einreisen, also darf ich etwas dazu sagen.

Warum gab es die DDR eigentlich? Die DDR gab es, weil Nazi-Deutschland den zweiten Weltkrieg angezettelt hatte, weil die Sowjetunion Berlin erobert hatte, weil die wenigen antifaschistischen Deutschen eine Alternative zum Kapitalismus versuchen wollten, weil von deutschem Boden nie wieder Krieg ausgehen sollte.

Alle guten Absichten sind aus vielerlei Gründen gescheitert. Das ist aber kein Grund zum Jubeln.

Ich fühle mich zur Zeit nur von Propaganda überschüttet und ignorere das Gesülze der Medien einfach. Natürlich war die DDR ein „Unrechtsstaat“, wie auch China, die USA mit ihrem Folter-Guantanamo, wie Saudi-Arabien, dem wir Panzer und Waffen verkaufen, wie Nordkorea, wie Ungarn… Moment? Was eigentlich ist ein „Unrechtsstaat“? Wenn die jeweils herrschende Klasse sich nicht an ihre eigenen Regeln hält? Wenn die Bürger total überwacht werden? (Ach?!)

Wenn ich an die Ossis denke, die damals dachten, es würde im Kapitalismus besser, denke ich an den Unsterblichen:

Sie sägten die Äste ab, auf denen sie saßen
Und schrieen sich zu ihre Erfahrungen,
Wie man schneller sägen könnte, und fuhren
Mit Krachen in die Tiefe, und die ihnen zusahen,
Schüttelten die Köpfe beim Sägen und
Sägten weiter.

Oder:

Es gibt viele Arten zu töten. Man kann einem ein Messer in den Bauch stechen, einem das Brot entziehen, einen von einer Krankheit nicht heilen, einen in eine schlechte Wohnung stecken, einen durch Arbeit zu Tode schinden, einen zum Suizid treiben, einen in den Krieg führen usw. Nur weniges davon ist in unserem Staat verboten.

Ich stand in der besagten Nacht übrigens auf der Mauer am Brandenburger Tor und bin auf der anderen Seite heruntergesprungen und dann durch die „Hauptstadt der DDR“ bis zum ehemaligen Grenzübergang Oberbaumbrücke gegangen.