Die Namen – wer schuld ist am Grubenunglück von Soma

persons responsibles for soma desaster

Ich wundere mich, dass in deutschen Medien – trotz eindeutiger Fakten – die Namen derjenigen nicht genannt werden, die für das Grubenunglück in Soma verantwortlich sind. Es wird noch nicht einmal gesagt, wem die Grube gehört und wer die Aktionäre sind. Da greift offenbar wieder die freiwillige politische Selbstkontrolle zum Schutz des Kapitals und dessen Charaktermasken. Oder eben die Faulheit und Ignoranz deutscher Journalisten, die weder Fakten recherchieren noch die Quellen verlinken.

Eine Ausnahme ist die Junge Welt, die immerhin schreibt:
Nach Angaben des Ministeriums für Arbeit und Soziale Sicherheit* war die Grube zuletzt im März ohne Beanstandungen auf Sicherheitsmängel überprüft worden (…) Der Eigentümer der Soma-Holding, Alp Gürkan, hatte sich im September 2012 im Interview mit der Tageszeitung Hürriyet gerühmt, dank der Privatisierung den Preis für die Förderung einer Tonne Kohle von 130 auf 24 Dollar gesenkt zu haben.“

Da schauen wir mal genauer hin. Die Soma Kömür İşletmeleri A.Ş. (Soma Mining Inc.) „took over the rights for the mining of about 18 million tonnes from the state-owned Turkish Coal Mining Corporation (Türkiye Kömür İşletmeleri Kurumu, TKİ)“.

Das Thatcher- und FDP-Modell also: Alles privatisieren. Der Freie Markt(TM) wird es schon richten. Bei SourceWatch findet sich noch ein veralteter Eintrag: „The mine is operated by Ege Linyitleri Isletme Muessesesii Mudurlugu, a subsidiary of TKI, a government owned company.“

Bei der Suche nach „Alp Gürkan“ wurde ich endlich fündig. Turkishnews.com (Whois: turkishnews.com) schreibt:
So who is at fault? Easy. Soma Mining is owned by Alp Gürkan. In a 2012 interview, Gürkan said the company had managed to drop the cost of coal to $24 per ton from $130 before privatization. How grand! Yes, grand, indeed. How did he do it? Well, he hired subcontractors „for hard work with low salaries“ thus undercutting union workers organized by Maden-İş. But his master stroke of „genius“ seems to be Gürkan’s decision to have his company simply manufacture the electric transformers instead of importing them. And it was one of these „home-made“ transformers that caused this human catastrophe, this mass industrial murder, this genocide of the working class. So it seems clear that prima facie evidence of criminal negligence points toward one Alp Gürkan, Chairman of the Board. The police can find him for purposes of preliminary investigation at: Soma Holding A.Ş, Lale Sokak No:5, Levent – İstanbul.

Ich kann kein Türkisch und habe mich auf der Soma-Website einfach mal durchgeklickt, wer bei der Holding für was verantwortlich ist:
Alp Gürkan, Yönetim Kurulu Baskanı (Vorsitzender des Vorstands)
Can Gürkan, Yönetim Kurulu Başkan Vekili ve Group CEO (Stellvertretender Vorsitzender des Vorstands)
Aysegul Senes, Yönetim Kurulu Üyesi ve Mali İşler Koordinatörü (Mitglied des Vorstands und Chief Financial Officer)
Ramazan Doğru, Maden İşletmeleri Genel Müdürü (Generaldirektor der Kohlenbergwerke)
Mehmet Ali Deniz, Metalik Madenler Genel Müdürü
Hayri Kebabçılar, Maden Projelendirme / Etüt Müdürü (Metallic Mining General Manager)
Haluk Sevinç, Soma Bölge Müdürü (Regionaldirektor für Soma)
Süleyman Sarı, Zonguldak Bölge Müdürü (Regionaldirektor für Zonguldak)
Mehmet Özdemir, Soma İnşaat Genel Müdürü (Soma Construction General Manager)
Özlem Topçuoğlu, Gayrimenkul Geliştirme Genel Müdür Yardımcısı („Deputy General Manager“ des „Real Estate Development“)

Das musste mal gesagt und geschrieben werden, wenn die Medien es nicht tun.

*(Junge-Welt-Redakteure, wart ihr zu blöd, um die Website eines Ministeriums in der Türkei zu finden – oder warum ist keine Quelle verlinkt?)

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Kommentare

8 Kommentare zu “Die Namen – wer schuld ist am Grubenunglück von Soma”

  1. Jörg am Mai 15th, 2014 5:58 pm

    Ein prima Artikel, Burks!

    Unserer libaralistische Oligarchie schweigt dröhnend sobald Fakten genant werden müssen, die nicht ‚linientreu‘ sind.

  2. ...der Trittbrettschreiber am Mai 15th, 2014 7:55 pm

    Danke Burks – diese Professionalität verschlägt mir den Atem. Ist das Talent, Übung, hast Du Helfer?
    Wieviel Zeit hat es dich gekostet?
    Mir zeigt es, dass Ziele durchaus nicht statisch sind.
    Ich bin jetzt erstmal platt. Freiheit ist die Bereitschaft zur Bescheidenheit:
    Wie, zu welchem Zeitpunkt und wo gründet man eine seriöse Online-Zeitschrift?

  3. LinuxProfy am Mai 15th, 2014 7:58 pm

    Aber eines musst Du doch zugestehen. Diese Grube schuf Arbeitsplaetze. Macht den Weg frei fuer noch groessere Innovationen und noch mehr Arbeitsplaetze.
    Daran sieht man mal wieder das die Manager doch innovativ sein koennen. Das selbe koennte man damit machen:
    http://www.der-postillon.com/2014/05/us-studie-zeugenbefragung-von-snowden.html#more
    Arbeitsplaetze ohne Ende. Den alles was zaehlt sind Arbeistplaetze. https://www.youtube.com/watch?v=dRy4ulwDKTg

  4. admin am Mai 15th, 2014 8:07 pm

    Hey, was ist schwierig daran, auf der Website eines Unternehmens die Namen der Inhaber usw. zu finden, und dann eventulel zu googeln? Dazu habe ich eine Viertelstunde gebraucht.

  5. rainer am Mai 15th, 2014 11:15 pm

    …@LinusProfy…..ja, da haste Recht….sind mal wieder ca. 400 Arbeitsplätze frei geworden…

  6. Thomas am Mai 16th, 2014 12:37 pm

    Wow… von 130 auf 24 Dollar runter. Und Herr Gürkan macht trotzdem noch einen satten Gewinn dabei (sonst würde sich das für seine Aktionäre ja nicht rechnen).
    Willkommen zurück in der Sklaverei, sage ich da nur :(

  7. LinuxProfy am Mai 16th, 2014 7:23 pm

    So ein Verschwender, ganze 24 Dollar. Das kann bestimmt besser. Sodas die Loehne vom Staat noch bezuschusst werden: http://de.wikipedia.org/wiki/Aufstocker.
    Man koennte eigentlich noch einen workout Park machen. Dann bringen die Leute noch Geld mit um dort arbeiten zu duerfen. Ich denke wenn diese Arbeitgebervertretung http://www.heise.de/tp/artikel/41/41789/1.html so weiter(ver)handeln dann sind wir in ein paar Jahren, bei den Vergnuegungsparks mit Produktion.

  8. Temnitzbiber am Mai 18th, 2014 1:41 pm

    Las neulich von einer Studie, die aussagt, dass in den USA bis 2025 47% der Arbeitsplätze an Computer und Roboter übertragen werden könnten. Da frage ich mich nur: Wenn nicht mal 50% noch Erwerbsarbeit nachgehen – wie füttert man die anderen 50% durch, und wer kann und soll dann den ganzen Krempel noch kaufen, der da sinnlos produziert wird?
    Erstickt der Kapitalismus am inneren Widerspruch?

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