Das Szenario für einen 3. Weltkrieg

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Karte (Ausriss): NATO

Natürlich sind diejenigen, die über Krieg und Frieden bestimmen, heute nicht klüger oder dümmer als 1914. Man muss sich von der naiven Idee veabschieden, die Welt entwickelere sich zum Besseren, somit steige auch der Intelligenzquotient der handelnden Personen oder gar deren Fähigkeit, rational zu denken. Es kann also durchaus sein, dass wir in etwas hineinschliddern, das niemand gewollt hat. Das war vor dem 1. Weltkrieg nicht anders.

28. Juni 1914
In Sarajevo werden der österreichische Thronfolger Franz Ferdinand und seine Ehefrau von serbischen Nationalisten ermordet. Im Verlauf der folgenden Wochen („Juli-Krise“) verschärft sich der regionale Konflikt zur europäischen Krise.

28. Juni 2015
In Zagreb wird der kroatische Präsident Josipović und seine Ehefrau von serbischen Nationalisten ermordet. Im Verlauf der folgenden Wochen („Juli-Krise“) verschärft sich der regionale Konflikt zur europäischen Krise.

Das Kapital handelt heute – im Gegensatz zu 1914 – weitgehend international. Der Nationalstaat ist keine Option mehr, um sinkende Profite zu kompensieren, indem Ressourcen militärisch erobert werden. Die Strategie der internationalen Konzerne heute sieht so aus, dass die Staaten an der Peripherie des Einflussgebietes der EU und der NATO destabilisiert werden, indem separatistische (Libyen: Kyrenaika) oder terroristische Gruppen (Syrien) unterstützt werden, damit die staatliche Gewalt zusammenbricht und die Konzerne unter dem militärischen „Schutz“ der NATO direkten Zugriff bekomen und ungehindert schalten und walten können (Zentralafrika, Irak).

Moral spielt natürlich nie eine Rolle; die neo-imperialistischen Mächte nehmen auch in Kauf, dass sich ein Land in Einflussgebiete von Warlords aufspaltet und eine korrupte Marionettenregierung nur als Aushangeschild firmiert, um eine Regierung zu simulieren (Afghanistan).

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In ein paar Jahren wird die Ukraine wesentlich kleiner sein als heute, das Donezbecken wird sich entweder abgespalten haben oder unter direktem russischen Einfluss stehen. Das gilt auch für das ökonomisch irrelevante Transnistrien.

Der nächste Präsident der Ukraine wird Pjotr Poroschenko heißen. Die Russen wissen das, denn das dumme Volk in den Nachfolgestaaten der aufgelösten Sowjetunion wählt immer noch die Oligarchen, weil sie sich erhoffen, dass die sich mit dem freien Markt(TM), der Reichtum und Glück für alle verheißt, am besten auskennen.

Es wird noch ein paar Jahrzehnte dauern, bis eine neue sozialistische Idee überhaupt dort – und auch in Deutschland – als ökonomische Alternative denkbar ist.

Daher geht Russland jetzt schon gegen Poroschenko vor. Sein Süßwarenkonzern erwirtschaftet 40 Prozent des Umsatzen in Russland, daher muss er sich nach neuen Optionen umsehen. Und das wird selbstredend ein EU-Beitritt der Rest-Ukraine sein.

Die üblichen Verdächtigen stehen schon Geld bei Fuß, der Internationale Währungsfond wird eine neue Regierung so unter die Arme greifen, dass „die Märkte“ für das Kapital geöffnet werden. Die Risiken und Nebenwirkungen geistern schon heute durch die Mainstrem-Medien: „Ukraine plant Massenentlassungen und will Renten streichen“. Nein, nicht die milliardenschweren Oligarchen werden enteignet, sondern das Volk. Das kennt man – Kapitalismus at its best. Wen kümmert’s.

Sollte Russland aber mehr als das Donezbecken annektieren wollen, wäre das sicher ein Kriegsgrund, da wichtige Konzerne der Ukraine schon dem westlichen Kapital gehören, UkrTelekom zum Beispiel der österreichischen „Heuschrecke“ EPIC Invest. Beim Eigentum hört der Spaß auf.

Die Lautsprecher des Kapitals haben sich schon einschlägig geäußert – vor und nach dem Sturz Viktor Janukowitschs -, was sie mit der Ukraine planen: „Sollte die künftige Führung in Kiew das von Janukowitsch auf Eis gelegte Assoziierungsabkommen mit der EU unterzeichnen, könnte sich die Ukraine nach Ansicht von Experten als Drehscheibe zwischen Russland und der EU etablieren“. Die FAZ, das gefühlte Zentrakorgan der westlichen Kapitalinteressen, tönte schon ganz deutlich: „Die Ukraine gehört in die Nato“. Der Autor dieses Propaganda-Artikels, Thomas Gutschker, hat sich hinreichend qualifiziert: Er war „Redaktionssoldat bei der Bundeswehr“. Das nennt man „embedded journalism“ im Interesse des Imperialismus.

Ich vermute aber, dass ein 3. Weltkrieg oder ein regionaler militärischer Konflikt nicht wegen der Ukraine ausbrechen würde, sondern – wie gehabt – auf dem Balkan. Serbien orientiert sich traditionell nach Russland, und hat auch sonst keine Verbündeten mehr. Die Berliner Zeitung berichtete schon 1995: „Auf der Rückseite einer Speisekarte hat der kroatische Präsident Franjo Tudjman nach einem Bericht der Londoner „Times“ den Staat Bosnien-Herzegowina zwischen Kroaten und Serben aufgeteilt. Schon im 2. Weltkrieg war der Unabhängige Staat Kroatien ein Vasall Hitler-Deutschlands und „umfasste die heutigen Länder Kroatien und Bosnien-Herzegowina sowie kleinere Teile Serbiens.“

Da geht noch was.